24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.07.10 / Brandenburg – katholisch und geteilt / Mit Joachim I. starb 1535 eine der schillerndsten Figuren an der Spitze der Kurmark

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-10 vom 03. Juli 2010

Brandenburg – katholisch und geteilt
Mit Joachim I. starb 1535 eine der schillerndsten Figuren an der Spitze der Kurmark

Kurfürst Joachim I. regierte von 1499 bis 1535 die Mark Brandenburg. Der vielseitig interessierte und bis zur Rücksichtslosigkeit entschlossene Hohenzoller gründete die erste brandenburgische Landesuniversität und war ein militanter Streiter für den Katholizismus. Er schuf ein einheitliches Erbrecht, verstieß aber selber gegen das von seinem Großvater Albrecht Achilles aufgestellte Hausgesetz, was zur Teilung Brandenburgs nach seinem Tode führte.

Am 11. Juli 1535 ging es mit Joachim I. zu Ende. Im altmärkischen Stendal, das damals zu Brandenburg gehörte, tat der Kurfürst seinen letzten Atemzug. Der Tod kam für alle ziemlich überraschend. Denn 51 Jahre waren auch in der frühen Neuzeit für einen Fürsten kein allzu langes Leben.

Joachim selbst hatte allerdings schon fast auf den Tag genau zehn Jahre zuvor mit dem Tod gerechnet. Sein Hofastrologe prophezeite nämlich für den 15. Juli 1525 sintflutartige Regenfälle. Es würde so viel Regen vom Himmel kommen, dass die gesamte Mark Brandenburg im Wasser versinke, offenbarte das Horoskop. Menschen und Vieh müssten ertrinken, Stadt und Dörfer könnten in den Fluten verschwinden. Weil zum „Arche Noah“-Zimmern keine Zeit blieb, ließ Joachim alles Wertvolle in Körbe und Truhen packen und flüchtete samt Familie und Hofstaat auf den Tempelhofer Berg, dem heutigen Kreuzberg. 72 Meter hoch und damals noch weit vor den Toren der Stadt gelegen. Ein heftiger Landregen kam, der befürchtete Weltuntergang blieb jedoch aus. Man kehrte zurück ins Schloss. Doch kaum war die Spree erreicht, da begann ein mächtiges Gewitter. Ein Blitz fuhr mitten in die Wagenkolonne und ein Kutscher wurde tödlich getroffen. „Sunsten hat das Wetter keinen Schaden mehr gethan“, hielt ein unbekannter Chronist fest.

Für Joachim war das gewiss eine Strafe des Himmels für die unzähligen sündhaften Verfehlungen der Menschen. Möglicherweise dachte dabei der Fürst an die aufsässigen Bauern in Thüringen. Die hatten im Frühjahr 1525 zu den Waffen gegriffen und sich gegen ihre Herren aufgelehnt. So manches Kloster und so manche Burg war in Flammen aufgegangen, bevor die Bauern vor Frankenhausen eine vernichtende Niederlage hinnehmen mussten.

Und dann war da noch dieser ehemalige Mönch namens Martin Luther, der 1517 zu Wittenberg mit seinen 95 Thesen dem Papst und der gesamten katholischen Kirche den Kampf angesagt hatte. Luthers Ideen verbreiten sich auch in Brandenburg wie ein Lauffeuer unter allen Ständen. Selbst Joachims Eheweib, eine dänische Prinzesssin, war Protestantin geworden. Woraufhin Joachim von seinen Rechtsgelehrten wissen wollte, ob das ausreiche, seine Frau einmauern zu lassen. Für die Kurfürstin Grund genug, nach Sachsen zu fliehen.

Als „Joachim Nestor“ ist der Fürst in die brandenburgische Geschichte eingegangen. Als Gründer der Universität Frankfurt an der Oder, der Alma Mater Viadrina. 1527 setzte er in seinen Landen ein einheitliches Erb­recht in Kraft, die Constitutio Joachimica. Wie er überhaupt überall verbindliche Rechtsorgane installierte. Das hielt ihn aber 1503 nicht davon ab, die jüdische Bevölkerung aus dem Land zu vertreiben. Mit seiner Duldung verurteilte das Berliner Hochgericht 1510 mehr als 30 Juden zum Tode auf dem Scheiterhaufen.

Ungewöhnlich jung war Joachim zu kurfürstlichen Würden gekommen. Schon mit 15 Jahren übernimmt er die Regierung, anfangs gemeinsam mit seinem zehnjährigen Bruder Albrecht. Der jüngere der beiden schlägt später die Kirchenlaufbahn ein, wird Erzbischof von Magdeburg und Mainz. Als Mainzer Kirchenoberhaupt gehört er ebenfalls zu den Kurfürsten des Reiches. Damit verfügen die brandenburgischen Hohenzollern gleich über zwei Stimmen bei Kaiserwahlen. Das bedeutete eine beträchtliche Machtzunahme für das damals noch völlig unterschätzte Land.

Zu Beginn seiner Regentschaft muss sich Joachim zunächst gegen den oppositionellen Adel durchsetzen. Mit harten Bandagen bekämpft er das Raubrittertum. Zwischen Bodensee und Rügen erhitzt es die Gemüter der gehobenen Stände, als er 1506 70 Wegelager hinrichten lässt, darunter 40 von Adel.

In die Geschichte eingegangen ist die Morddrohung, die damals ein Ritter von Otterstädt mit Kreide an die fürstliche Schlafzimmertür geschrieben haben soll: „Jochimken, Jochimken, hyde dy, Fange wy dy, dann hange wy dy.“ Otterstädt wurde des Hochverrates beschuldigt, zum Tode verurteilt und gevierteilt.

Dagegen ist der Kurfürst allerdings 1535 eines natürlichen Todes gestorben. Ein Jahr zuvor hatte er per Testament seinen Erben aufgetragen, bis auf alle Ewigkeit am katholischen Glauben festzuhalten. Doch schon zwei Jahre später wird dieser Teil seines letzten Willens missachtet und der lutherische Glaube in Brandenburg offiziell eingeführt.

Was allerdings weitaus mehr überraschte, war seine Verfügung, Brandenburg zu teilen, und das entgegen dem Hausgesetz der Hohenzollern. So musste Joachims I. älterer Sohn, Joachim II., seinem Bruder, dem Markgrafen von Brandenburg-Küstrin Johann, aus dem väterlichen Nachlass fast die gesamte Neumark und Teile der Niederlausitz überlassen. Beide Brüder starben 1571 innerhalb weniger Tage. Da Markgraf Johann ohne männliche Erben blieb, konnte der einzige 1571 noch lebende Sohn Joachims II., Kurfürst Johann Georg, wieder über die gesamte Mark Brandenburg regieren.        Karel Chemnitz


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren