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10.07.10 / Das kranke Gesundheitswesen / 250 Milliarden Euro allein an direkten Kosten machen das System unfinanzierbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-10 vom 10. Juli 2010

Das kranke Gesundheitswesen
250 Milliarden Euro allein an direkten Kosten machen das System unfinanzierbar

Die gesetzlichen Krankenkassen stehen – wieder einmal – vor einem Milliardenloch, trotz aller politischen Reparaturversuche, die uns seit Jahren als „Reform“ verkauft werden. Was macht das Gesundheitswesen so teuer? Sind wir Deutschen zu krank, oder ist das System selber der Patient?

Es ist eine schier unendliche Horrorliste. Gezählt wird nur noch in Milliarden, Millionen sind keiner Erwähnung mehr wert, in Hochrechnungen gerät schon die Billion ins Visier. Die Rede ist nicht von den über Jahrzehnten angehäuften Staatsschulden, auch nicht von den zwei Jahres-Kosten der weltweiten Finanzkrise, sondern von den jährlichen Gesundheitskosten in Deutschland.

Allein die Volkskrankheit Diabetes kostet die Krankenkassen jährlich fast 6000 Euro pro Patient. Darin sind aber, wie eine Studie der Universität Köln belegt, nur die direkten Behandlungskosten erfasst; rechnet man die Behandlung der Folgeerkrankungen sowie den volkswirtschaftlichen Schaden durch Arbeitsunfähigkeit oder Frühverrentung hinzu, kommt man auf 60 Milliarden.

Ein weiteres Beispiel: Nach Berechnungen des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts entsteht durch psychische Erkrankungen (zum Beispiel „Burnout“) ein Schaden von über 260 Milliarden Euro – 11,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dagegen nehmen sich die für Diagnose und Behandlung von Arthrose veranschlagten zehn Milliarden fast bescheiden aus.

Die direkten Ausgaben für Gesundheit – ärztliche und pflegerische Leistungen, Medikamente, Krankenhaus und Reha – haben laut Statistischem Bundesamt die Viertel-Billionen-Marke erreicht,  pro Kopf der Bevölkerung über 3000 Euro. Sie verzehren ein Zehntel der erarbeiteten Wirtschaftsleistung. Die Altersgruppe unter 30 begnügt sich mit moderaten 1200 Euro, ein 45-Jähriger kostet bereits fast 3000 Euro, ab 65 gehen die Kosten dramatisch hoch: über 6000 Euro für 65- bis 84-Jährige, nahezu 15000 für die noch Älteren. Die Hälfte der gesamten Krankheitskosten entfällt auf die Bevölkerungsgruppe über 65.

Diese Gruppe nimmt aufgrund der anhaltend negativen demografischen Entwicklung weiter zu. Zugleich verzeichnen kostenintensive Volkskrankheiten wie Diabetes dramatische Zuwachsraten (Verdoppelung innerhalb 20 Jahren).

Bei den Bemühungen, der drohenden Unfinanzierbarkeit des Gesundheitswesens Herr zu werden, verdient ein Hinweis in der Kölner Diabetes-Studie Beachtung: „Hauptkostentreiber sind mit vier Fünftel die vermeidbaren Folge­erkrankungen“, heißt es da.

„Vermeidbar“ sind extrem hohe Krankheitskosten – bei weitem nicht nur bei Diabetes, sondern im gesamten Gesundheitswesen – durch optimierte Behandlung, bessere (nicht unbedingt teurere) Medikamente, verstärkte Früherkennung und Diagnostik. Aber auch durch gesundheitsbewussteres Verhalten der Betroffenen: Der Zuckerkranke, der seine Diät „aber bitte mit Sahne“ versüßt, ist hier ebenso gefragt wie der allzu ehrgeizige Freizeitsportler, der die knochenbrecherischen Folgen von Trainingsrückstand und Selbstüberschätzung der Solidargemeinschaft von Beitrags- und Steuerzahlern aufbürdet, oder der Raucher, der sich von Lungenkrebs und Herzinfarkt-Gefahren nicht seine Kneipengemütlichkeit verderben lässt. Sie und viele andere könnten durch etwas mehr Vernunft und Disziplin mehr als jene elf Milliarden Euro einsparen, die den Krankenkassen derzeit fehlen.

Und wem das als Motivation fürs Nichtrauchen noch nicht reicht, der sei an eine erschütternde Zahl aus der Passivraucher-Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums erinnert: Unter den 3300 Nichtrauchern, die jährlich an den Folgen des Mitrauchens sterben, sind etwa 60 Kinder im ersten Lebensjahr!     H.-J. Mahlitz


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