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10.07.10 / 1920 schweißte zusammen / Geschichte des Ostpreußentums

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-10 vom 10. Juli 2010

1920 schweißte zusammen
Geschichte des Ostpreußentums

Robert Traba, polnischer Vorsitzender der deutsch-polnischen Schulbuchkommission und Direktor des Zentrums für Historische Forschungen der polnischen Akademie der Wissenschaften in Berlin, ist einer der Gründer der Kulturgemeinschaft „Borussia“ in Allenstein. Sie ist ein Zusammenschluss jüngerer polnischer Historiker, Soziologen und Literaten, die sich der Aufgabe stellen, die Geschichte und Kultur ihrer Region, nämlich Ostpreußens, mit ihren deutschen, polnischen, litauischen, masurischen und russischen Wurzeln zu erforschen und darzustellen. Sie wollen also weg von den traditionellen nationalen vornehmlich deutschen, polnischen oder litauischen Sichtweisen. Es ist der Ansatz, dem auch der junge deutsche Historiker Andreas Kossert in seinem Buch „Ostpreußen“ folgt. Diesen Hintergrund muss man kennen, um das Buch von Traba einzuordnen. Er wählt den Zeitraum zwischen 1914 und 1933 als entscheidend für die Herausbildung einer regionalen und nationalen Identität der deutschen Bewohner – er verwendet den Begriff „Ostpreußentum“ –, weil russische Invasion und Besatzung 1914, die Volksabstimmung 1920 und die räumliche Trennung vom Reich nach der Wiederherstellung eines polnischen Staates zu bewusstseinsbildenden Faktoren wurden.

Der Autor gliedert seine Arbeit in drei Hauptkapitel. Er beginnt mit der gesellschaftlichen Realität, das heißt den Akteuren, die unter den Eindrücken des Krieges 1914/15, der Niederlage und der Abstimmung sowie der Stärkung des nationalen Bewusstseins der deutschen Bevölkerung und ihrer Anschlussängste gegenüber Polen und LitauernEinfluss hatten. Gerade die Wiederherstellung eines polnischen Staates und die territoriale Trennung vom Reich beförderten diese Befürchtungen. Als Reaktion wurde die Notwendigkeit gesehen, „die Germanisierung in Masuren zu ihrer Vollendung zu führen“. Träger dieser Prozesse seien die politischen Parteien, die Kirchen, Bildungseinrichtungen und Veteranenvereine gewesen.

Ein anderes Kapitel versucht, das Wesen des „Ostpreußentums“ zu ergründen. Traba untersucht hier regionale Literatur. Der dritte Teil behandelt die gesellschaftliche Inszenierung von Ostpreußentum und nationaler Einheit. Hier stehen die Namen Tannenberg und Hindenburg, aber auch der Mythos Deutscher Orden im Mittelpunkt als nationale Symbole für ostpreußischen und auch deutschen Patriotismus. In diesen Rahmen gehörten die Erinnerungsfeiern an die Abstimmung 1920 als identitätsstiftende Elemente in starker Abgrenzung von polnischer Bedrohung. Traba spricht vom mentalen ostpreußischen Phänomen des Nationalsozialismus und begründet das mit den Wahlergebnissen der Wahlen von 1932 und 1933. 

Der Autor hat eine beachtlich große Zahl an Quellen und viel Literatur ausgewertet und in seine Arbeit eingebaut. Seine Darstellungen sind streng wissenschaftlich, überparteilich und neutral. Das Buch ist eine Fundgrube für Informationen über das Pressewesen, die Literatur, die Jugendorganisationen oder die politischen Strömungen in Ostpreußen.    K. Lau

Robert Traba: „Ostpreußen – Eine Studie zur regionalen und nationalen Identität 1914 – 1933“, Fibre, Osnabrück 2010, gebunden, 518 Seiten, 39,80 Euro


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