24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
10.07.10 / Gefährliches Neuland / Neue Kritik am Euro-Rettungsschirm – Massive Verstöße gegen Europarecht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-10 vom 10. Juli 2010

Gefährliches Neuland
Neue Kritik am Euro-Rettungsschirm – Massive Verstöße gegen Europarecht

Mit Unbehagen blickt die Bundesregierung nach Karlsruhe, wo Verfassungsbeschwerden gegen den Euro-Rettungsschirm anhängig sind. Auf ein neues Gutachten, das die Unzulässigkeit der 148-Milliarden-Aktion untermauert, reagierte Berlin überraschend pikiert.

Das Centrum für Europäische Politik (CEP) in Freiburg ist eine gute Adresse. Das Institut ist die Denkfabrik der „Stiftung Ordnungspolitik“, seinem Kuratorium gehören Persönlichkeiten wie Roman Herzog, Hans Tietmeyer und Frits Bolkestein an.

Gerade weil dem CEP niemand Europa-Skeptizismus nachsagen kann, kommt das neue Gutachten für die Bundesregierung besonders ungelegen. Keineswegs aus Ressentiment gegen Europa, sondern aus einer Kombination juristischer und ordnungspolitischer Argumente kommen die Experten aus Freiburg in einer zwölfseitigen Untersuchung zu einer Absage an den Euro-Rettungsschirm, dessen Deutlichkeit sich gewaschen hat.

Rechtlich unproblematisch seien nur die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) angebotenen Hilfen von bis zu 250 Milliarden Euro für Euro-Staaten in Zahlungsschwierigkeiten. Dagegen verstießen beide Teile des Euro-Rettungspakets, die Hilfe von bis zu 60 Milliarden durch die EU selbst und die von den Euro-Staaten zusätzlich angebotenen bis zu 440 Milliarden Euro, gegen geltendes EU-Recht und teilweise auch gegen das deutsche Grundgesetz.

„Entgegen den Verlautbarungen in der Öffentlichkeit ist der Finanzielle Beistand durch die EU weder auf 60 Milliarden Euro noch auf drei Jahre beschränkt“, kritisiert Autor Thiemo Jeck spitz.

Die entsprechende EU-Verordnung Nr. 407/2010 verstoße gegen das finanzielle Beistandsverbot von Artikel 125 des Lissabon-Vertrages und gegen deutsches Verfassungsrecht, „da der Bundestag, wie im Lissabon-Urteil des Bundesverfassungs- gerichts vorgeschrieben, den deutschen Vertreter im Rat nicht ermächtigt hat, der Verordnung zuzustimmen“. Dies verletze Artikel 38 des Grundgesetzes. Außerdem fehle auch noch die notwendige Zustimmung des Europäischen Parlaments zu dieser Verordnung. Auch der Beistand durch die EU-Staaten über bis zu 440 Milliarden Euro verletze den Lissabon-Vertrag. Dieser für Deutschland teurere Teil des Gesamtpakets zur Euro-Rettung verstoße indes nicht gegen das Grundgesetz, so das CEP (Näheres dazu auf Seite 2).

Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans reagierte überraschend vorsichtig auf die Expertise. „Die Bundesregierung hat stets größten Wert darauf gelegt, eventuelle verfassungsrechtliche Risiken beim Zustandekommen des Euro-Rettungsschirms zu minimieren“, erklärte er. Hier werde allerdings „verfassungsrechtliches Neuland“ betreten, insofern gebe es „wenig Vergleichsmaßstäbe“. Steegmans verwies auf die schwebenden Verfassungsbeschwerden. „Diesen Verfahren selbst kann ich nicht vorgreifen und enthalte mich deshalb auch jeglichen Kommentars.“ (Siehe Kommentar) K. Badenheuer


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren