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26.06.10 / Spuk oder Trug? / Experten für ungewöhnliche Fälle sind vermeintlichen »Geistern« auf der Spur – Vieles ist physikalisch erklärbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-10 vom 26. Juni 2010

Spuk oder Trug?
Experten für ungewöhnliche Fälle sind vermeintlichen »Geistern« auf der Spur – Vieles ist physikalisch erklärbar

Spätestens seit dem Kinofilm „Ghostbusters“ sind Geisterjäger auch in Deutschland bekannt. Doch nur wenige wissen, dass es auch hierzulande aktive Geisterjäger gibt.

Halloween ist Spuk mit Ankündigung. Manchmal aber passieren Dinge, für die niemand eine Erklärung hat – wie Stimmen im Teekessel beispielsweise. Das ist dann ein Fall für Geisterjäger Walter von Lucadou und seine Kollegen. Lucadou ist seit 1989 die Seele der bundesweit einzigen Parapsychologischen Beratungsstelle und Deutschlands profiliertester Geisterjäger, auch wenn sich der promovierte Physiker und Psychologe selbst nie so bezeichnen würde.

„Als Experten für ungewöhnliche Fälle sind wir verbraucherberatend tätig“, erklärt Lucadou. „Auf der anderen Seite betreiben wir Forschung: Wir untersuchen, was hinter unüblichen Vorkommnissen steckt. Das ist alles sehr schwierig und teuer. Vom Land Baden-Württemberg werden wir jährlich mit 70000 Euro unterstützt.“

Aber gibt es denn so viele Geister in Deutschland? „Spukfälle sind viel häufiger als man meinen könnte“, erklärt Lucadou, „es läuft jedoch nicht so sensationell ab wie in Filmen, in denen Geisterjäger am Spukort eine Kamera aufstellen und bizarre Dinge sehen. Oft erzählen Betroffene einfach nur: Bei mir im Haus lag auf einmal etwas, was vorher nicht dort war. Oder, dass etwas verschwunden ist. Wir können keine spektakulären Thesen aufstellen, sondern oft höchstens feststellen: So wie es aussieht, haben Sie sich das nicht alles eingebildet. Zusammengefasst sind die meisten paranormalen Phänomene keine Geschichte mit einem tollen Plot, sondern irritierende Beobachtungen, die man schlecht einordnen kann – und die den Betroffenen dann entsprechende Bauchschmerzen bereiten.“

Nach Umfragen haben ungefähr zwei Drittel der Bevölkerung schon „ungewöhnliche“ Erlebnisse gehabt. Bis zu fünf Hilfesuchende rufen pro Tag bei Lucadou in der Parapsychologischen Beratungsstelle an.

„Die meisten Spukfälle lassen sich auf Basis der klassischen Naturwissenschaften erklären“, sagt Lucadou. „Ein Mann erzählte mir mal, er höre immer leise Stimmen, die aus seinem Teekessel kämen. Da denkt natürlich jeder: Bei dem ist doch ‘ne Schraube locker. Aber es stimmte – war aber ein rein physikalischer Effekt. Der Mann wohnte in der Nähe eines starken Mittelwellensenders. Jedes Mal, wenn er seinen Teekessel auf die Herdplatte stellte, konnte er Radio hören. Wir haben das ausprobiert. Es ist wichtig, die Aussagen der Leute wirklich zu überprüfen.“ Nicht alles jedoch lässt sich ergründen. „Es kommt auch vor, dass wir Betroffenen nur sagen können: Das haben auch andere schon erlebt. Wichtig ist mir aber: Nur weil etwas noch nicht zu lösen ist, muss es nicht etwas ,Übersinnliches‘ sein.“

Hausbesuche unternimmt Lucadou vergleichsweise selten. Seine Geisterfalle ist auch kein elektromagnetischer Fangstrahl, sondern reine Empirie. Schallmessungen von Geräuschen und Stimmen, thermodynamische Untersuchungen oder Elektrosmog-Analysen führen ihn für gewöhnlich ans Ziel und die Heimgesuchten zurück ins Leben der Tatsachen. „Die Leute sind zwar froh, dass die Ursache erforscht ist, aber auch irgendwie enttäuscht, dass nun doch nichts Übernatürliches vorliegt.“

Vor allem betroffen sind Menschen ohne soziale Bezugspunkte, Menschen, die isoliert leben. Wenn sie mit Lucadou über Phänomene wie Geistererscheinungen, Gedankenübertragung oder Telepathie reden, haben sich die Geplagten oft schon in das vermeintlich Erlebte hineingesteigert. Einen Ausgang finden sie dann von allein nicht mehr.

Seine Aufgabe sei es aber nicht, den Leuten etwas auszureden, sagt Lucadou: „Nicht jeder, der Gespenster sieht, hat gleich eine Psychose.“ Das aber denken die Betroffenen von sich, zumal auch medizinisch geschultes Personal zu voreiligen Diagnosen neigt. Viele glauben immer noch: alles Spinner. Lucadou erklärt, dass Spuk immer eng mit den Menschen in Verbindung steht, die ihn erleben. Nicht immer handele es sich dabei um Einbildung. Der „Spuk“ finde oft tatsächlich statt, nur habe er in den meisten Fällen eine empirisch nachweisbare Ursache. Die klassische Parapsychologie unterscheidet zwei Denkschulen: Spiritisten und Animisten. Spiritisten gehen von einem Weiterleben der Seelen aus, sie erklären übernatürliche Phänomene mit dem Versuch der Kontaktaufnahme verstorbener Seelen. „Ich halte das für nicht realistisch“, meint Lucadou.

Animisten, zu denen auch er selbst zählt, führen Begegnungen mit Verstorbenen hingegen auf Wirkungen aus dem Unterbewusstsein zurück. „Spuk ist fast immer eine psychosomatische Reaktion, die ein Problem in der Umgebung widerspiegelt.“

Für den Geisterwissenschaftler ist es inzwischen nur irrational, wenn man sich eben nicht um Spukphänomene kümmert und sie stattdessen in den Einzugsbereich der Klapsmühle delegiert. Mit fatalen Folgen. Um die seelischen Probleme der Spukopfer kümmert sich niemand, und normale Menschen werden als Verrückte abgestempelt – von amüsant bis gemeingefährlich. Das treibt sie häufig in die Arme von dubiosen spiritistischen Vereinen. „Denn Dinge, die wir nicht verstehen, bekommen oft eine falsche Bedeutung. Nämlich eine zu große“, so Lucadou.  Corinna Weinert

Weitere Informationen: www.parapsychologische-beratungsstelle.de


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