29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.05.10 / Deutschland wird auch weiter zahlen / Führende Köpfe in der EU arbeiten daran, Deutschlands Zahlungsbereitschaft zu optimieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-10 vom 29. Mai 2010

Deutschland wird auch weiter zahlen
Führende Köpfe in der EU arbeiten daran, Deutschlands Zahlungsbereitschaft zu optimieren

Noch will Berlin die Einführung einer Euro-Anleihe auf gar keinen Fall akzeptieren. Allerdings wollte es auch schon das Griechenlandhilfspaket und den Euro-Rettungsschirm nicht.

„Wir helfen unter der Bedingung, dass wir über jeden Einsatz der Mittel selbst entscheiden, soweit es um bilaterale Mittel der Staaten geht“, warb Bundeskanzlerin Angela Merkel am 19. Mai im Bundestag für die Zustimmung zum 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm. Ausführlich vermittelte sie dem Parlament, dass der Rettungsschirm das kleinere Übel gewesen sei, von all dem, was in Brüssel diskutiert worden war. Zwar hatte die Kanzlerin gerade zwei Wochen zuvor den Abgeordneten bereits ihre Zustimmung zur Griechenlandhilfe unter dem Eindruck abgerungen, dass es das dann auch erst einmal gewesen sei, doch die aktuellen maximal 148 Milliarden Euro von deutscher Seite sollten es dann wirklich gewesen sein, weil sie alle anderen Alternativen damit abgewehrt habe.

„Es wurden Vorschläge diskutiert, die ich als deutsche Bundeskanzlerin und die Bundesregierung insgesamt nicht bereit waren mitzutragen“, so Merkel. „Konkret drohte der Weg zu einer Transferunion, in der eine unmittelbare und verbindliche Haftung aller für selbstverantwortete Entscheidungen einzelner Mitgliedstaaten eingeführt worden wäre. Das galt es zu verhindern.“ Nun setze sie alle Hoffnungen auf die Gruppe der Finanzminister unter Vorsitz von Präsident Herman van Rompuy, die neue Euro-Stabilitätskriterien erarbeite. „Bundesminister Schäuble wird bereits am Freitag, bei der ersten Sitzung der Gruppe umfangreiche deutsche Vorschläge unterbreiten“, betonte Merkel die gestaltende Funktion der Deutschen bei der Lösung der Euro-Krise.

Doch das Ergebnis der sogenannten „Van Rompuy Task Force“   hat Merkels Hoffnung keineswegs erfüllt, sondern sogar den Grundstein dafür gelegt, dass die Kanzlerin wohl schon bald erneut im Bundestag für deutsche Zahlungen werben muss. Euro-Anleihe heißt das Konstrukt, mit dem der blasse Belgier den Deutschen weitere Zugeständnisse abringen will. Denn obwohl er genau weiß, dass vor allem Berlin die Zeche auch dieses Euro-Rettungsprojektes zahlen müsste, hatte er keine Hemmungen, die gemeinsame Staatsanleihe auch nur unter Einhaltung einer Schamfrist nach der Abstimmung im deutschen Parlament erneut ins Gespräch zu bringen. Die gemeinsame Anleihe würde es allen Euro-Ländern ermöglichen, zu einem einheitlichen Zinssatz neue Gelder aufzunehmen. Dieser einheitliche Zinssatz würde deutlich unter dem liegen, den derzeit die Südländer zahlen müssen, aber eben deutlich über dem, was Deutschland derzeit zahlen muss. Ein Prozentpunkt mehr Zinsen würden die jährliche Zinslast mit jeder deutschen Umschuldung oder weiteren Neuverschuldung schnell um Milliarden erhöhen. Die nahe Vergangenheit hat selbst van Rompuy gezeigt, dass aus einem deutschen Nein schnell ein Vielleicht und bald ein Ja wird, denn die Zeit arbeitet für Vorschläge wie dem seinen. Schließlich wurde am vergangenen Wochenende bekannt, dass die spanische Sparkasse Caja Sur verstaatlicht wurde. Das mehrheitlich der katholischen Kirche gehörende südspanische Kreditinstitut war aufgrund notleidender Immobilienkredite in Zahlungsschwierigkeiten gekommen. Das verunsicherte wiederum Investoren weltweit, da sie nicht wissen, ob es in Spanien noch weitere solche Problemfälle gibt. Zeitgleich mit dieser Beinahe-Pleite wies auch noch der Internationale Währungsfonds (IWF) in einem Bericht darauf hin, dass Spanien harte Reformen durchsetzen müsse, da der Arbeitsmarkt und das Staatsdefizit in der jetzigen Form das Land in den Ruin treiben würden. Und so standen gleich mit Öffnung der Börsen spanische Finanzwerte ganz oben auf der Verkaufsliste. Prompt schwächelte auch der Euro.

Bei der so militant betitelten „Van Rompuy Task Force“ traf der Vorstoß von Wolfgang Schäuble, ein geordnetes Insolvenzverfahren eines Euro-Landes zu vereinbaren, auf große Ablehnung. Auch sein Ansinnen, die zu vereinbarenden Sanktionen für Defizitsünder auch in die bestehenden EU-Verträge aufzunehmen, wurde abgewehrt. Deutschland stehe damit allein, so van Rompuy. „Wir versuchen uns auf das zu konzentrieren, was kurzfristig erreicht werden kann“ ... wie eben die Euro-Anleihe. „Was wir brauchen, sind im Gegenteil klare Signale für solide Staatsfinanzen, um das Vertrauen in den Euro langfristig zu sichern und zukünftigen Krisen vorzubeugen“, warnte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) aus der Ferne, ohne gehört zu werden.

Und während der EU-Ratspräsident Schäuble und Brüderle abblitzen ließ, kritisierte EU-Komissionspräsident José Manuel Barroso in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gleich alle deutschen Politiker samt der Kanzlerin. Deutschen Änderungswünschen am EU-Vertrag erteilte er eine Absage. „Wir haben gerade eine Vertragsreform hinter uns, die uns teilweise traumatische Erfahrungen beschert hat. Es wäre auch naiv zu glauben, dass man eine Vertragsreform nur in den Bereichen machen kann, die für die Deutschen wichtig sind.“ Auch kritisierte er, dass deutsche Politiker der Öffentlichkeit nicht vermitteln würden, dass „fast 86 Prozent von diesen 134 Milliarden [des deutschen Handelsüberschusses], nämlich 115 Milliarden, aus dem Handel in der EU stammen?“ Zwar erwähnte Barroso nicht, dass die anderen EU-Staaten Deutschland das Geld ja nicht geschenkt haben, sondern Waren und Dienstleistungen dafür erhielten, doch das wurde bisher von keinem deutschen Politiker kritisiert. Stattdessen warf sich die deutsche Opposition auf seine Seite und kritisierte ebenfalls die deutsche Regierung, die als Sanktion für Defizitsünder einen Stimmrechtsentzug in der EU vorgeschlagen hatte. Dies sei „unerschüttertes, neoliberales Denken der schwarz-gelben Bundesregierung“, klagte Carsten Sieling von der SPD. „Wir brauchen jetzt keine nationalen Alleingänge, sondern ein klares Bekenntnis zu Europa und Vorschläge für eine europäisch koordinierte Wirtschaftspolitik.“ Überzeugungen wie diese dürften es der Kanzlerin theoretisch einfach machen, bei ihrer nächsten Überzeugungsrede zur „Euro-Rettung III.“ im Bundestag zumindest bei der Opposition Zustimmung zu erhalten.             Rebecca Bellano


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren