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26.06.10 / Ein Stück Natur mit viel Geschichte / In der Schorfheide erinnern Schlösser an die Hohenzollern und ihr Jagdglück – Von Nazis und SED weiter genutzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-10 vom 26. Juni 2010

Ein Stück Natur mit viel Geschichte
In der Schorfheide erinnern Schlösser an die Hohenzollern und ihr Jagdglück – Von Nazis und SED weiter genutzt

Mit 1291 Quadratkilometern ist die nördlich von Berlin gelegene Schorfheide eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Mitteleuropas. Hier gibt es mehr als 240 Seen, darunter mit 13 Kilometern Länge auch den Werbellinsee, den wohl bekanntesten dieser Gegend. Ab dem 12. Jahrhundert bildete die Schorfheide das bevorzugte Jagdgebiet der jeweiligen brandenburgischen Landesherren, ab Mitte des 16. Jahrhunderts war das Jagdrecht dort ausnahmslos den Kurfürsten, später den preußischen Königen und deutschen Kaisern aus dem Hause Hohenzollern vorbehalten, deren Spuren noch heute an zahlreichen Stellen erhalten sind und besichtigt werden können.

Bereits die Askanier legten westlich des Werbellinsees eine Burg an, die vornehmlich als Wehranlage diente, von der aus sie aber auch zur Jagd gingen. Die Hohenzollern, in deren Besitz diese dann später überging, ließen ab 1680 an derselben Stelle im Barockstil das Jagdschloss Groß Schönebeck errichten, das 1715 fertiggestellt wurde. König Fried­rich Wilhelm I. arbeitete hier im Dezember 1722 die Grundzüge einer neuen Verwaltungsstruktur für Preußen aus. Mit dem Bau des Jagdschlosses Hubertusstock (1847–1849), ebenfalls auf der Westseite des Werbellinsees gelegen, verlor das Anwesen in Groß Schönebeck an Bedeutung. Der letzte Hohenzoller, der es nutzte, war der spätere Kaiser Wilhelm II. als Prinz beziehungsweise Kronprinz, also vor seiner Thronbesteigung. Nach dem Ende der Monarchie 1918 diente das Schloss den Forstmeistern als Wohnhaus. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es bis Mitte der 70er Jahre noch als Dienst- und Wohngebäude der Oberförsterei Groß Schönebeck genutzt, ehe es einen Umbau zum Kulturhaus der Forstarbeiter erfuhr. Nach der politischen Wende schließlich errichtete man in den Räumlichkeiten das Schorfheide-Museum, das am 13. Mai 1991 feierlich eröffnet wurde und auf zwei Stockwerken die Geschichte der Schorfheide und ihrer prominenten Jagdgäste von den Anfängen bis in die Gegenwart hinein veranschaulicht.

Weit bekannter als Groß Schönebeck ist das schon erwähnte Schloss Hubertusstock, das König Friedrich Wilhelm IV., in dessen Auftrag es erbaut wurde, sowie die beiden Kaiser Wilhelm I. und Wilhelm II. während ihrer Jagd­aufenthalte in der Schorfheide nutzten. Nach 1918 diente es zunächst den Reichspräsidenten Friedrich Ebert und Paul von Hindenburg als Jagd- und Gästehaus, später dann den Machthabern des Dritten Reiches und anschließend denen der DDR. In den 70er Jahren wurde das inzwischen marode Gebäude abgerissen und auf den alten Grundmauern ein neuer Bau in verändertem, aber gleichwohl historisierendem Stil errichtet, der nach 1990 einen Hotel- und Gaststättenbetrieb beherbergte.

In der Umgebung von Schloss Hubertusstock erinnern etliche Gedenksteine an die Hohenzollern-Herrscher und ihr Jagdglück. Schüler und Lehrer der Goethe-Realschule in Eberswalde (Brandenburg) und der Wilhelm-von-der-Heyde-Realschule in Delmenhorst (Niedersachsen), die im Rahmen einer Städtepartnerschaft miteinander verbunden sind, haben vor einigen Jahren hier einen rund zehn Kilometer langen Wanderweg angelegt, der die Gedenksteine leicht auffindbar und zugänglich macht. So wurde etwa der Stein Nr. 2, den Kaiser Wilhelm II. aufstellen ließ, seinem Großvater, „Wilhelm dem Großen“ zu dessen 100. Geburtstag am 22. März 1897 gewidmet. Stein Nr. 3 weist einfach die römische Zahl XXV auf und erinnert damit an das silberne Ehejubiläum Wilhelms II. mit Auguste Viktoria im Jahre 1906. Stein Nr. 4 zeigt unter der Kaiserkrone ebenfalls eine römische Zahl, nämlich die XXII, dazu das Datum des 5. Oktober 1896 und die Inschrift „Wilhelm II.“ Alles zusammen bedeutet, dass der Kaiser dort an besagtem Tage einen 22-Ender-Hirsch erlegte. Stein Nr. 6 markiert die Stelle, an der Prinz Friedrich Karl von Preußen seinen 500. Hirsch schoss, und Stein Nr. 7 wiederum ist dem Abschuss des 300. Hirsches durch den letzten deutschen Kaiser am 14. Oktober 1909 gewidmet. Eine Besonderheit bildet der Gedenkstein Nr. 12, der am 12. Juni 1993 unweit von Schloss Hubertusstock aus Anlass des 150. Geburtstages des Geehrten enthüllt wurde: Er erinnert an Balduin von Hövel (1843–1932), der von 1879 bis 1919 als Oberförster in Grimnitz wirkte und waidmännischer Berater Kaiser Wilhelms II. war.

Nur wenige Minuten vom Schloss entfernt liegt bei Joachimsthal der „Kaiserbahnhof Werbellinsee“, der 1899 im Auftrag Wilhelms II. errichtet wurde, damit der Monarch schnell und bequem in die Schorfheide reisen konnte. Zum 400-jährigen Bestehen des Ortes (2004) wurde der mittlerweile heruntergekommene Bahnhof mit großem Aufwand restauriert, und so erstrahlt er seither in neuem, denkmalgerechten Glanz. Eine vor dem einstigen Stationsgebäude aufgestellte Tafel informiert über die Geschichte des Bahnhofs und seine frühere Bedeutung. Und über der ausgehängten Speisekarte vor der nahegelegenen Gaststätte und Pension „Zum Kaiserbahnhof“ prangt ein Porträt Wilhelms II.

Nahezu unbekannt und auf keiner Karte eingezeichnet ist ein weiterer Stein, der „Wilhelm dem Großen“ gewidmet ist und anlässlich seines 100. Geburtstages aufgestellt wurde. Er steht gegenüber der Revierförsterei „Wildfang“ am Döllner Damm, auf dem die alte Straße entlangführt, welche Joachimsthal und Groß Schönebeck miteinander verbindet.

Zum Schluss sei noch der „Centenar-Garten“ an der Bundesstraße 109 zwischen Zehdenick und Templin erwähnt, der ebenfalls zum 100. Geburtstag des ersten Hohenzollern-Kaisers angelegt wurde. Eine hier aufgestellte Tafel verkündet dazu: „Anlässlich des hundertjährigen (,Centenar‘) Geburtstages von Kaiser Wilhelm d. I. wurde hier 1897, im Auftrag von Hegemeister Lange, ein kleiner Centenar-Garten errichtet. In Anerkennung der drei deutschen Staatsmänner Kaiser Wilhelm I., Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck und Generalfeldmarschall Helmut Graf Moltke pflanzte man hier drei Eichen und setzte dazu jeweils einen Gedenkstein. Forstverwaltung Brandenburg.“

Wer sich Zeit nimmt, die Schorfheide ausgiebig zu durchstreifen, wird noch etliche hier nicht aufgeführte Spuren der Hohenzollern finden können. Immer wieder trifft man bei Wanderungen im Wald ganz plötzlich auf Stätten historischer Ereignisse – ein unerschöpfliches Areal für alle, die an preußisch-deutscher Geschichte interessiert sind.     Wolfgang Reith


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