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29.05.10 / Sparen an der Familie?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-10 vom 29. Mai 2010

Sparen an der Familie?
von Hinrich E. Bues

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch kam als erster aus der Deckung und benannte nach der für die CDU verlorenen NRW-Wahl konkrete Sparziele: Bildung und Familie. Doch Kürzungen bei Bildung und Familien klingen ähnlich unzumutbar für viele deutsche Ohren wie Einschnitte bei der Rente oder dem Militär. Doch hier gilt es zu fragen, was genau gemeint ist. Schon seit Jahren weisen etwa Familienverbände darauf hin, dass das teure Krippenprogramm der früheren Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht finanzierbar und von einer Mehrheit der Betroffenen nicht gewünscht sei. Die kommunalen oder freien Träger, die die immensen Folgekosten des Krippenprogramms tragen sollte, merken erst jetzt, welche Last ihnen aufgebürdet werden soll. Ihre klamme Finanzlage verstärkt sich nun noch durch die Folgen der Finanzkrise 2008 und der Eurokrise 2010. Ein Krippenplatz kostet rund 1000 Euro pro Monat, wovon die Eltern nur einen kleinen Teil tragen.

Ob der hessische Ministerpräsident mit seinem Vorstoß sich angesichts eines kränkelnden Finanzministers Wolfgang Schäuble nur als neuer Sparkommissar der Republik empfehlen wollte, oder ernstere, inhaltliche Ziele hat; Politik ist nun einmal die Kunst des Möglichen, wie ein Bonmot lautet. Und dazu gehören realistische Sparvorschläge, die dem Bürger sachlich auch vermittelt werden wollen. Staatliche Ausgabenprogramme gehören insgesamt auf den Prüfstand. Das laute Geschrei von Lobby- und Interessengruppen ersetzt keine realistischen Vorschläge. Und Ausnahmen darf es im Vorwege auch nicht geben.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Finanzminister bisher kaum mit Initiativen und Vorschlägen hervorgetreten ist. Im besten Fall wäre zu hoffen, dass Schäuble derzeit hinter verschlossenen Türen über eine Sparliste verhandelt, die dann als gemeinsames Papier der Koalitionäre an die Öffentlichkeit kommt.

Doch zurück zur Familie. Lässt sich an den Ausgaben für die Familienpolitik sinnvoll sparen? Die Vorschläge, die etwa das „Familiennetzwerk“ seit längerem macht, klingen in diesem Zusammenhang durchaus vernünftig. Statt einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für unter Dreijährige zu garantieren, wäre es allemal billiger und auch besser, auf die altbewährten Methoden zurückzugreifen. Der Hamburger Professor für Kinderpsychiatrie Michael Schulte-Markwort nennt hier einen klaren Weg. Nach Ausweis aller wissenschaftlichen Studien, so der Fachmann, gäbe es für Kinder unter drei Jahren nichts Besseres als das Aufwachsen in einer intakten Familie (möglichst mit mehreren Geschwistern). Hier hat die gescholtene schwarz-gelbe Koalition immerhin Schritte in die richtige Richtung gemacht, indem sie Kindergeld und Kinderfreibeträge erhöht hat.

Ungefähr zehn Prozent der Kinder gelten, so Schulte-Markwort, heute als behandlungsbedürftig. Sie neigen zu Gewalt, Verhaltensauffälligkeiten, Schulverweigerung und vielem mehr. Für diese Kinder aus oftmals nicht intakten Familien braucht man kein teures Krippenprogramm, sondern gezielte therapeutische Programme. Ob diese vom Staat bezahlt werden können, steht auf einem anderen Blatt.


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