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03.07.10 / Steile These, dünn begründet / Neuauflage lässt Zweifel am »jüdischen Bolschewismus« fortbestehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-10 vom 03. Juli 2010

Steile These, dünn begründet
Neuauflage lässt Zweifel am »jüdischen Bolschewismus« fortbestehen

Ein „Mythos“ kann eine „Wahnvorstellung“ oder eine Annahme mit einem „rationalen Kern“ sein, erläutert der Historiker Ernst Nolte in seinem Vorwort zu dem Buch von Johannes Rogalla von Bieberstein, einer „gestrafften“ Neuausgabe des gleichnamigen Werks von 2002. Dieses war indirekt der Auslöser für die damalige Hohmann-Affäre, denn der Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann hatte mehrfach daraus zitiert. Für den 1940 geborenen Rogalla von Bieberstein ist der „jüdische Bolschewismus“ jedoch keine Wahnvorstellung, sondern „ein geschichtsmächtig gewordener politischer Mythos“; seiner Ansicht nach ist der Bolschewismus und/oder Kommunismus „jüdisch“.

Dem Autor bleiben dann nur ein paar Grundfragen, die er zu prüfen und entscheiden versucht: Haben sich die Juden „vorgedrängt“ und so den Bolschewismus „jüdisch“ gemacht, oder wurden sie durch antisemitische Pogrome dem Bolschewismus in die Arme getrieben? Ist der Kommunismus „messianistisch“ und von daher für Juden attraktiv, oder ist er von Anfang an eine „jüdische Weltverschwörung“? Gibt es gar eine „historische Verantwortung und Schuld von Juden“ am Kommunismus, also eine jüdische „Kollektivschuld“? Wandern durch die Geschichte die „Spukgestalten“ des „ewigen Juden“ als Initiator des menschenfeindlichen Bolschewismus und des „ewigen Deutschen“ als Initiator des Holocaust? Sind kommunistische Weltrevolution und „zionistische Erlösung im eigenen Judenstaat“ nicht wesensgleich?

In Deutschland lebten 1933 499682 Juden, von denen gewiss einige kommunistische Spitzenfunktionäre waren, doch sie stellten nur eine Minderheit neben herausragenden jüdischen Medizinern, Juristen und Journalisten, ohne dass jemand auf die Idee gekommen wäre, Medizin, Juristerei, Journalistik als „jüdisch“ hinzustellen. Das könnte man nicht einmal dann, wenn es ein allgemein akzeptiertes Kriterium für „jüdisch“ gäbe, das aber wegen der oszillierenden Natur von Judentum als Nation und Religion aussteht.

Bleibt also der große Zettelkasten mit Hinweisen, wer, wann, wo Juden als genetisch prädestinierte Urheber von Bolschewismus hingestellt hat. Rogalla, „wissenschaftlicher Bibliothekar an der Universität Bielefeld“ (ist er es noch?, die Website der Unibibliothek kennt ihn nicht), hat einen solchen Zettelkasten erstellt und stülpt ihn gnadenlos über dem Leser aus.

Das soll imponieren, tut es aber nicht, weil der Autor eine simple Tatsache ignoriert. Rogalla, laut eigener Aussage einst „research student“ an der Londoner „School of Slavonic and East European Studies“, kennt Osteuropa vermutlich nicht gut genug, weiß kaum etwas über osteuropäische Juden, die als „Aschkenasim“ einst rund 90 Prozent aller Juden der Welt ausmachten. Rogallas Vermutung einer pro-bolschewistischen Affinität von Juden wird schon numerisch widerlegt, denn mit Blick auf die Größe der Gruppe waren dann doch verblüffend wenige Juden in Partei, Armee, Geheimdienst aktiv. Um 1930 lebten in Russland 2,7 Millionen Juden, in Polen 2,9 Millionen, in Rumänien 800000, in Ungarn 445000, in der Tschechoslowakei 357000, die nach der bolschewistischen Revolution von 1917 ständig kollektiv dafür verantwortlich gemacht wurden, dass mit Leo Trotzki, Rudolf Slansky und auch Rosa Luxemburg ein paar Juden mitgeputscht hatten. Wolf Oschlies

Johannes Rogalla von Bieberstein: „Jüdischer Bolschewismus – Mythos & Realität“, Ares Verlag, Graz 2010, gebunden, 312 Seiten, 24,90 Euro


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