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19.06.10 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-10 vom 19. Juni 2010

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

unsere Ostpreußische Familie erweist sich immer mehr als Fundgrube, und somit schließen wir nahtlos an unsere letzte Folge an. Was mir Frau Doris Richter mitzuteilen hat, wird zwar in erster Linie die Leser aus dem Kreis Bartenstein interessieren, aber nicht nur sie: Es ist eine Liste gefunden worden, in der etwa 500 Einzelschicksale von Männern, Frauen und Kindern aufgeführt sind, die in den ersten Monaten des Jahres 1945 von den Eroberern festgenommen und abtransportiert wurden. Die Liste, die aus zusammengesetzten, wahrscheinlich aus einer anderen schriftlichen Aufstellung geschnittenen Streifen besteht, ist im Zeitraum von 1961 bis 1963 angefertigt worden. Sie wurde im vergangenen November in der Heimatstube der Kreisgemeinschaft Bartenstein in Nienburg bei einer Bestandsaufnahme aufgefunden. Wer sie damals in mühevoller Arbeit erstellt hat, ist nicht bekannt, es gibt auch keine Quellenangaben zu den vorhandenen Informationen. Diese aber können für viele Vertriebene und ihre Nachkommen, die noch immer keine Gewissheit über das Schicksal ihrer vermissten Angehörigen haben, von großer Wichtigkeit sein, da sie erste Hinweise auf den unbekannten Lebensweg enthält. Herr Walter Tiedtke hat die Liste überarbeitet und gibt im Heimatbrief „Unser Bartenstein“ den Hinweis, dass Einzelheiten bei ihm erfragt werden können. (Walter Tiedtke, Eversand 15 in 28259 Bremen, Telefon 0421/571347, E-Mail: Walter Tiedtke@online.de)

Die Liste soll auch beim Kreistreffen der Bartensteiner im September ausgelegt werden, so dass jeder Interessierte selber nachforschen kann. Aber diejenigen, die nicht nach Erfurt fahren können, wollen wir mit dieser Veröffentlichung schon vorab auf den Fund aufmerksam machen und damit zu einer möglichst breiten Information beitragen. Wir erreichen damit auch nicht aus dem Kreis Bartenstein Stammende, die Angehörige vermissen, die sich vermutlich beim Russeneinfall in jener Gegend befanden, zumeist Flüchtlinge aus dem nördlichen Ostpreußen, die vom Russen überrannt wurden. Das kann man leicht anhand der Angaben feststellen, die auf der Liste so gegliedert sind:

Name, Vorname, Alter, Geburtsdatum und Geburtsort, Beruf, Heimatort bis 1945, kurzer Überblick über die Ereignisse bei dem Einmarsch der Russen. Bei den nicht im Kreis Bartenstein aufgeführten Ortsnamen sind die betreffenden Kreise aufgeführt, so dass genaue Angaben über die Herkunft der betreffenden Personen vorliegen. Die Angaben sind sehr genau, wie man aus der Eintragung entnehmen kann, die Frau Richter auf ihre Anfrage nach Unterlagen über ihren Vater erhielt: „Tischel, Reinhardt, 38, *19. Dezember 1907 in Tillnitz, Kreis Löbau, Bauer, Wolmen. Am 2. Februar 1945 auf der Flucht in Polkitten von sowjetischem Militär festgenommen und am 15. Februar 1945 über Gerdauen und Schippenbeil mit unbekanntem Ziel abtransportiert.“

So konnte Frau Richter wenigstens zwei Stationen seines Weges herausfinden, sein weiteres Schicksal liegt noch immer im Dunkeln. Obwohl Frau Richter alles versucht und sogar in Moskau nachgefragt hat, konnte bisher nicht geklärt werden, in welches Lager Herr Tischel kam, wo und wann er verstarb. Reinhardt Tischel wurde zwar in Westpreußen geboren, die Familie gab aber nach dem Ersten Weltkrieg ihren angestammten Hof auf, um sich in Ostpreußen neu anzusiedeln. Tochter Doris wuchs mit Eltern und Geschwistern auf dem nunmehrigen Besitz in Wolmen, Kreis Bartenstein auf. Während der letzten Kriegsmonate war ihr zur Wehrmacht eingezogener Vater als Kraftfahrer beim Bunkerbau im Westen eingesetzt, wurde dann nach Ostpreußen abkommandiert, wo er den Russeneinfall erlebte. Er konnte sich zuerst der Gefangennahme entziehen, wollte sich nach Wolmen zu seiner Familie durchschlagen, aber dann holte ihn der Russe doch ein und er wurde, wie Frau Richter nun weiß, in Polkitten inhaftiert. Auch seiner Familie war die Flucht nicht geglückt. Doris blieb mit Mutter und Geschwistern zurück und erlebte furchtbare Jahre, in denen die Kinder bettelnd nach Litauen zogen, bis sie 1947 ausgewiesen wurden. Zwar glaubt Frau Richter nicht, dass sich noch jemand an ihren Vater erinnern könnte, trotzdem wäre sie für jeden Hinweis dankbar, der die weiteren Stationen des Schicksals von Reinhardt Tischel etwas durchleuchten könnte. (Doris Richter, Goldhähnchenweg 35 in 12359 Berlin, Telefon 030/6014163.)

Dokumentierte Schicksale aus der Hölle nach der Russenbesetzung finden zumeist ein Echo, das noch lange nachhallt. So der Bericht von Zeitzeugen aus Nordostpreußen, den Herr Helmut Priebe im Nachlass seines Vaters fand und den er uns zur Veröffentlichung überließ. Wie erwartet gab es aufgrund der vielen Namen, die im dem Tatsachenbericht genannt wurden, entsprechende Zuschriften. Auf eine der letzten will ich besonders eingehen, weil sie auch eine Suchbitte enthält. Frau Hanna Kopp aus Hildesheim hatte den in Folge 16 erschienenen Bericht nicht gelesen, weil sie zu jener Zeit im Krankenhaus war, um so mehr Aufmerksamkeit erregten dann die Zuschriften zu diesem Bericht, die ich in Folge 19 veröffentlichte, weil er Hinweise auf die damaligen Informanten brachte. Das waren vor allem Mediziner, die über das Schicksal ihrer im Raum Königsberg verbliebenen Kollegen berichteten. Herr Dr. Hans Willutzki hatte dabei auf die in den ersten Nachkriegsjahren in Göttingen von Dr. med. P. Schröder gegründete „Ostpreußische Arztfamilie“ und ihre Publikationen hingewiesen, und auf diese setzt auch Frau Hanne Kopp ihre Hoffnung. Sie schreibt: „Mein Interesse geht dahin, aus dem Königsberger Gebiet etwas über die dort verbliebenen Ärzte zu erfahren: Ein Großonkel von mir, Dr. med. Herbert Bittrich, ist bis zum Russeneinfall in Königsberg geblieben, um Verwundete und dort Verbliebene mit seiner Frau ärztlich versorgen zu können. Sie haben nicht gedacht, dass der Russe mit ihnen – vor allem mit seiner Frau – derartig umgehen könnte. Das haben sie nicht ausgehalten und ihrem Leben ein Ende gesetzt. Ich wüsste nun gerne, unter welchen Bedingungen die anderen Ärzte gelebt und eventuell noch gearbeitet haben und ob über Dr. Bittrich Genaueres bekannt geworden ist, vielleicht auch bei der Ostpreußischen Arztfamilie. So hoffe ich, Näheres auch über meinen Großonkel erfahren zu können, wenn vielleicht auch auf Umwegen.“ Das wird mit Sicherheit der Fall sein, liebe Frau Kopp, und deshalb gebe ich gerne Ihren Wunsch weiter und auch ihre Anschrift: Ostpreußenstraße 21 in Hildesheim.

Dass unsere Zeitung von vielen Leserinnen und Lesern immer mit Sehnsucht erwartet wird, bestätigen uns die Zuschriften und auch, dass unsere Kolumne dann möglichst schnell gelesen wird. So kommt es, dass auf manche veröffentlichten Fragen die Antwort schon erfolgt, ehe der oder die Suchende die betreffende Ausgabe gelesen hat. Diese Erfahrung machte jetzt auch Frau Gudrun Schlüter aus Münster, deren heraldische Fragen, die im Zuge der Familienforschung derer von Langheim auftraten, wir in Folge 18 brachten. „Die PAZ war noch keine 24 Stunden erschienen, da erhielt ich schon einen Anruf auf meine Anfrage in der Ostpreußischen Familie“, bestätigt Frau Schlüter. „Der Kontakt erbrachte nicht die Antwort auf heraldische Fragen, doch den wertvollen Hinweis auf die Quassowski-Kartei, von der ich noch nicht wusste. Mir wurde sogar in Aussicht gestellt, sie eines Tages übernehmen zu können, ein großer Wert, da sie nicht mehr vollständig zu erhalten ist. Die von Langheim sollen darin gehäuft vorkommen.“ Na, bitte, das ist doch ein schöner Erfolg. Leider können wir in einer weiteren Angelegenheit Frau Schlüter nicht weiter helfen. Sie besitzt einen kostbaren Holzstich „Kantdenkmal vor der Altstädtischen Kirche“ und übersandte uns eine Abbildung, die sich aber leider nicht zur Veröffentlichung eignet. Das ist schade, denn dieses Bild würde viele Königsberger erfreuen, weil es das von Christian Daniel Rauch geschaffene Denkmal an dem Platz zeigt, wo es 1864 aufgestellt wurde. Vor Kants Wohnhaus an der Mündung der Prinzessinstraße im Schatten der mächtigen Altstädtischen Kirche. Dort verblieb das in einer Rotunde stehende Denkmal bis 1885, als es zum Paradeplatz versetzt wurde. Der Holzschnitt müsste also irgendwo in diesen zwei Jahrzehnten zwischen Aufstellung und Versetzung angefertigt worden sein. Es gibt eine alte Photographie mit dem Motiv, die aber lange nicht den Eindruck von Ruhe und Ehrfurcht vor dem großen Sohn Königsbergs vermittelt wie diese Arbeit des leider unbekannten Künstlers. Das wäre auch Frau Schlüters Frage gewesen, die wir leider im Augenblick nicht erfüllen können. Wir werden versuchen, dies nachzuholen.

Zu den bedeutendsten Leichtathleten, die in Ostpreußen beheimatet waren, gehört auch der Speerwerfer Bruno Mäser. Nun wandte sich der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) an uns mit der Bitte um einige Angaben zur Vita des ehemaligen Deutschen Meisters im Speerwurf. Der Verband ist dabei, sein „Biographisches Handbuch zur Geschichte der Deutschen Leichtathletik“, das zur Zeit auf 1600 Seiten die Namen von 12100 Personen enthält, zu vervollständigen. Was bekannt ist, sind seine sportlichen Erfolge. Mäser, der dem Akademischen SC Olympia 1902 Königsberg angehörte, bestritt zwei Länderkämpfe für Deutschland, in denen er Sieger wurde. Das war in den Jahren 1930 und 1931 bei den Spielen Deutschland–Frankreich in Hannover und Paris. Bei vier deutschen Meisterschaften wurde er zweimal Deutscher Meister (1930 und 1931). Seine persönliche Bestleistung erzielte er mit 65,19 Meter 1931 in Hannover. Bruno Mäser verstarb bereits mit 56 Jahren in Düsseldorf. Das können wir genau belegen, denn 1960 erschien im Ostpreußenblatt seine Todesanzeige. Damit muss das Geburtsjahr korrigiert werden, das beim DLV mit 1910 angegeben ist. Mäser muss also 1904 geboren sein, aber es fehlt nicht nur das genaue Geburtsdatum, sondern auch der Geburtsort. Wer kann uns und dem DLV da helfen? Zuschriften bitte an den Deutschen Leichtathletik-Verband, Verbandsarchiv, Herrn Klaus Amrhein, Haus der Leichtathletik, Alsfelder Straße 27 in 64289 Darmstadt, Telefon 06151/770829, Fax 06151/770878, E-Mail: Klaus.Amrhein@leichtathletik.de)

Kürzlich fand Herr Ernst Hanselbach beim Stöbern auf dem Flohmarkt die Reste eines Fotoalbums bestehend aus drei losen Blättern. Eins trägt den Titel „Sommerferien in Ostpreußen September 1942“. Vier von den insgesamt elf Schwarz-Weiß-Fotos waren der Grund, weshalb Herr Hanselbach die Blätter mitgenommen hat. Sie könnten für Landsleute aus unserem Leserkreis von Bedeutung sein, weil sie auf bestimmte Personen und Orte hinweisen. Ein Foto zeigt ein längliches Wohnhaus das mit „Rudak, Geburtshaus Annas“ beschriftet ist. Die anderen Fotos sind „In Meltbach“ aufgenommen, zeigen eine Personengruppe und Motive von einem Bauernhof und Pferdekoppel. Da dieser Ort im Kreis Angerapp noch nicht einmal 100 Einwohner zählte, dürfte sich die Suche auf einen kleinen Personenkreis fokussieren. Vielleicht ist ja jemand aus unserem Lesekreis überrascht, dass noch Aufnahmen aus seinem Heimatort existieren und dank Herrn Hasselbach vor der „Entsorgung“ gerettet wurden. (Ernst Hasselbach, Am Lohbach 12 in 45470 Mülheim-Ruhr, Telefon 0208/435000.)

Das Foto, das wir heute bringen, stammt aus dem in der letzten Folge erneut angebotenen Album der Krankenschwester Margarete Bubel aus Pronitten. Und in diesem im Kreis Labiau gelegenen Ort entstand etwa Ende der 30er Jahre die Aufnahme, die eine fröhliche Frauengruppe zeigt. Es dürften Angehörige der Familie Bubel, aber auch Freundinnen und Nachbarinnen sein. Wer erkennt sich oder bekannte Personen auf dem Bild? (Zuschriften an Hartmut Schikowsky, Von-Axen-Straße 10 in 22083 Hamburg, Telefon 040/2203118.)

Eure Ruth Geede

Foto: Eine fröhliche Frauengruppe aus Pronitten


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