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26.06.10 / Durchgestylte Platzangst / In Kyoto laden Schlafkapseln zu neun Stunden Verweildauer ein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-10 vom 26. Juni 2010

Durchgestylte Platzangst
In Kyoto laden Schlafkapseln zu neun Stunden Verweildauer ein

Im Dezember 2009 eröffnete in Kyoto das Hotel 9h, und der Name ist Programm: Für neun Stunden checken die Gäste dort ein. Die Zeit reicht nach Ansicht der Betreiber aus – für das Schlafen und das Drumherum. Das sieht dann so aus: Sieben Stunden Schlafen, eine Stunde Duschen und eine Stunde was auch immer; die Betreiber bezeichnen es als Pause.

Das Hotel ist eine Unterkunft in minimalistischer Variation, es bietet auf neun Stockwerken 125 formschöne Kapseln für die Übernachtung. Rund zwei Quadratmeter messen die Kapselzimmer, die aus Plastik bestehen und ebenso in schlichtem Schwarz-Weiß gestaltet sind wie Lobby, Lounge und Bad. Entworfen hat das Hotel die Industriedesignerin Fumie Shibata vom Design Studio S.

Die Straßenschuhe werden an der Schwelle ausgezogen und in einem der Schuhschließfächer, die sich im Eingangsbereich befinden, deponiert. An der Rezeption erhalten die Gäste dann ein Paar Slipper – in passender Größe und natürlich in schwarz. Nach dem Check-in wandert das nicht benötigte Gepäck ebenfalls in Schließfächer. Hierin liegen für die Gäste bereits zweiteilige Schlafanzüge bereit – die sind selbstverständlich ebenfalls schwarz, abgestimmt auf das Interieur, so wie die Slipper. 50 der 125 Kapseln im Hotel sind exklusiv für Frauen. Zu den Frauenstockwerken gelangt man in einem separaten Aufzug.

Die Kapselzimmer liegen von Toiletten, Umkleide und Waschraum getrennt in einer anderen Etage. Im Waschraum reihen sich blickgeschützte Duschkabinen aneinander, es gibt abgepackte Einwegzahnbürsten, Seife, Haarpflegemittel und Handtücher in zwei verschiedenen Größen. Bei den Waschprodukten hat das Studio S. nicht nur auf eine schlichte Verpackung, sondern auch auf den Inhalt geachtet. Alles ist frei von Silikon und voll von natürlichen Inhaltsstoffen. Auf der anderen Seite der Duschkabinen befindet sich ein kleines Ofuro. Das typische japanische Bad ist trotz geringer Größe ein wirklicher Höhepunkt. Nach dem Umziehen geht es im Schlafanzug per Lift in den Schlafsaal. Die Kapseln können nicht abgesperrt werden, nur von innen grenzt ein Rollo die Außenwelt ab. Brennt über leeren Kapseln ein rotes Lämpchen, wird dort noch jemand erwartet.

Im fensterlosen Schlafsaal gibt es keinen Morgen. Die Kapseln sind mit Beleuchtungs- und Klimasystemen ausgestattet. Der Hersteller „garantiert“ stimmungsvolles Licht und guten Schlaf. Besonderen Komfort soll auch das aus vier Materialien und mit sechs Zonen ausgestattete Kopfkissen bieten.

Das Hotel wird nicht nur von Touristen für die Übernachtung gebucht: In der Lounge – auch hier gibt es einen separaten Bereich für Frauen – stehen Computer bereit, Getränke und Speisen gibt es dort ebenfalls. Japanische Gäste nutzen die Unterkunft, wenn es im Büro spät geworden und der Weg nach Hause weit ist; so wird keine Zeit für langes Fahren vergeudet. Wer mag oder muss, kann hier jederzeit weiter arbeiten – vor oder nach dem Schlafen. Insgesamt dürfen Gäste bis zu 17 Stunden bleiben – gegen Aufpreis von rund 38 Euro. Danach muss der Check-out erfolgen, oder aber ein erneuter Check-in.       C.W.

9h – nine hours, Kyoto Teramachi, 588 Telanmaeno-cho, Shijyo Teramachi-dori, Shimagyo-ku, Kyoto, 600-8031 Japan, www.9hours.jp


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