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22.05.10 / Die Wandlung des Simon zum Petrus / Die Bedeutung des Pfingstfestes lässt sich nicht nur an biblischen Personen festmachen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-10 vom 22. Mai 2010

Die Wandlung des Simon zum Petrus
Die Bedeutung des Pfingstfestes lässt sich nicht nur an biblischen Personen festmachen

Über kaum ein Fest gibt es so viel Unwissenheit, Ratlosigkeit oder Schulterzucken wie über Pfingsten – auch unter Kirchenmitgliedern und Christen. Was an Pfingsten eigentlich gefeiert wird, ist offenbar schwierig zu verstehen.

Pfingsten ist immerhin das dritthöchste Fest der Christenheit. Ein gewisser Umschwung zeichnet sich jedoch seit etwa 100 Jahren ab. In vielen Teilen der Welt, nicht unbedingt in Deutschland, entdecken Menschen die göttliche Person des Heiligen Geistes neu, dessen „Ausgießung“ zu Pfingsten gefeiert wird.

Schon an dieser Stelle wird mancher stutzig. Wie kann eine „Person“ ausgegossen werden? Nach dem christlichen Bekenntnis ist der Heilige Geist in der Tat eine Person, zu der man genauso reden und beten kann wie zu Gott, dem Vater oder zu Jesus Christus. Nach der Lehre von der Dreieinigkeit Gottes, hat Gott nur ein Wesen, ist aber in drei Personen gleichsam ansprechbar. Martin Luther hat von der „Dreifaltigkeit Gottes“ gesprochen. So wie ein Blatt Papier durch zwei Falzungen in drei verschiedene Blätter gefaltet wird und doch eins bleibt, so ist Gott in drei Personen gegenwärtig und doch eins. In den bekannten Pfingstliedern wird daher der Heilige Geist direkt angesprochen: „Oh komm, du Geist der Wahrheit …; kehre bei uns ein, Du Schöpfergeist, Du Geist der Liebe, du Geist der Kraft...“

Eine Christenheit, die diesen Geist nicht kennt oder vergessen hat, wäre logischerweise unkreativ, kraftlos, lieblos und auch ohne Orientierung. Am besten lässt sich das, was der Heilige Geist bewirkt, an einer biblischen Person studieren: an Simon mit dem Beinamen Petrus. Diesen Beinamen, der übersetzt „Fels“ heißt, bekam Simon von Jesus verliehen, lange bevor er der „Fels“, der erste Papst und Leiter der Christenheit wurde.

Als Jesus ihn zusammen mit seinem Bruder Andreas am See von Genezareth in den engsten Kreis seiner Schüler berief, wollte er ihn zum „Menschenfischer“ ausbilden (Mt 4,18-19). Doch die Bemühungen des Gottessohnes muten ziemlich erfolglos an, was dieses Lernziel angeht. Simon war zwar ein gestandener Mann, von vielem schnell zu begeistern, aber eigentlich das genaue Gegenteil eines Felsens. Als er einmal erlebte, wie Jesus während eines furchtbaren Sturmes auf dem See wandelte, wollte er das auch tun. Das gelang ihm zunächst auch, bis er zu zweifeln begann und unterging. Ebenso stürmisch bekannte Simon als Erster, dass Jesus der Sohn Gottes ist und konnte doch andere Menschen nicht davon überzeugen. Mal erkannte Simon etwas Richtiges und ein paar Minuten später tappte er wieder daneben. Seine dunkelste Stunde kam, als er am Karfreitag Jesus drei Mal verleugnete. Einen Tag zuvor hatte er noch großspurig verkündet, dass er zu Jesus halten würde, auch wenn es ihn sein Leben kosten würde.

Nach Pfingsten ändert sich dieser wankelmütige und wenig überzeugende Wesenszug des Simon grundlegend. Er wurde tatsächlich zum Petrus, zum Fels der Urkirche und zum Menschenfischer.

Nachdem die Jünger am Pfingstfest mit dem Heiligen Geist erfüllt wurden, legt Simon als Erster seine Furchtsamkeit ab. Er, der noch nie vor einer Menschenmenge gesprochen hatte, hielt eine erste und begeisternde Predigt vor vielen Tausend jüdischen Pilgern in Jerusalem (Apg 2,14-42).

Wer diese Predigt im Original liest, kommt auch heute aus dem Staunen nicht heraus. Wie hat sich dieser Simon plötzlich gewandelt!

Die Apostel sind so erregt und glücklich, dass sie als betrunken gelten. Daher beginnt Petrus mit den Worten: „Wir sind nicht betrunken.“ Und dann zeigt Petrus einen Mut, den er früher nicht hatte und der deswegen nur geistgewirkt sein konnte.

Er sagt: „Ihr habt Jesus, den Sohn Gottes, ermordet, als ihr ihn kreuzigen ließet … aber Gott bietet euch heute die Vergebung der Sünden an …, kehrt um, glaubt an Jesus, den Christus, und lasst euch taufen!“ Soweit die Kurzform der ersten Predigt des Simon Petrus. Und das Ergebnis war gewaltig: Statt Petrus zu steinigen, ließen sich nach dieser Predigt 3000 Menschen an diesem Pfingsttag taufen, die Kirche war geboren.

Der Unterschied zu vielen Predigten heute ist natürlich ebenso evident. Wie kraftlos, theoretisch, eitel oder selbstbezogen wirken heute viele Predigten und Prediger. Deswegen locken sie auch so wenige Menschen in die Kirchen.

Das ist in den Teilen der Welt, in denen die Christenheit wächst, in Asien, Afrika oder Südamerika völlig anders. Dort sind Prediger anzutreffen, die ganz ähnlich wie Petrus sind. Sie lassen sich nicht einschüchtern, geben ihre Berufe auf, predigen in den Slums, und die Menschen werden zu Hunderten oder Tausenden zu Christen. Diese Christen finden sich übrigens in allen Konfessionen; sie nennen sich „charismatisch“ oder gehören zu „Pfingstkirchen“. Sie alle treibt ein unbändiger Wille, missionarisch zu wirken. Wenn sie beten, bebt zwar meistens nicht die Erde wie bei den ersten Aposteln, aber viele Kranke werden getröstet oder auch geheilt – und immer wieder fällt der Heilige Geist herab und schenkt neue Kraft. So gibt es beispielsweise in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul eine Pfingstgemeinde, die vor 50 Jahren nur fünf Mitglieder hatte. Heute aber ist die Gemeinde von Pastor Paul Yongi Cho auf über 500000 Mitglieder angewachsen. Sie schickt heute Missionare in alle Welt – übrigens auch nach Deutschland.             Hinrich E. Bues


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