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12.06.10 / EU gegen Fitch und Co. / Brüssel nimmt Rating-Agenturen aufs Korn: Mehr Kontrolle

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-10 vom 12. Juni 2010

EU gegen Fitch und Co.
Brüssel nimmt Rating-Agenturen aufs Korn: Mehr Kontrolle

Die EU will eilends die Kontrolle über Rating-Agenturen verschärfen, also über private Bewertungsgesellschaften, die Firmen, Kommunen und Staaten mit Noten zu deren Kreditwürdigkeit versehen. Langzeit-Investoren, aber auch Spekulanten bauen auf die Wertungsnoten, weil die heutigen Finanzprodukte so komplex sind – dieser Zusammenhang sei der Krisenauslöser, so die Auffassung in Brüssel.

Die EU will daher, aktuellen Vorschlägen ihrer Kommission zufolge, die Agenturen der Finanzaufsicht unterwerfen. Die noch zu schaffende EU-Börsenaufsicht ESMA soll sie überwachen – ein Vorschlag des seit Februar amtierenden französischen Binnenmarktkommissars Michel Barnier.

Unabhängig davon wollen führende EU-Politiker, allen voran die Franzosen, eine europäische Rating-Agentur schaffen, um die Abhängigkeit von den anglo-amerikanischen Marktführern zu brechen. Die Frage, inwieweit der Markt eine solch künstliche Schöpfung annimmt, stellt sich der EU dabei bisher nicht. Einer neuen, bisher schmerzlich vermissten Agentur mit Europa-Sitz droht daher schon in der Planungsphase das Aus. Dabei gäbe es Argumente: In der griechischen Finanzkrise haben die Ratings von Standard & Poors, Moody’s sowie Fitch den Hellenen-Staat zu lange positiv bewertet, um dann urplötzlich umzuschwenken, so der Tenor in EU-Kreisen. Strafen bis zu 20 Prozent des Umsatzes einer Agentur sollen dem künftig dank ESMA abhelfen. Kritiker werfen den EU-Planern vor, dass sie selbst mit ihren Einschätzungen und ihrem Vertrauen auf Athen eben jene Fehleinschätzungen der Agenturen anführten. 

Großbritannien, das von Euro-Problemen unbetroffen in seiner eigenen Währung verschuldet ist, und die USA schneiden bei den von ihnen womöglich beeinflussten Agenturen besser ab – strukturell ähnlichen Schuldenproblemen wie Griechenland zum Trotz. Es geht also um politische Einflussnahme: erstens der US-Wirtschaft auf Europa und zweitens der EU auf die Agenturen und Finanzmärkte.

Dieser zweite Vorstoß zielt auf die nationale Wirtschafts- und Finanzpolitik der EU-Mitglieder. Die EU will die Kontrolle. Das kritisiert Bundesbankchef Axel Weber: Eine „gesamtwirtschaftliche Feinsteuerung durch die europäische Ebene“ sei nicht die Lösung – die EU solle lieber prüfen, „ob beispielsweise die wenig differenzierte Aufforderung zur Ausweitung der Defizite und Schulden in einigen Ländern zur Verschärfung beigetragen hat.“

Davon unbeindruckt will die EU-Kommission beim Gipfel der 20 führenden Industrieländer (G20) Ende Juni ein umfangreiches Reformwerk verkünden. Bis Jahresende kommen zudem bereits beschlossene Regeln: Agenturen müssen sich registrieren, ihre Methoden offenlegen und dürfen nicht mehr zugleich beraten und prüfen. Der nächste Schritt, eine europäische Wirtschaftsregierung, ist bereits in Planung – federführend: der frühere belgische Ministerpräsident und derzeitige EU-Ratspräsident Herman van Rompuy.       SV


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