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03.07.10 / Fahrt in den Schuldensumpf / Krafts Wahlversprechen und die Maßlosigkeit der Linkspartei: Rot-Grün wird teuer für NRW

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-10 vom 03. Juli 2010

Fahrt in den Schuldensumpf
Krafts Wahlversprechen und die Maßlosigkeit der Linkspartei: Rot-Grün wird teuer für NRW

120 Milliarden Euro Schulden lasten bereits auf Nordrhein-Westfalen. Kurz vor der „Schuldenbremse“ droht das Defizit noch einmal kräftig zu wachsen.

Das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben: Eine Minderheitsregierung in einem Bundesland, die nicht einmal über ein „Tolerierungsabkommen“ verfügt. Wenn bislang keine Koalitionsmehrheit zu erreichen war, einigte sich das Regierungslager mit einer der Oppositionsparteien wenigstens darauf, dass die Partei die Regierung „tolerieren“ werde. Soll bedeuten: Die Partei bleibt zwar formal Opposition, ist der Regierung aber trotzdem gewogen und wird von dieser daher bevorzugt behandelt.

Genau diese Vorzugsbehandlung jedoch wagt die SPD-Kandidatin für das Amt des NRW-Ministerpräsidenten, Hannelore Kraft, nicht, der Linkspartei anzubieten. Zu tief sitzt die furchtbare Erinnerung an die Folgen des Wortbruchs ihrer Parteifreundin Andrea Ypsilanti in Hessen, die vor der Wahl eine Koalition mit der Linken ausgeschlossen hatte, um danach eine anzustreben. Daher vermeidet Kraft alles, was zu sehr nach Kooperation mit den SED-Erben aussehen könnte.

Verzichten kann sie auf die Dunkelroten indes nicht angesichts der Sitzverteilung im Düsseldorfer Landtag: Dort bringen es CDU und FDP auf 80, SPD und Grüne auf 90 Sitze bei elf Mandaten für die Linkspartei. Somit fehlt Rot-Grün genau ein Sitz zur absoluten Mehrheit.

Ohne die Linke geht also nichts. Und das dürfte Folgen haben für die Politik im bevölkerungsreichsten Bundesland. Verheerende Folgen, wie Kritiker orakeln. Sie blicken dabei vor allem auf den Haushalt, der um die Jahreswende aufgestellt werden muss. Die Linke hat hierzu bereits ihre gewohnt verschwenderischen Forderungen eingereicht. Dazu zählt der Verzicht auf jegliche Stellenstreichungen im Öffentlichen Dienst. Indes machen die Personalausgaben fast die Hälfte des Landesetats aus. Wenn hier nichts eingespart werden darf, bleibt den rot-grünen Haushältern kaum noch Spielraum.

Den aber benötigten sie allein schon, um die kostenträchtigen Versprechen ihrer eigenen Parteien einzulösen, allen voran die Abschaffung der Studiengebühren, die allein eine Viertelmilliarde Euro ausmacht. Da Hannelore Kraft den Hochschulen versprochen hat, dass die Abschaffung der Gebühr nicht zulasten der Universitäten gehen werde, muss sie dieses Geld aus dem Haushalt nehmen. Überdies ist anzunehmen, dass mit dem Argument der Gerechtigkeit auch die Kostenfreiheit für Kitas zu beschließen wäre.

Mit 120 Milliarden Euro ist Nordrhein-Westfalen schon verschuldet, 4,7 Milliarden muss Düsseldorf jedes Jahr an Zinsen bezahlen. Ein Posten, der weiter wachsen dürfte, denn die Versprechen von Rot-Grün führen letzten Endes unweigerlich zu noch höherer Verschuldung. Und dies nur wenige Jahre, bevor die ersten Maßnahmen zur Einhaltung der Schuldenbremse greifen müssen.

In der Schulpolitik, eines der zentralen Felder der deutschen Landespolitik, sind sich Rot-Grün und Postkommunisten weitgehend einig: Sie streben beide die Gemeinschaftsschule an, die das gegliederte Schulsystem ersetzen soll. Allerdings fordert die Landesverfassung ein gegliedertes System, weshalb es noch zu Klagen kommen dürfte.

Bei der CDU konnte die Enttäuschung über den Machtverlust kaum größer sein. Sie manifestiert sich in der Ankündigung des erst 59 Jahre alt gewordenen Jürgen Rüttgers, dass er sich vollständig aus der aktiven Politik zurückziehen wolle. Lange war Rüttgers, der als ausgesprochen machtbewusst gilt, als Rivale von CDU-Chefin Angela Merkel gehandelt worden.

Der Schlag traf die Union deshalb so hart, weil die Rhein-Unionisten mit der festen Überzeugung in den Wahlkampf gestartet waren, dass sie eigentlich alles richtig gemacht hatten. 8000 neue Lehrerstellen schuf Schwarz-Gelb seit 2005, neue Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen wurden gegründet, um den Strukturwandel im größten deutschen Industrierevier weiter voranzutreiben. Zudem hält sich die CDU zugute, trotz Weltwirtschaftskrise die Finanzen recht gut unter Kontrolle gehalten zu haben.

Rüttgers Rückzug hinterlässt bei der NRW-CDU eine riesige Lücke, um welche sich nun das Personalkarussell dreht. Für den Landesvorsitz ist CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid im Gespräch, der bereits öffentlich sein Desinteresse am Vorsitz der Landtagsfraktion geäußert hatte, weil er seine Rolle in der Führung der Partei sehe. Als weiterer möglicher Anwärter für den Parteivorsitz wird Bundesumweltminister Norbert Röttgen gehandelt. Auf den Fraktionsvorsitz spekulieren der Bundesvorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA, Karl-Josef Laumann, und der scheidende NRW-Integrationsminister Armin Laschet.

Laschet gilt wie Laumann und Röttgen über die Grenzen von NRW hinaus als ausgeprägter Vertreter des linken CDU-Flügels. Wenn die Stimmen recht haben, welche die Niederlage der NRW-CDU auch darauf zurückführen, dass viele nationalkonservative Stammwähler zu Hause geblieben sind, weil sie dem selbsternannten „Arbeiterführer“ Jürgen Rüttgers misstrauen, dann könnte dieses Personaltableau der CDU an Rhein und Ruhr noch weitere Probleme bereiten.   Hans Heckel


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