19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.07.10 / Schmerzhafte Einschnitte / Großbritannien: Neue Regierung setzt massiv den Rotstift an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-10 vom 03. Juli 2010

Schmerzhafte Einschnitte
Großbritannien: Neue Regierung setzt massiv den Rotstift an

Großbritanniens Regierungschef David Cameron scherzte beim Wirtschaftsgipfel der Mächtigen im kanadischen Toronto, er könne es sich leider nicht leisten, die Kosten für den Hubschrauberrundflug der hohen Gäste zu berappen. Hier sei er leider ein Opfer seines eigenen Sparpakets.

Ganz abwegig ist der Spaß des Premiers nicht: Während Europas Regierungen mit ihren Sparversuchen in erster Linie auf die breite Masse losgehen, hat Großbritannien auch bei seinen Repräsentanten und Beamten den Rotstift angesetzt. „Alle müssen anpacken, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen“, las Königin Elizabeth II. aus der Regierungserklärung der Koalition. In ihr schwor sie die Abgeordneten auf den neuen, abrupten Kurs der Regierung ein. Rund sechs Milliarden Pfund sollen alleine bei Ministerien, Kommunen und anderen öffentlichen Institutionen dem Sparwillen der in Koalition mit den Liberaldemokraten regierenden Tories zum Opfer fallen und der früheren Ausgabenfreudigkeit der Labour-Partei ein Ende bereiten.

Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, verordnete sich das neue Kabinett zu allererst selbst eine Kürzung der Gehälter. Der neokonservative George Osborne, ein ausgeprägter Euroskeptiker, soll das neue Sparschwein hegen. Ein sofort von ihm vorgelegter sogenannter Not-etat schont weder die Queen selbst, noch nimmt er Rücksicht auf schwangere Frauen, Beamte und Banken. Die Budgets der Ministerien werden dabei um ein Viertel reduziert.

Zudem steigt die Mehrwertsteuer von derzeit 17,5 Prozent auf 20 Prozent – eine Einnahmequelle, die immer wieder auch für die Bundesrepublik im Gespräch war. Die Kapitalertragssteuer steigt von 18 auf 28 Prozent, eine Bankenabgabe soll zwei Milliarden einspielen. Insgesamt werden die öffentlichen Ausgaben um 30 Milliarden Pfund (36,5 Milliarden Euro) beschnitten. Für den öffentlichen Dienst heißt das ein Einfrieren der Gehälter auf zwei Jahre. Allerdings bleiben die untersten Gruppen verschont. Sie ebenfalls zur Kasse zu bitten, würde den für den Aufschwung der Volkswirtschaft bitter nötigen Konsum zu sehr abwürgen.

Angesichts eines Haushaltsloches von 156 Milliarden Pfund (182 Milliarden Euro) und einem Schuldenberg von 900 Milliarden Pfund (1095 Milliarden Euro) sehen sich die Finanzstrategen der Insel zu diesem heftigen Einschnitt gedrängt. Es signalisiert die größte Finanzschwäche des Empire seit Urzeiten. Die Einschnitte für die Bürger sollen eine drohende Herabstufung der Bonität des Vereinigten Königreiches durch die umstrittenen Rating-agenturen (wie etwa für Griechenland und Spanien) verhindern. Der neue Sparkurs schlägt umso härter zu Buche, da das Bruttoinlandsprodukt mit einem Plus von gerade 0,3 Prozent nahezu stagniert und die britische Konjunktur nur schwerfällig in Gang kommt.

Der Sparzwang der Tories zeigt bereits Wirkungen bis in den Sport hinein. Die englische Premier League drosselte drastisch ihre Ausgaben für die sonst üblichen Spielertransfers. Waren in den beiden Vorjahren noch 172 und 201 Millionen Euro für den Einkauf der Kickerstars ausgegeben worden, so rückte die stärkste europäische Liga zu Beginn der Saison 2010 nur magere acht Millionen raus.   Joachim Feyerabend


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren