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10.07.10 / Schimpfen muss man können / So ein Schlubberchen zu viel kann schon für Aufregung sorgen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-10 vom 10. Juli 2010

Schimpfen muss man können
So ein Schlubberchen zu viel kann schon für Aufregung sorgen

Sie waren wohl beide etwas beduselt, denn sie prallten mit einiger Wucht aufeinander, als sie aus zwei sich gegenüberliegenden Gasthäusern kamen, wo es steifen Grog gab und süffigen Bärenfang ebenso. Deshalb lief der Zusammenstoß auch recht glimpflich ab. Ereignet hatte er sich seinerzeit auf dem Marktplatz von Neidenburg, der südlichsten Kreisstadt Ostpreußens.

Der eine war Viehhändler und hörte auf den Namen August Wrobel; der andere hieß Heinrich Doliwa, Besitzer eines ansehnlichen Bauerngutes in dem nahegelegenen Ort Grünfließ. Man sah ihnen an, daß sie es keineswegs nötig hatten, an fester wie auch flüssiger Nahrung zu sparen. Waren somit auch gut gepolstert alle zwei und taten sich deshalb kaum weh bei der unfreiwilligen Kollision.

Dennoch legte dieser August Wrobel – dem anscheinend gerade eine Laus über die Leber lief – sofort empört los: „Wohl ein Schlubberchen zu viel hinter die Binde gegossen, was? Oder hat man keine Glotzerchen im Kopf?“

Heinrich Doliwa, der Agrarier, ließ sich nicht lange lumpen: „Da soll doch gleich Perkunos mit dem Blitz dreinschlagen! Rempelt mich an, so ein dreibastiger Lachodder, und denn soll ich auf einmal schuld sein.“

„Aber jawoll doch“, kam es prompt zurück, „kann nich’ ausweichen, wenn einer kommt, sondern muß drauflosstürmen wie ein dammlicher Pomuchelskopp!“

„Na, so ein Dämlack aber auch“, fauchte sein Kontrahent, „tut mich piesacken, weil er kraucht wie ein Blinder und nich’ achtgibt auf anständige Menschen.“

„Auf Menschen schon“, lautete die Entgegnung, „aber so ein mickriger Gnurpel ist leicht zu übersehen. Stellt ja nich mehr vor als so ein krummgewachsener Kaddig.“

„Wer so was sagt, ist nuscht weiter als ein Schubjak“, ließ sich nun der Viehhändler vernehmen. „Man könnt ihn halten für einen Lorbaß, wo erwachsene Männer ausschämen will.“ Die Worte klangen entrüstet, doch die rötlich angelaufene Nase des Sprechers kräuselte sich belustigt. Natürlich bemerkte das auch der Herr Hofbesitzer und meinte deshalb in versöhnlichem Ton: „Hab’ gedacht, eigentlich noch einen ‚kreetschen Lulatsch‘ loszuschicken. Aber aus reiner Erbarmung werd’ ich das sein lassen.“

„Nuscht einzuwenden“, erklärte Viehhändler Wrobel. „Haben uns doch nu schön ausgesprochen, oder? Und da mein’ ich, sie muss bißchen begossen werden, die neue Bekanntschaft.“

„Das ist mal ein Wort, Mannchen“, stimmte Heinrich Doliwa zu. „Und ich schlage vor zu diesem Zweck den ‚Mühlenkrug“, liegt gleich ums Eck am Marktplatz und schenkt aus einen Rotspon, nach dem sich jeder die Fingerchen leckt.“

August Wrobel nickte nur: „Worauf denn noch warten?“ Und einträchtig setzten sich die gewesenen Kontrahenten in Bewegung, um die erwähnte Restauration anzusteuern.         Heinz Kurt Kays


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