© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-10 vom 12. Juni 2010

Königshof bei Chur wiederentdeckt

Jahrhundertelang war die Schweiz mit Deutschland nicht weniger eng verbunden als Österreich. De iure gehörte die Eidgenossenschaft sogar bis 1648 zum Römisch-Deutschen Reich des Mittelalters.

Ein eindrucksvolles Dokument der historischen Gemeinsamkeit haben nun Schweizer Archäologen in der Gemeinde Zizers, zehn Kilometer nördlich von Chur, entdeckt. Bereits im Jahre 2003 bei einem Bauvorhaben entdeckte, gut erhaltene Mauerreste erwiesen sich als Teil eines Königshofes von Kaiser Otto I (912–973). Die Pfalz war mindestens 25 Meter lang und 13 Meter breit, die Anlage liegt nahe der „Deutschen Straße“, einem uralten Verkehrsweg, der den Bodenseeraum mit den Bündner Alpenpässen und damit Norditalien verbindet.

Durch eine Schenkungsurkunde vom 28. Dezember 955, dem Jahr der Schlacht auf dem Lechfeld,  war die Existenz dieser Pfalz im Prinzip bekannt, dennoch war die Überraschung nun groß. Die einst  prunkvolle Anlage hat nur eine einzige Parallele in der Schweiz, die Pfalz auf dem Lindenhof in Zürich. Wie auch dort liegen die Anfänge des Königshofes von Zizers mindestens 200 Jahre früher und gehen mithin auf die karolingische, wenn nicht merowingische Zeit zurück. Nach einem Brand im 9. Jahrhundert folgten Umbauten. Nach dem Eigentümerwechsel im Jahre 955 wurde die Anlage offenbar zweck­entfremdet und schließlich, baufällig geworden, im 11. oder 12. Jahrhundert ganz aufgegeben. Am Ort des Königshofes oder unmittelbar daneben muss sich im Früh- und Hochmittelalter eine Siedlung befunden haben, Einzelfunde weisen zudem auf ein römisches Dorf oder einen Gutshof (villa rustica) hin. Die Bundesbehörden in Bern haben den Königshof zur Ausgrabung von nationaler Bedeutung erklärt, die Untersuchungen dauern an.          K.B.