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22.05.10 / Ein Leben, ein Werk, ein Geschenk / Künstlerischer Nachlass von Ute Brinckmann-Schmolling für das Ostpreußische Landesmuseum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-10 vom 22. Mai 2010

Ein Leben, ein Werk, ein Geschenk
Künstlerischer Nachlass von Ute Brinckmann-Schmolling für das Ostpreußische Landesmuseum

Das Ostpreußische Landesmuseum konnte mit der Übergabe des künstlerischen Nachlasses der aus Insterburg stammenden Künstlerin Ute Brinckmann-Schmolling seine Sammlung erweitern.

Die Malerin, Grafikerin und Kunsthandwerkerin Ute Brinckmann-Schmolling, Jahrgang 1924, gehört zu der letzten Generation von ostpreußischen Künstlern, die ihre Ausbildung noch an der Kunstakademie in Königsberg wenigstens haben beginnen können. Sie erhielt dort erste wichtige künstlerische Impulse. Aber auch ihr weiterer Ausbildungsweg nach 1945 hatte noch ostpreußische Verbindungen. Schon zuhause in Insterburg war sie von Anfang an von Kunst umgeben, denn ihr Vater, Paul Schmolling (1892–1965), war Maler und Kunsterzieher am Gymnasium.

Über Vermittlung von Norbert Dolezich (1906–1996), ebenfalls Kunstlehrer und dazu Dozent an der Kunstakademie in Königsberg, und mit Unterstützung ihres Vaters konnte Ute Schmolling noch 1942 ein Studium an der Akademie beginnen. Der Maler Eduard Bischoff (1890–1974) wurde dort ihr erster prägender Lehrer.

Ein Selbstbildnis von 1944 zeigt Ute Schmolling als fertige Malerin. Neben der Richtung der Ausbildung in Königsberg, wobei sich hier Bischoff als der prägende Eindruck erweist, sind Ansätze einer individuellen Formreduzierung erkennbar, Hinweise auf den eigenständigen Weg, den die Künstlerin einschlagen sollte. Doch zunächst kamen die Flucht im Herbst 1944, über Brandenburg/Havel ins Emsland, und ein schwieriger Neuanfang ab 1948 in Elmshorn. Hier arbeitete sie an der Seite ihres Vaters und hatte erste Ausstellungen.

1950 heiratete Ute Schmolling den ihr schon aus Ostpreußen her bekannten Künstlerkollegen Gerhard Matzat (1921–1994), der aus Ragnit stammte, und ging mit ihm nach Frankfurt/M., wo Wilhelm Heise (1892–1965) lehrte, den Matzat schon von der Königsberger Akademie her kannte. Durch den privaten Kontakt zu Heise erhielt sie viele Impulse für ihr graphisches Arbeiten, fühlte sich aber im Rückblick auf diese Jahre auch etwas eingeengt durch die technische Strenge Heises.

Sie ging ihren künstlerischen Weg nun in der Graphik, dazu kamen textile Arbeiten, Weben, Batik, Applikation von Bildteppichen. Eine intensive Zeit mit Ausstellungen, Wettbewerbspreisen und Aufträgen zu Kunst am Bau begann. 1957 trennte sie sich von Gerhard Matzat. Hatte sie seit 1950 intensive Arbeit in den Linolschnitt investiert, so ging sie nun in der Entdeckung weiterer Drucktechniken voran, so Siebdruck, Lithographie und Experimente mit selbst entwickelten Wegen in Monotypien. Thematisch griff sie oft Beobachtungen aus dem eigenen Alltag auf.

1959 erfolgte eine Zäsur im Leben von Ute Schmolling. Sie lernt den Darmstädter Bildhauer Helmut Brinckmann kennen, heiratet ihn und zieht nach Darmstadt, wo sie seither lebt in einem von ihrem Mann entworfenen Künstlerhaus. Auslandsreisen nach Paris, in die Niederlande, nach Italien mit einem längeren Aufenthalt dort folgen. Alles lässt sich in den Arbeiten der Künstlerin sehr anschaulich nachvollziehen. Aufträge für weitere Kunst am Bau erhält sie dann 1961 durch das Land Hessen. 1963 und 1964 kommen die beiden Söhne des Künstlerehepaares zur Welt.

Nach einer kurzen Pause arbeitet Ute Brinckmann-Schmolling weiter in ihrem Werk. Die textilen Arbeiten nehmen immer noch einen großen Raum in der Arbeit ein. Sie entwickelt in den Drucktechniken eigene Verfahren und wagt sich an eine schwierige Aufgabe mit großformatigen Linolschnitten. In den 1970er Jahren entdeckte sie die freie Malerei neu für sich, und zwar auf dem Weg über Collagen, die sie aus der Linolschnittarbeit entwickelt. Ab 1980 entstehen dann große Collagen.

Dieser Weg war teilweise schon durch die Textilarbeiten vorgezeichnet gewesen: Zunächst hatten selbst gewebte Stoffe als Ausgangsmaterialien für Wandbehänge – Wandteppiche – gedient. Hierin setzten sich Erfahrungen fort, die Ute Schmolling schon in ihrer Jugend in Insterburg machte. Die Weberin und Textilkünstlerin Marie Thierfeldt (1893–1984) hatte eine große Weberei in Insterburg. Ute Schmolling verbrachte viel Zeit in der Weberei und am Webstuhl, da ihre Mutter mit der auch am Bauhaus ausgebildeten Webkünstlerin befreundet war.

Andere Wandbehänge schuf Ute Brinckmann-Schmolling in den 1960er Jahren als Applikationen. Bäume, Blumen, Fische und Vögel sind beliebte Motive, jedoch in einer eleganten Wese abstrahiert, wie es der Zeit um 1960 entsprach. Nicht zuletzt gehört aber auch die Batik zu den Techniken, die für Wandbehangsgestaltung eingesetzt wurden. Der Künstlerin kam hier bei sowohl ihr technisches Geschick wie auch die Beherrschung großzügiger abstrakter Formgebung zugute. Auch aus dieser Schaffensperiode sind nun sechs große Werke als Schenkung der Künstlerin ins Ostpreußische Landesmuseum gekommen.

Seit 1974 ist Ute Brinckmann-Schmolling Mitglied der bekannten „Neuen Darmstädter Sezession“. Durch Ausstellungen gelangt ihr Ruf allmählich auch ins Ausland. Private und öffentliche Ankäufe werden getätigt. Ein schmerzlicher Einschnitt wird für sie der Tod ihres Mannes 1994. Doch als wenn dieser Schicksalsschlag einen neuen künstlerischen Impuls vorbereitet hätte, beginnt sie 1995 mit Acrylmalerei auf Papier in großen Formaten und Collagen. Damit beginnt ein neuer großer Abschnitt in ihrem  Kunstschaffen. Er erreicht seinen Höhepunkt um 2005 in einer großen Serie von zweigeteilten großen abstrakten Kompositionen unter einem von ihr gewählten Obertitel „Neue Wege“, auch dokumentiert in einem gleichnamigen Katalog.

Aus gesundheitlichen Gründen musste Ute Brinckmann-Schmolling 2008 das Malen in großen Formaten weitgehend einstellen. Sie lässt sich aber von den notwendigen Anpassungen an die Gegebenheiten nicht abhalten, in neuer Weise in kleinem Format weiter zu arbeiten. Man darf gespannt sein, was sie uns, dem Publikum, noch weiterhin zu sagen haben wird.

Das reiche, vielgestaltige künstlerische Lebenswerk von Ute Brinckmann-Schmolling entstand in Ostpreußen, Schleswig-Holstein, Hessen unter nicht immer günstigen Bedingungen, aber Dank ihrer Energie und ihres stetigen Wesens in stets lebendigem Fluss. Ihr Schaffen wurde, was sie selbst einmal von einem gelungenen Kunstwerk sagte, „ein unverwechselbares Ganzes“.

Wie schon 1998 hat die vielseitige Künstlerin im vergangenen Jahr dem Ostpreußischen Landesmuseum erneut einen Teil ihrer Arbeiten geschenkt, die als geschlossene Sammlung mit gut 100 Werken nun von dem gesamten Verlauf ihres künstlerischen Schaffens Zeugnis ablegen können. Jörn Barfod


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