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10.07.10 / Konflikt um kostbares Erbe / Wien: Leopold-Sammlungen wecken Begehrlichkeiten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-10 vom 10. Juli 2010

Konflikt um kostbares Erbe
Wien: Leopold-Sammlungen wecken Begehrlichkeiten

Der vorige Woche verstorbene Augenarzt Rudolf Leopold galt als international anerkannter Kunstfachmann und war der größte private Sammler Österreichs. Die „Stiftung Leopold“ besitzt über 5000 Werke der Moderne, darunter die weltweit größte Kollektion des Expressionisten Egon Schiele und namhafte Werke von Gustav Klimt, Oskar Kokoschka und Albin Egger-Lienz.

Bereits in den ersten Nachrufen wurde über das weitere Schicksal der Sammlung Besorgnis geäußert. Denn spätestens 2015, wenn auch die anderen noch von Leopold bestellten Stiftungsräte ausscheiden, werden Regierungsvertreter das alleinige Sagen haben. Prompt hat auch die Israelitische Kultusgemeinde, mit der Leopold heftige Kontroversen hatte, das 2003 durch einen Staatsvertrag mit den USA „endgültig“ erledigte, aber trotzdem immer wieder neu aufgerollte Thema „Restitution“ aufs Tapet gebracht. Heiße Debatten sind zu erwarten, weil offenbar nur eine einzige Gruppe von Enteignungsopfern Entschädigungsansprüche hat.

Der 1925 in Wien geborene Rudolf Leopold wird als „besessener Sammler“ beschrieben. Sein Interesse galt anfangs Briefmarken und Schmetterlingen, aber schon während des Studiums begann er, sich intensiv mit Kunst zu befassen. Die ersten Ankäufe ab 1947 hatte der aus einer keineswegs begüterten Familie Stammende noch mit Nachhilfeunterricht finanziert. In den folgenden Jahrzehnten nahm er oft hohe Kredite auf. Auf persönlichen Luxus legte er keinen Wert.

Zugute kam ihm, dass er einen „untrüglichen Instinkt“ für Entwicklungen auf dem Kunstmarkt hatte – und dass in den Nachkriegsjahren vieles sehr billig zu haben war. Als er seinen ersten Schiele ersteigerte, wurde er noch verlacht. Erst eine von ihm 1955 in Amsterdam organisierte Ausstellung machte den 1918 verstorbenen Schiele dann international zum „Renner“.

Die in den folgenden Jahrzehnten ganz unglaublich steigenden Marktpreise hatten aber zur Folge, dass Leopold die Vermögenssteuer nicht mehr verkraften konnte und 1994 die Sammlung mit einem damaligen Schätzwert von umgerechnet 574 Millionen Euro in die „Stiftung Leopold“ einbringen musste. Sie befindet sich seit 2001 im neu errichteten Leopold-Museum im Wiener Museumsquartier. Mit den als Entschädigung vom Staat in Raten erhaltenen 160 Millionen Euro begann Leopold sofort, eine neue Sammlung anzulegen – die Vermögenssteuer war inzwischen abgeschafft worden.

Man kann Leopold zwar keine „bedenklichen Ankäufe“ vorwerfen, aber er hatte auch einige einst „arisierte“ und nach 1945 restituierte Objekte aufgekauft – zu damaligen Preisen. „Opferanwälte“ verlangen daher eine nochmalige Restitution und ließen 1998 sogar mehrere in einer Ausstellung in New York befindlichen Bilder beschlagnahmen. Das „Bildnis Wally“, von Schiele, das Leopold im Tauschweg aus einer Bundessammlung erworben hatte – damaliger Schätzwert 3000 Schilling (!) – wird weiter festgehalten. Ausgang ungewiss. R.G. Kerschhofer


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