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22.05.10 / Über die Bürger hinweg / Das Etat-Recht der Nationalstaaten droht von Brüssel ausgehöhlt zu werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-10 vom 22. Mai 2010

Über die Bürger hinweg
Das Etat-Recht der Nationalstaaten droht von Brüssel ausgehöhlt zu werden

Wenn die EU-Kommission künftig direkt in die nationalen Haushalte hineinregieren darf, verkommt das demokratisch gewählte Parlament zur Abnickveranstaltung ohne große Einflussmöglichkeiten und Gestaltungsspielräume.

Noch vor sechs Wochen hatte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn von allen Seiten Kritik einstecken müssen. Er hatte vorgeschlagen, dass die nationalen Regierungen ihre Haushalte künftig noch bevor sie sie ihren eigenen Parlamenten unterbreiteten erst Brüssel vorlegen sollten. Doch inzwischen hat die Zeit für den 48-jährigen Finnen und den ihn unterstützenden EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barosso gearbeitet. Was vor einigen Wochen noch wilde Proteststürme auslöste, auch bei der deutschen Bundeskanzlerin, wird inzwischen als notwendiges Übel toleriert.

„Die Vorschläge sind ein Schritt in die richtige Richtung“, kommentierte Merkel die Pläne Mitte Mai. „Das bedeutet auch nicht automatisch, dass das Budgetrecht der nationalen Parlamente in Frage gestellt ist.“ Selbst der rauflustige Vize-Kanzler Guido Westerwelle beließ es bei einer Beteuerung: „Nicht die Europäische Kommission beschließt die Haushalte, sondern der Deutsche Bundestag und die nationalen Parlamente. Das zählt auch zum Kernbestand der Souveränität der Staaten.“

Doch die Beteuerung wurde sofort von Merkel abgeschwächt, indem sie meinte, man dürfe die Brüsseler Pläne nicht gleich so negativ interpretieren, es gehe der EU-Kommission nur um mehr Transparenz.

Hätten die nationalen Regierungen mit Beginn der Euro-Einführung darauf bestanden, dass nur jene, die die Stabilitätskriterien verletzten, kontrolliert würden, dann wäre allein dies schon ein Weg hin zu mehr Haushaltsdisziplin gewesen. Doch nun, wo der Euro in der Krise steckt und zudem auch fast alle Euro-Länder die Stabilitätskriterien verletzt haben, müssen alle Regierungen in der EU sich dieser Kontrolle aus Brüssel unterwerfen. Dies ärgert vor allem den schwedischen Regierungschef Frederik Reinfeldt, der es befremdlich findet, dass sein Land, obwohl es nicht einmal die Gemeinschaftswährung hat, sich auch den EU-Kontrolleuren stellen muss.

Bereits ab 2011 soll die Kontrolle der Haushalte beginnen. Gegenwehr gibt es kaum noch, da schließlich inzwischen fast jeder gesündigt hat und die Euro-Rettung strenge Sparmaßnahmen nötig macht. Zudem ist Brüssel auch eine schöne Ausrede für die Regierungen der Euro- und EU-Länder gegenüber ihren unter dem Sparzwang leidenden Bürgern. Schon bei Unmut über bestimmte Gesetze wurde oft darauf verwiesen, dass man nichts dagegen tun könne, schließlich kämen die Vorgaben hierfür aus Brüssel.

Allerdings gibt es Zweifel, inwieweit die „Stellungnahmen“ aus Brüssel, auf die bei Nichtberück-sichtigung auch Sanktionen wie Einbehaltung der EU-Fördergelder oder gar Stimmentzug folgen können, demokratisch legitimiert sind. Die Bürger der EU wählen nur das EU-Parlament selbst, die für die Kontrolle vorgesehene Kommission hingegen besteht aus von den nationalen Regierungen ernannten Kommissaren. Hierbei spielen Postengeschacher und Länderschlüssel größere Rollen als Fähigkeiten. Auch stellt sich die Frage, wie die Brüsseler Kommissare die nationalen Unterschiede berücksichtigen wollen, ohne in den Geruch zu geraten, das eine Land gegenüber einem anderen zu übervorteilen.

Gerade in Zeiten von aufgezwungenen, massiven Sparanstrengungen dürfte dieses zu Missstimmungen untereinander führen. Man denke hier nur an die Griechen, die sich mehr über die Deutschen ärgern, als sich über das Geld aus Berlin zu freuen.    Rebecca Bellano


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