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05.06.10 / Obama schlägt Pflöcke ein / Oberster Gerichtshof: US-Präsident verbreitert Mehrheit für seine Demokraten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-10 vom 05. Juni 2010

Obama schlägt Pflöcke ein
Oberster Gerichtshof: US-Präsident verbreitert Mehrheit für seine Demokraten

Mit Spannung wurde in den USA erwartet, wen Präsident Barack Obama für den freiwerdenden Sitz im Obersten Gerichtshof nominieren würde. Der „Supreme Court“ war lange von einer eher rechtskonservativen, männlichen Mehrheit unter den neun Richtern dominiert. Hieran änderte auch die Berufung von Sonia Sotomayor 2009 nichts.

Derartige Ernennungen sind immer ein gewagtes Spiel, da der Präsident nie genau weiß, welche politische Gesinnung er sich an diesen entscheidenden Platz holt. Dies wird an einer aktuellen Entscheidung deutlich: So dürfen Minderjährige nicht länger zu lebenslanger Haft ohne Aussicht auf Bewährung verurteilt werden, solange sie keinen Mord begangen haben. Dies hatte das Ausland von den USA seit langem gefordert. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren die fünf demokratisch gesinnten Richter unter Führung von Richter Anthony M. Kennedy (mit ihm Ruth Bader-Ginsburg, Stephen G. Breyer, John Paul Stevens und die neue Sonia Sotomayor) gegen die vier hart dagegen plädierenden Rechten: dem obersten Richter John G. Roberts jr., Clarence Thomas, Antonin Scalia und Samuel A. Alito jr.

Im April hatte der maßgebliche Richter des linken Flügels im Obersten Gerichtshof, John Paul Stevens, aus Altersgründen seinen Rücktritt angekündigt. Er hatte dies lange geplant, aber gewartet, bis George W. Bush das Weiße Haus geräumt hatte, um Obama die Chance zu geben, einen Nachfolger seiner Wahl zu küren. Es wurde eine Nachfolgerin. Am 10. Mai nominierte der Präsident seine oberste Vertraute im juristischen Beraterstamm des Weißen Hauses und derzeitige General-Bundesanwältin Elena Kagan. Sie wird, wenn vom Senat bestätigt, die dritte Frau (noch nie dagewesen in der Geschichte des Gerichtes) und mit 50 Jahren die jüngste Inhaberin des unkündbaren lebenslangen Prestige-Jobs. Mit der New Yorker Jüdin hat der Supreme Court jetzt fünf katholische und vier jüdische Richter, aber zum Bedauern der traditionsbewussten angelsächsischen Yankees keinen Protestanten. Auch haben alle neun Richter in Harvard oder Yale studiert, worin viele schon wieder eine Elite sehen.

Frau Kagan hat keine richterliche Erfahrung, aber eine erstaunliche juristische Karriere: Sie war enge Beraterin von Präsident Clinton im Weißen Haus, arbeitete für Vizepräsident Joe Biden zu dessen Senatoren-Zeit. 2003 amtierte sie als der erste weibliche Dekan der prominenten Harvard Law School, an der auch beide Obamas ihre juristische Ausbildung erhielten, bis sie im vorigen Jahre Generalbundesanwältin und engste Beraterin von Obama wurde. Privat führt sie das Leben einer unabhängigen, unverheirateten Intellektuellen. Was von Gegnern übers Internet zu Gerüchten genutzt wurde, sie sei lesbisch.

Elena Kagan ist eine diplomatische Wahl. Kein „liberaler Feuer-brand“, sondern eine Juristin, die keine Konfrontation anstrebt, sondern schwierige Entscheidungen und Probleme mit klugen Kompromissen zu lösen sucht. Ähnlich wie Obama selbst. Dieser bewundert ihre hohe Intelligenz und juristische Kenntnis und erwartet, wie er bei der offiziellen Vorstellung erklärte, „dass sie mit ihren Urteilen meine eigene Sicht für das Wohl und die Zukunft des Landes vertreten wird“.

Doch nun muss sie erst einmal vom Senat bestätigt werden, was mit den entsprechenden Anhörungen am 28. Juni beginnen soll. 160000 Seiten an Unterlagen hat das Senats-Kommittee dafür allein von der Clinton-Bücherei angefordert. Zu Kagans eigenen Angaben gehört, dass sie schuldenfrei ist und über keinerlei dubios erlangte Vermögen verfügt. Es wird erwartet, dass sie bestätigt wird, doch der ganze Prozess ist so enervierend, dass ein Insider seufzte: „Wer sich um diesen Job bewirbt, ist selber schuld.“ Liselotte Millauer


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