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03.07.10 / Nur ’nen wönzigen Schlock / Alkohol vom Lehrer: Umstrittenes Projekt startet auch in Berlin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-10 vom 03. Juli 2010

Nur ’nen wönzigen Schlock
Alkohol vom Lehrer: Umstrittenes Projekt startet auch in Berlin

In Berlin läuft seit vergangener Woche ein ungewöhnliches Experiment: Am Zehlendorfer Droste-Hülshoff-Gymnasium steht Alkoholtrinken auf dem Stundenplan – „Grenzerfahrungen“ ausdrücklich erwünscht. Verantwortlich für das umstrittene Projekt ist der Psychologe Johannes Lindenmeyer von der Salus Kliniken GmbH bei Potsdam.

Die Kampagne unter dem Titel „Lieber schlau als blau“ startete Ende 2008 in Brandenburg, gefördert vom dortigen Gesundheitsministerium. Als Ziel geben die Initiatoren an, Jugendlichen das eigenständige „Grenzensetzen“ zu vermitteln. Ein Erfolg ist nicht messbar: In Brandenburg hat sich die Zahl von Jugendlichen, die wegen Alkohols im Krankenhaus landeten, in den letzten Jahren nicht verringert. Bundesweit sind es jährlich etwa 25000

Nun werden auch in Berlin, dessen Senat anders als Brandenburgs Regierung das Projekt ablehnt, Lehrer geschult und Eltern um Einverständnis gebeten. Das Trinken ist ein Teil davon: Bis zu 0,8 Liter Wein oder 1,33 Liter Bier pro Schüler kommen in dem Experiment zum Einsatz.

Beim Vorbild Brandenburg läuft es so ab: Erst sollen die Jugendlichen generell schätzen, wie Alkohol auf sie wirkt. Der Lehrer reicht neben einem kleinen Bier oder einem Glas Sekt ein Pusterohr zum Alkoholtest. Nach dem Trinken, das der Lehrer hinsichtlich Menge und Zeit protokolliert, wird der Promillegrad gemessen. Eine Kamera filmt das Geschehen, um später den Schülern ihr verändertes Verhalten zu zeigen. Konzentrationstests folgen. Ein Computer soll die Daten auswerten. Dann werden den Probanden Schlussfragen gestellt: „Hast Du das so erwartet? Was heißt das für Dich?“

Angesichts wöchentlicher Fälle lebensbedrohlicher Alkoholvergiftungen in Berlin sieht der Senat zwar Handlungsbedarf, aber nicht so: „Von einer Durchführung wird abgeraten“, fasst Erhard Laube von der Bildungsverwaltung das Ergebnis einer vom Senat bestellten Arbeitsgruppe zusammen. Berlin setze auf Prävention statt Konsum, auch könnten sich Schüler muslimischer Herkunft ausgeschlossen fühlen.

Lindenmeyer hält dem entgegen, gerade durch die Aufnahmen und deren Besprechung in der Klasse entstehe soziale Kontrolle. Mitmachen müsse niemand: „Wir wollen die Jugendlichen erreichen, die ohnehin schon Alkohol trinken“, sagt der Psychologe, der auch zur Suchtvorbeugung forscht.        SV


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