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22.05.10 / Er entdeckte den TBC-Erreger / Vor 100 Jahren starb der Nobelpreisträger für Medizin Robert Koch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-10 vom 22. Mai 2010

Er entdeckte den TBC-Erreger
Vor 100 Jahren starb der Nobelpreisträger für Medizin Robert Koch

Millionen Menschen verdanken seinen Forschungen das Leben: Robert Koch entdeckte nicht nur den Tuberkuloseerreger, sondern bewies überhaupt die bis dahin umstrittene Theorie, dass Mikroorganismen Krankheiten verursachen können. 1905 erhielt er den Nobelpreis.

Der am 11. Dezember 1843 in Clausthal im Oberharz geborene Sohn eines Bergamtsleiters studierte nach dem Abitur in Göttingen Medizin. Nach Examen und Promotion 1866 arbeitete er in Hamburg am Allgemeinen Krankenhaus und in Langenhagen bei Hannover an der „Erziehungs- und Pflegeanstalt für geistesschwache Kinder“. Anschließend führte er erst in Niemegk bei Potsdam und dann in Rakwitz im zur Provinz Posen gehörenden Kreis Bomst eine Arztpraxis. Am Deutsch-Französischen Krieg nahm er als freiwilliger Arzt teil. 1872 legte er das Physikatsexamen ab. Im selben Jahr wurde er Kreisphysikus (Amtsarzt) des Kreises Bomst mit eigener Praxis in Wollstein.

Derart halbwegs staatlich abgesichert, richtete er in seiner Vier-Zimmer-Wohnung ein Labor ein und begann mit seinen bahnbrechenden bakteriologischen Entdeckungen. Möglicherweise aufgrund des ländlichen Charakters seines Wohn- und Arbeitsortes machte er sich als erstes auf die Suche nach den Erregern der gefürchteten Tierseuche Milzbrand. Koch wurde fündig und veröffentlichte 1876 seine Entdeckung der Sporen des Milzbranderregers. Nun wandte er sich den Wundinfektionskrankheiten und deren Erregern zu.

Kochs Genie blieb nicht unentdeckt, und 1880 wurde er als Regierungsrat und ordentliches Mitglied des Kaiserlichen Gesundheitsamtes nach Berlin berufen, wo er ein eigenes Laboratorium erhielt. Hier gelang Koch sein wohl bedeutendster wissenschaftlicher Erfolg, die Entdeckung des Erregers einer der größten Geißeln der Menschheit, der Tuberkulose (Tbc). 1882 machte er in seinem Vortrag „Aetiologie der Tuberkulose“ vor der Berliner Physiologischen Gesellschaft im Physiologischen Institut der Friedrich-Wilhelms-Universität die Entdeckung des Tuberkelbazillus publik, die ihn schlagartig berühmt machte und ihm schließlich 1905 den Nobelpreis einbrachte. Möglich wurden Koch seine sensationellen Entdeckungen durch die Nutzung neuester Entwicklungen von Forschung und Technik. Modernste Mikroskope nutzte er ebenso wie die Bakterienfärbung mittels Farbstoffen auf Anilinbasis wie Methylenblau. Er bediente sich systematisch des Mittels der Tierversuche und hielt die Ergebnisse seiner Arbeit mittels Mikrophotographie fest.

Nachdem Koch mit Hilfe der beschriebenen Mittel als erstem die Identifizierung eines pathogenen Mikroorganismus und der Nachweis für den sogenannten bakteriologischen Gedanken, sprich die Verursachung von Krankheiten durch Bakterien, gelungen war, nahm Koch sich nun die nächste Seuche vor. 1883/84 leitete er die Deutsche Cholera-Expedition, um vor Ort die in Ägypten und Indien ausgebrochenen Choleraepidemien zu untersuchen. Es gelang ihm nicht nur, den Erreger zu entdecken, sondern auch ihn zu bekämpfen.

Koch erkannte und propagierte die Bedeutung von Hygiene und Desinfektion für die Krankheitsbekämpfung und Vorbeugung. 1885 übernahm er die eigens für ihn geschaffene Professur für Hygiene an der Hauptstadt­universität und die Leitung des neuen Hygiene-Instituts. Mit dem Hygieniker Carl Flügge begründete er die „Zeitschrift für Hygiene“, die beide gemeinsam herausgaben.

Die Bedeutung, die der Tuberkulose, auf die damals immerhin jeder zweite Todesfall in der Altersgruppe der 15- bis 40-Jährigen zurückging, aber auch der Person Kochs in der damaligen Zeit beigemessen wurde, führte 1890 zu einer der größten Enttäuschungen. Der Mediziner wollte sich nicht damit zufrieden geben, die Krankheitsursache entdeckt zu haben, er wollte sie auch bekämpfen helfen. In aller Bescheidenheit berichtete Koch auf dem von 5500 Kollegen besuchten 10. Internationalen Medizinischen Kongress in Berlin über seine noch nicht abgeschlossenen Versuche mit einem Heilmittel gegen die Schwindsucht. Die Erwartungshaltung war derart groß, dass man nun glaubte, die Waffe gegen diese Seuche gefunden zu haben. Tuberkulin, so der spätere Name für das aus Tuberkelbakterien entwickelte Mittel, enttäuschte jedoch diese Erwartungen. Der Misserfolg führte zu einer Pressekampagne gegen Koch. Seine Reaktion war die Bitte, ihn von der Professur für Hygiene und der Leitung des Hygiene-Instituts zu entbinden und ihm ein Labor einzurichten, in welchem er sich nun ganz der Weiterentwicklung des Tuberkulins hingeben wollte.

Koch wurde durch die gewünschten Freistellungen aus der Feuerlinie genommen und erhielt mit dem „Königlich Preußischen Institut für Infektionskrankheiten“ eine eigene Forschungseinrichtung. Sie bestand aus einer Experimentellen Abteilung, dem heutigen Robert-Koch-Institut, und einer Klinischen Abteilung. Hier gingen Theorie und Praxis Hand in Hand. War das Institut zuerst an der Charité angesiedelt, so zog es 1906 in neue Gebäude am Rudolph-Virchow-Krankenhaus.

Seine letzten Jahre nutzte Koch außer zu weiteren Arbeiten an der Tuberkulose und ihrer Bekämpfung in seinem Institut, um wie weiland 1883/84 auf dem Erdball ausgebrochenen Epidemien auf den Grund zu gehen und sie zu bekämpfen. Diese Arbeit führte ihn nach Afrika und Asien, wo er sich mit wechselndem Erfolg der Diagnose und Therapie diverser Infektionskrankheiten wie Pest, Malaria, Schlafkrankheit und Rinderpest zuwandte. Sie führte ihn aber auch in Preußens Nachbarstaaten im Deutschen Reich. So widmete er sich 1902 dem Typhus in Deutschlands Südwesten, nachdem er sich 1892 bereits der Cholera in Hamburg gewidmet hatte. Bei seinem Einsatz in der stolzen Hansestadt sprach er im Angesicht der dortigen untragbaren hygienischen Verhältnisse seine wohl berühmtesten Worte: „Meine Herren, ich vergesse, dass ich in Europa bin.“

Vor 100 Jahren, am 27. Mai 1910, starb der von Angina pectoris geplagte Mediziner während eines Erholungsaufenthaltes in Baden-Baden.         Manuel Ruoff


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