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29.05.10 / »Zahlknechte der Bankrotteure« / Die Euro-Krise bewegt die Welt und überall wird sie in den Medien kommentiert − Die PAZ dokumentiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-10 vom 29. Mai 2010

»Zahlknechte der Bankrotteure«
Die Euro-Krise bewegt die Welt und überall wird sie in den Medien kommentiert − Die PAZ dokumentiert

Die ausländische Presse verfolgt die Eurokrise mit ebenso großem Interesse wie deutsche Medien. Dabei nimmt der Blick auf die größte Euro-Macht Deutschland eine zentrale Stellung ein. Die Bewertungen schwanken zwischen Zustimmung und Ablehung, zwischen regelrechtem Mitleid und der bangen Frage nach den Grenzen der Geduld der Deutschen. Wir dokumentiern einige Aussagen der vergangenen Wochen:

Die Züricher „Weltwoche“ vom 3. Mai fragt sich, wie lange sich die Deutschen noch gefallen lassen, was ihnen derzeit zugemutet wird:

„Man kann die Langmut der Deutschen bestaunen – aber gottgegeben ist sie nicht. Wie lange noch werden sie als Zahlknechte für die osteuropäischen Staaten und die Bankrotteure am Mittelmeer zur Verfügung stehen? Was ist, wenn sich der Unmut über Europa politisch zu formieren beginnt? Warum soll nicht auch Deutschland seine SVP [Schweizerische Volkspartei] bekommen? Dann geht der Tanz erst richtig los: Wenn sich zur Linkspartei eine Rechtspartei mit Anti-EU-Drall gesellt.“

 

„L’Union“ (Reims) vom 4. Mai hingegen rügt die deutsche Haltung aufs Schärfste:

„Deutschland hat sich Südeuropa gegenüber verächtlich gezeigt, und sein egoistischer Pragmatismus rückt es in die Nähe der Krämerseele von Margaret Thatcher, deren berühmten Satz ,Ich will mein Geld zurück!‘ es sich im Übrigen zu eigen machen könnte.“

 

Ganz anders die Straßburger „Dernière Nouvelles d’Alsace“ vom 2. Mai. Das Blatt macht sich lustig über die französische Kritik an Deutschland:

„Französische und deutsche Gewerkschaften haben in diesem Jahr nicht einmal symbolisch eine gemeinsame Solidarität dokumentiert. Das liegt daran, dass die Franzosen mit Erschütterung feststellen, dass Deutschland mit einem niedrigen Lohnniveau wettbewerbsfähiger als Frankreich geworden ist. [Frankreichs Finanzministerin] Christine Lagarde hat es vor wenigen Wochen riskiert, das deutsche Modell zu kritisieren, das auf Export und Lohnzurückhaltung basiert. Der mittelmäßige Schüler hat den Klassenprimus angegriffen.“

 

„El Periódico de Catalunya“ (Barcelona), 4. Mai ermutigt Berlin in seinem Ringen:

„Die Deutschen haben in den Verhandlungen über die Griechenlandhilfe eine harte Position an den Tag gelegt. Das war auch angemessen, denn nur so kann Deutschland die Hilfe für Athen rechtfertigen. Der Euro wird nur fortbestehen, wenn strengere Regeln eingeführt werden.“

 

Die Kopenhagener „Information“ hebt auf den 65. Jahrestag der Befreiung Dänemarks 1945 ab und zeigt Verständnis für Berlin:

„Kritisiert wird auch, dass Deutschland jetzt mehr als früher eigene Interessen verfolge und nicht mehr so stark die Rolle als schuldbewusster Zahlmeister für Europa spiele. (Doch) das ist eine völlig natürliche Entwicklung.“

 

Die Budapester „Magyar Nemzet“ fordert am 20. Mai einen harten Kurs zur Rettung des Euro, der Ungarn auf lange Sicht den Zugang verbauen könnte:

„Es scheinen nun jene Ökonomen Recht zu behalten, die meinen, dass sich die Einführung des Euro dort früher oder später rächen wird, wo Einkommen und Wohlstand der Bürger weit hinter dem westlichen Durchschnitt zurückbleiben. Nicht nur die ,armen Verwandten‘ leiden dann unter der frühzeitigen Übernahme der Gemeinschaftswährung, sondern auch der Wert des Unionsgeldes selbst. Der Preis könnte bald zu hoch werden. Europa steht vor der Wahl. Entweder macht es den Euro dermaßen steinhart, mit Bedingungen, die auch nicht mehr jedes Land erfüllen kann, so dass sich das eine oder andere von ihnen aus der Euro-Zone wird verabschieden müssen. Oder es wurstelt weiter wie bisher und wartet, bis es an der Gemeinschaftswährung zugrunde geht.“

 

Die Warschauer „Rzeczpospolita“ hegte am 11. Mai Zweifel, ob Polens EU-Beitritt wirklich eine so gute Idee war:

„Ladies and Gentlemen, bitte legen Sie die Sicherheitsgurte an! Das Fahrzeug der Marke EU, in das Polen 2004 eingestiegen ist, gerät seit einiger Zeit bei Kurven ins Schleudern. Und noch schlimmer: Wir wissen nicht, wohin der Wagen fährt.“

 

Selbst in Saudi-Arabien sorgt man sich um den Euro. Die „Arab News“ aus Dschidda schrieb am 11. Mai:

„Es sieht so aus, als könnte das Paket Griechenland, Spanien und Portugal über die nächsten drei Jahre hinweghelfen. Allerdings wird sich das Zeitfenster dramatisch verkleinern, wenn andere schwächelnde Euro-Länder ebenfalls Garantien benötigen – zum Beispiel Italien und Belgien. Das eigentliche Problem liegt darin, dass die Euro-Zone ihre Währung mit ... ungeeigneten Kontroll-Mechanismen zu schützen versucht.“

 

Die „Neue Zürcher Zeitung“ (15. Mai) hegt generell Zweifel an der Handlungsfähigkeit der mächtigsten EU-Regierungen:

„In kaum einem EU-Mitgliedsland – allen voran nicht in Großbritannien, Deutschland, Italien oder Frankreich – ist derzeit eine Regierung im Amt, die über solide parlamentarische Mehrheiten verfügt, geschweige denn, dass sie sich mit einschneidenden Reformprogrammen auf eine Zustimmung in der Bevölkerung verlassen könnte.“

 

Der Wiener „Kurier“ (15. Mai) arbeitet heraus, was die Krise über den Grad der europäischen Integration zutage fördert:

„Die schwerste Krise seit Bestehen der EU und des Euro hat offengelegt, wie weit die EU-Integration mittlerweile fortgeschritten ist. Verglichen werden nicht nur Budgetdefizite, Arbeitslosenraten und Wachstumszahlen, sondern auch Sozialleistungen, Sparmaßnahmen und Standards. Das ist europäische Innenpolitik und mit der Debatte, inklusive böser Vorurteile und persönlicher Verletzungen, entsteht so etwas wie eine europäische Öffentlichkeit.“

 

Die uruguayische Zeitung „El País“ (12. Mai) springt der deutschen Kanzlerin zu Seite:

„Sie hat globale Regeln zur Kontrolle der Finanzmärkte gefordert. Diese haben schon früher Katastrophen ausgelöst, wie beispielsweise im Jahre 2001 in Argentinien. Nun aber hat der Sturm Europa getroffen – werden die beschlossenen Maßnahmen ausreichen, einen Schiffbruch abzuwenden?“

 

Unter der Überschrift „Was Deutschland auch tut, der Euro, wie wir ihnen kennen, ist tot“ beschreibt der Londoner „Daily Telegraph“ (20. Mai) eine deutsche Kanzlerin, die einen aussichtslosen Kampf führt:

„In einer Hinsicht hat Frau Merkel Recht: ,Der Euro ist in Gefahr ... wenn der Euro scheitert, dann scheitert Europa.‘ Was sie bislang nicht öffentlich zugegeben hat, ist, dass sich die Hauptursache für die Gefährdung der Einheitswährung außerhalb ihrer Kontrolle befindet und dass daher ihre heftige Antwort auf die Vertrauenskrise dazu verdammt ist zu scheitern.“


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