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03.07.10 / Im Kriechgang zur Wahlniederlage

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-10 vom 03. Juli 2010

Im Kriechgang zur Wahlniederlage
von Harald Fourier

Am Wochenende habe ich mit meiner Frau ein Experiment gemacht. Ich bin mit exakt 30 Kilometern pro Stunde durch Berlin gefahren – und kam mir dabei ziemlich blöd vor. Der Grund: Am Frühstückstisch gab es einen Disput wegen der Verkehrspolitik. Die SPD will die ganze Stadt in eine Tempo-30-Zone verwandeln – und Natascha findet das richtig. „Dann passieren weniger Unfälle, und Kinder könnten gefahrlos spielen“, meint sie. Ich dachte, ich höre nicht richtig.

Aber so oder so ähnlich denken wohl auch die SPD-Delegierten, welche die folgenschwere Entscheidung für den Kriechgang getroffen haben. Folgendes hat sich in der Regierungspartei abgespielt: Berlin hat  eine Stadtautobahn, die als Ring angelegt ist, aber noch immer auf ihre Vollendung wartet: Im Osten der Stadt klafft eine riesige Lücke im Ring. Endlich hat sich nun der Senat – allen voran Bürgermeister Klaus Wowereit – dieses Großprojekts angenommen, vielleicht auch, um von einem anderen peinlichen Megadebakel abzulenken: der verzögerten Fertigstellung des neuen Großflughafens in Schönefeld. Die kommt viel später als versprochen, und wird dann 138 Millionen Euro teurer als geplant. Und das, nachdem Wowereit Schönefeld ungezählte Male zur Chefsache erklärt hat.

Statt dankbar zu sein, dass der Bund die 420 Millionen Euro für die Autobahnerweiterung schenkt, kochen die Genossen bei SPD und Linkspartei vor Wut. Die Basis der Regierungsparteien lehnt aus ideologischen Gründen jeden Autobahnbau ab. Die SPD-Spitze musste massive Zugeständnisse machen. Dazu gehören: Tempo 30 auf weiteren Hauptstraßen, Parkplatzrückbau, Ausweitung der Tempokontrollen. Schon jetzt gilt auf vielen Hauptstraßen Tempo 30, zum Beispiel am Potsdamer Platz. Und ab 22 Uhr gilt das Schneckentempo fast überall.

Bislang ist es so, dass sich auf den Hauptstraßen kaum jemand daran hält. Ich habe jetzt mit meiner Frau den Test gemacht und bin genauso schnell gefahren wie erlaubt. Ich musste gar nichts sagen, nach drei Minuten – inzwischen hatten uns mehrere Radfahrer überholt – da prustete sie los: „Jetzt fahr schon richtig. Noch gilt dieses Tempolimit ja nicht.“ Ich vermute, sie hat ihre Meinung geändert, auch wenn sie es nicht zugeben mag.

Auch bei der rot-roten Regierungskoalition  hoffe ich auf ein stilles Umdenken. Ansonsten sage ich beiden Parteien nächstes Jahr eine Wahlniederlage voraus, die sich gewaschen hat. Wegen solcher Wahnsinnstaten sind schon Wahlen verlorengegangen. So ist der erste rot-grüne Senat 1989/90 nicht zuletzt an seiner autofahrerfeindlichen Verkehrs­politik gescheitert.


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