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26.06.10 / Rätselhafte Herkunft / Märchenhafter Roman: Ein Findelkind versucht, seine Familie zu finden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-10 vom 26. Juni 2010

Rätselhafte Herkunft
Märchenhafter Roman: Ein Findelkind versucht, seine Familie zu finden

1898: Ein Gemäldesammler aus Wien entdeckt in Maloja, einem nahe St. Moritz gelegenen Kurörtchen, ein Bild des Malers Giovanni Segantini. Ganz angetan von dem Bildnis einer rotblonden Frau, die sich in einem Bergsee spiegelt, erwägt er den Kauf des Kunstwerkes. Im Gespräch mit dem stellvertretenden Direktor des Hotels „Kursaal Maloja“, in dem das Gemälde aushängt, erzählt ihm dieser die Entstehungsgeschichte dieses Bildes.

Dörthe Binkert, die nach Jahrzehnten im Verlagsgeschäft ihren Ruhestand mit dem Schreiben von Büchern verbringt, hat nun nach „Weit übers Meer“ mit „Bildnis eines Mädchens“ einen weiteren Roman vorgelegt. Auch hier steht eine geheimnisvolle, junge Frau im Mittelpunkt, deren Herkunft ungewiss ist. Eines Tages entdecken die beiden Bauernjungen Gian und Luca die rotblonde, scheinbar stumme Nika im Wald, die wegen eines verstauchten Knöchels ihren Weg nicht fortsetzen kann.

Schon die Einführung Nikas hat etwas Märchenhaftes und so erinnert ihr Lebensweg, den der Leser einen Sommer lang – allerdings mit Rück- und Vorblenden – begleiten darf, ein wenig an Aschenputtel. Als Findelkind an einer Poststation nur mit einem Medaillon und Geld zurückgelassen, wächst sie als Verdingkind auf einem Bauernhof auf, muss schwer arbeiten und kommt in der Hierarchie noch nach den elf Kindern des brutalen Bauern. Allerdings erzählt ihr die Postmeisterin von der vermögenden, italienischen Dame, die sie damals zurückließ. Mit dem Medaillon flieht Nika dann, als sie 18 Jahre alt ist, gen Italien und hofft, das Geheimnis um ihre Herkunft zu lüften. Doch ein Sturz zwingt sie zur Pause in Maloja.

Binkert lässt Nika dort auf den verheirateten Maler Segantini treffen, der in Nika mehr sieht als nur seine Muse. Aber auch einige Gäste des Hotels treffen auf die junge Frau. Unterhaltsam spinnt die Autorin zahlreiche Amouren, von denen Binkert nur einige glücklich enden lässt. Alles in allem ist „Bildnis eines Mädchens“ ein leichter, aber keineswegs seichter Sommerroman geworden, der den Leser nicht nur durch Liebschaften, starke Frauenfiguren und das Rätsel um Nikas Herkunft an sich zu binden sucht, sondern der auch durch wunderbare Naturbeschreibungen punkten kann.     R. Bellano

Dörthe Binkert: „Bildnis eines Mädchens“, dtv Premium, München 2010, 355 Seiten, 14,90 Euro


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