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12.06.10 / Zeugen preußischen Landlebens / Neuer Glanz für die Schlösser Steinhöfel und Paretz – Lieblingsorte von Königin Luise und Friedrich Wilhelm III.

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-10 vom 12. Juni 2010

Zeugen preußischen Landlebens
Neuer Glanz für die Schlösser Steinhöfel und Paretz – Lieblingsorte von Königin Luise und Friedrich Wilhelm III.

Gerade im 200. Todesjahr der beliebten Preußenkönigin Luise zieht es Besucher auf die Spuren der unvergessenen Monarchin. Zwei ländliche Schösser lassen ahnen, wie sie abseits des Protokolls lebte.

Wäre der Preußenkönigin ein längeres Leben beschieden gewesen, sie hätte Steinhöfel zusammen mit ihrem Gemahl König Friedrich Wilhelm III. sicher noch viele weitere Male besucht. Es war einer ihrer Lieblingsorte. Selbst auf dem Weg ins Exil machte das Paar hier Station. Zu jener Zeit gehörte der Adelssitz zwischen Fürstenwalde und Frankfurt an der Oder, im heutigen Landkreis Oder-Spree, der Familie von Massow.

Die von Massow waren nicht die ersten und auch nicht die letzten Besitzer von Steinhöfel. Die Vorgeschichte reicht weit zurück. Wahrscheinlich wurde das Dorf im 13. Jahrhundert gegründet, erstmals urkundlich erwähnt wurde es 1401. Seitdem befand sich Steinhöfel über 375 Jahre im Besitz der Familie von Wulffen, denen in der Nachbarschaft auch die Dörfer Alt Madlitz und Tempelberg gehörten. Bis ins 16. Jahrhundert hinein mussten sie sich das Lehnsgut jedoch noch mit den Familien von Hohenberg, von Beerfelde und von Behlendorf zu Jänickendorf teilen, da diese ebenfalls Anteile an Steinhöfel besaßen. Erst 1526 wurde Hans von Wulffen dessen alleiniger Besitzer.

Schon die von Wulffen betätigten sich als eifrige Bauherren in Steinhöfel. Um 1720/30 hatten sie nicht nur die Dorfkirche prachtvoll ausstatten, sondern auch ihr Wohnhaus in ein barockes Herrenhaus umbauen lassen. Maßnahmen, die sie in den Ruin trieben. Durch die vielfachen Erbteilungen und den damit verbundenen Hypothekenlasten war das Gut hoch verschuldet. Mit dem Verkauf des Nachbargutes Alt Madlitz an den Grafen von Finckenstein konnte man sich 1751 zwar noch eine Galgenfrist verschaffen. Doch 1775 ging das Gut in Konkurs und wurde zwangsversteigert.

Staatsminister Joachim Christian von Blumenthal erwarb es im Namen seiner Frau Louise Wilhelmine, geborene von Polenz, für 65000 Taler, um es 15 Jahre später für 98000 Taler an seinen Schwiegersohn Valentin von Massow (1752–1817), seines Zeichens Major beim Eliteregiment Gens d’Armes, zu verkaufen. Die von Massow waren, wie die von Blumenthal, ein altes pommersches Adelsgeschlecht, von denen viele Familienmitglieder in den Diensten der brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Könige standen.

Valentin von Massow machte zwar die übliche militärische Karriere, seine Neigung aber galt  Kunst und Wissenschaften. Schon als Rittmeister hatte er in Steinhöfel den Grundstein zu einer Bibliothek gelegt, die nicht nur einen separaten Bau neben dem Wohnhaus bekam, sondern über seinen Tod hinaus zu einer hoch bedeutenden Sammlung anwuchs. Dieser Bau ist die einzige Gartenarchitektur, die sich aus der Zeit von 1790 bis 1796 erhalten hat. Jener Zeit, in der Valentin von Massow von David Gilly und seinem Sohn Friedrich das Herrenhaus, den Wirtschaftshof, den Park und den Dorfanger zu einer einheitlichen Anlage umgestalten ließ.

Der „Büchertempel“ mit seiner klassizistischen Säulenfassade ist schmucker Blickfang geblieben und dient jetzt als Standesamt. Das Schloss wurde 1998 von der durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und die brandenburgische Landesregierung 1992 gegründete Brandenburgische Schlösser GmbH übernommen und umfangreich saniert. Seit 2002 ist es vermietet und wird als elegantes Vier-Sterne-Hotel mit Restaurant und Café geführt. Der 40 Hektar große Park, heute kommunal genutzt, gehört zu den frühen englischen Landschaftsgärten der Mark und ist einer ihrer herausragenden Vertreter. Historisch korrekt wieder hergerichtet, präsentiert er sich in voller Schönheit und vorbildlich gepflegt.

Aufgrund weiterer Um- und Ausbauten durch Valentin von Massows Nachfolger gehört Steinhöfel zu den romantischsten Adelsbauten im Lande. Denn mit zinnenbekrönten Ecktürmen, neobarockem Mittelrisaliten an der Hauptfassade und anderen Veränderungen hatten diese aus dem schlichten Herrenhaus ein repräsentatives Schloss gemacht. Trotz der damit verbundenen beachtlichen Kosten, gelang es den von Massows, ihre Herrschaft in Steinhöfel 140 Jahre lang zu sichern. Dann jedoch konnten auch sie den Besitz nicht mehr halten. Das Gut ging 1930 für 725000 Reichsmark an den Landwirt Rudolf Peine. Dessen Besitzer-Freuden waren nur kurz. 1945 wurde die Familie enteignet und vertrieben. Gut und Schloss Steinhöfel wurden Volkseigentum und dienten unter anderem als Wohnraum für Flüchtlinge, sowie als Kindergarten, Turnhalle und Dorfladen.

1794 hatten sich Friedrich Wilhelm und seine Frau Luise in Steinhöfel aufgehalten, als der Umbau des Herrenhauses gerade beendet war. Sie waren derart begeistert, dass sie den Architekten David Gilly verpflichteten, ihnen in Paretz, heute Ortsteil von Ketzin im Landkreis Havelland etwa 40 Kilometer westlich von der Stadtmitte Berlins, ein Landschloss im selben unprätentiösen Stil zu errichten.

Valentin von Massow war 1791 als Obrist Lieutenant aus dem Militärdienst ausgeschieden und seit 1793 Hofmarschall des Kronprinzen-, später des Königspaares. Zusätzlich Intendant der königlichen Gärten und Schlösser, übertrug man ihm die Verantwortung der Realisierung.

Seit 1658 war Paretz im Besitz der Familie von Blumenthal gewesen, von der Friedrich Wilhelm den Ort für 85000 preußische Taler erwarb. Von 1797 bis 1804 machte Gilly ihn für das Königspaar zu einem stilvollen Refugium der Einfachheit, dem Zeitgenossen den Namen „Schloss Still-im-Land“ gaben.

Noch 200 Jahre später lässt sich in Paretz die authentische Atmosphäre eines solchen idealen Landsitzes um 1800 erleben. Wieder erleben. Denn Umbauten und Abrissmaßnahmen nach 1945 hatten von Gillys modellhafter Landbaukunst im Stil des frühen Berliner Klassizismus nicht mehr viel erkennen lassen. Nach der Wiedervereinigung erwarb das Land Brandenburg 1996/97 das Schloss und stellte die Mittel für den Rückbau zur Verfügung. Seit 2001 erscheint Paretz nun wieder in der ursprünglichen schlichten Schönheit, die in Steinhöfel durch die nachfolgenden Umbauten verloren gegangen ist.

Wie die Architektur war auch Paretz’ Innenausstattung von den Idealen des Landlebens vor 200 Jahren geprägt. Die Zeitläufte überdauerten, mit wenigen weiteren Ausnahmen, nur die bemalten und bedruckten Papiertapeten. Nach aufwendiger Restaurierung schmücken sie heute wieder die Innenräume, die inzwischen auch wieder mit Möbeln aus der Zeit um 1800 versehen sind. Damit bewahrt Paretz als Museumsschloss in der Obhut der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in Berlin-Brandenburg so originalgetreu wie möglich das Andenken an Luise und Friedrich Wilhelm III. Helga Schnehagen

Geöffnet von Mai bis Oktober dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr, von November bis April am Wochenende und feiertags von 11 bis 17 Uhr.


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