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17.07.10 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-10 vom 17. Juli 2010

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,     

liebe Familienfreunde,

die große Suche geht weiter, oder sie beginnt sogar jetzt erst, und das hat viele Gründe. Einer von ihnen liegt in dem Schweigen der Angehörigen, die Flucht und Vertreibung nie verarbeiten konnten und darüber nichts mitteilen wollten und deshalb jede Frage nach Heimat und Herkunft blo­ckierten. Bei den Kindern und Enkeln ist sie aber wach geblieben oder auch jetzt erst geweckt worden, aber die Zeit hat viele Spuren verwischt, oder sie sind für die Nachkommen nicht erkennbar. Deshalb wenden sich jetzt zunehmend jüngere Menschen an uns, weil viele unserer Leser noch in der Heimat fest verwurzelt sind und sie das Land und seine Menschen durch ihre Erinnerungen transparent werden lassen. Das hat auch Herr Marco Starick aus Ludwigsburg erkannt, den wir als neuen Leser unserer Zeitung begrüßen dürfen. Der 34-jährige gebürtige Brandenburger liest besonders aufmerksam unsere „Ostpreußische Familie“, da sein Großvater Ostpreuße war. Aber weder er noch sein Bruder erzählten von der Heimat, da sie bei der Okkupation durch die Russen noch Kinder gewesen waren und nicht darüber sprechen wollten. So wendet sich Herr Starick an uns in der Hoffnung, etwas mehr über seine Familie und vor allem über seine Urgroßmutter zu erfahren.

Irgendwie hat ihn ihr Schicksal immer beschäftigt, zumal noch drei Fotos gerettet werden konnten, auf denen sie abgebildet ist.

Sie hieß Anna Link, geborene Engel, *7. Januar 1914 als Tochter des Maschinisten Franz Albert Engel und seiner Frau Berta Auguste geborene Hobucher. Ihr Vater wurde 1881 in Uderwangen geboren und ist wahrscheinlich 1957 in Ostpreußen verstorben. Berta Hobucher, *1884 in Kindschen, lebte im Heimatdorf der Eltern Berneiten, Kreis Ragnit. Marco Starick ist im Besitz der Heiratsurkunde seiner Ururgroßeltern, die am 11. Oktober 1908 auf dem Standesamt Schillenigken (Argenbrück) die Ehe schlossen. Danach wohnte zur Zeit der Heirat Franz Engel in Saussienen, Kreis Friedland. Es ist möglich, dass die Urgroßeltern damals auf dem Gut Lindental arbeiteten und dass ihre Tochter Anna dort geboren wurde. Außer dieser Tochter – Uroma von Herrn Starick – bekam das Ehepaar noch vier weitere Kinder: Gertrud, *1909, verheiratete Neubert, Erich Walter, *1911 in Sendheim, Kreis Tilsit, Erna, *1919, verheiratete Obgartel und Charlotte, *1923 in Szemlauken, verheiratete Müller. Herr Starick hofft, dass er vielleicht aus diesem Personenkreis noch entfernte Verwandte findet, um über die Familie Engel etwas zu erfahren.

Nun aber zu ihr selber, der Uroma Anna Link. Sie heiratete Martin Ferdinand Link, *15. September 1910 in Wesselshöfen. Das Ehepaar lebte in Wackern, Kreis Preußisch Eylau. Sie bekamen drei Söhne, der älteste Oskar, *1935 in Prilacken, Kreis Samland, ist der Großvater von Herrn Starick. Als der Ferdinand Link 1941 zur Wehrmacht einberufen wurde, blieb die Mutter mit ihren drei Söhnen in Wackern und ging mit ihnen zusammen auf die Flucht. Sie wollte dann doch wieder in ihren Wohnort zurückkehren, aber bis dahin sind sie nicht gekommen, der Russe holte sie ein. Anna Link muss dann mit ihren Kindern in irgendeinem unbekannten Ort gehaust haben. Ihr jüngster Sohn Arno, *1943, soll bereits zwei Jahre später verstorben sein. Im Winter 1946/47 verhungerte die Mutter. Ihr damals achtjähriger Sohn Gerhard hat später seinem Großneffen erzählt, dass die Verstorbene an einem Waldrand abgelegt und mit Steinen und Ästen bedeckt wurde, da der Boden wie Stein gefroren war. Die Brüder flohen dann alleine weiter, verloren sich jedoch. Während Oskar in ein russisches Kinderheim in Ost-Berlin kam, erreichte Gerhard Verwandte im Raum Rotenburg/Wümme. Sie fanden sich später wieder, lebten jedoch durch die innerdeutsche Grenze getrennt, so dass ein Kontakt nur bedingt möglich war. So hat Herr Starick auch erst spät etwas über seine mütterliche Familie erkunden können und wäre nun froh, wenn er mehr erfahren würde. (Marco Starick, Schönbeinstraße 28 in 71636 Ludwigsburg, Telefon 07141/9791583, E-Mail: Marko.Starick@freenet.de)

Familiengeschichten sind für den Außenstehenden immer kompliziert und die für unsere Ostpreußische Familie bestimmten ganz besonders, weil der Wechsel der Ortsnamen seit dem Ersten Weltkrieg die Sache noch komplizierter macht. Das betrifft besonders die Ortsnamen aus der Provinz Posen, wo manche Orte im Laufe der Zeit fünfmal den Namen wechseln mussten! Aber unsere eifrigen Leser helfen gerne und gut, und so konnte sich auch Frau Heidi-Huberta Baldauf aus Chemnitz freuen, die auf keiner Landkarte den Geburtsort ihrer Großmutter – Bodzanowo – finden konnte, aber nun weiß, dass dieser im Gouvernement Plock im damaligen Russisch-Polen liegt, etwa 40 Kilometer südlich von Thorn. Ganz besonders danke ich dem Landeskulturwart der Landesgruppe Bayern der Ost- und Westpreußen, Herrn Rainer Claassen, der in seinem ausführlichen Schreiben auf die detailgenaue Karte PL 005 (Höfer-Verlag) hinwies, auf der dieser Ort verzeichnet ist, die auch über den Preußischen Mediendienst zu beziehen ist. Herr Dr. Hans-Dietrich Nikolaisen, Büsum, benutzte als Quelle Ritters Geographisch-statistisches Lexikon von 1874! Und ein klärender Anruf erreichte mich sogar aus Bozen – allen Helfern meinen herzlichen Dank! Dass es leider mit der angegebenen Telefonnummer nicht geklappt hat, bitte ich zu entschuldigen. Sie war leider in dem Schreiben nicht vermerkt – lediglich handgeschrieben auf dem Briefumschlag. Deshalb bitte ich immer: Anschrift und Telefonnummer unbedingt im Briefkopf angeben, auch auf jeder E-Mail vermerken. Ich muss bei fast allen Suchwünschen nachfragen, und das geschieht am besten in einem direkten Gespräch.

Auch bei der nächsten Familiengeschichte musste ich mich zuerst einmal durch eine ganze Reihe von Namen und Ortsangaben durchackern, und erst ein persönliches Gespräch brachte Klarheit über den einzuschlagenden Suchweg: Er führt nach Ost- wie nach Westpreußen, denn von dort stammen die Großeltern von Frau Petra Wollherr aus Zschorlau. Die Sache ist deshalb so schwierig, weil ihr Großvater staatenlos gewesen sein soll und den Namen seiner späteren Frau annahm. Aber schön der Reihe nach. Die Großmutter Ida geborene Longwitz/Sokolowski, *1. Juni 1903 in Monethen, Kreis Johannisburg, nannte sich mit dem zweiten Namen, der wahrscheinlich durch die Heirat ihrer Mutter zustande kam, denn auch ihr Bruder Fritz hieß Sokolowski. Die unverheiratete Frau wohnte mit ihrer Mutter zusammen und soll bei einem Pfarrer gearbeitet haben. 1923 gebar die 20-Jährige ihren ersten Sohn Walter in Andreaswalde, der Vater ist unbekannt. Ob sie da schon mit Eduard Moiszinski zusammenlebte, ist nicht mehr feststellbar. Der Mann wurde auf dem Vorwerk Lipno, Gemeinde Laskowitz, Kreis Schwetz in Westpreußen geboren und muss nach dem Ersten Welkrieg anscheinend ohne Papiere nach Ostpreußen gekommen sein. Er nahm, nachdem er mit Ida Sokolowski „zusammengeschrieben“ wurde, ihren Namen an. Da Eduard Sokolowski als Wanderschmied arbeitete und die ständig wachsende Familie mitzog, haben ihre gemeinsamen sieben Kinder verschiedene Geburtsorte, an denen man den Wanderweg verfolgen kann: Irmgard, *1928 in Kröstenwerder, Kreis Lyck, Edeltraud und Eduard, *1931 beziehungsweise *1933 in Lyck, Alfred und Ernst, *1937 beziehungsweise *1939 in Eliesental, Bruno, *1940 in Stradaunen, sowie Rosemarie, *1942 in Glinken, Kreis Lyck.

Die Flucht ging dann von Allenstein aus, wo Frau Sokolowski anscheinend zuletzt wohnte. Ihr Mann war an der Front, nachdem er russischen Zwangsarbeitern, die er bewachen sollte, zur Flucht verholfen hatte. Er entging einer Bestrafung, da die Lage sich zuspitzte und er zum Volkssturm eingezogen wurde. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Da er fließend Russisch und Polnisch sprach, könnte er sich irgendwie durchgeschlagen haben, aber wahrscheinlich hat er das Kriegsende nicht überlebt. Die Mutter kam mit ihren acht Kindern und einem mitgenommenen Jungen, der verloren auf dem Allensteiner Bahnhof stand und von dem nur der Vorname – Lothar – bekannt ist, nach einem ersten missglück­ten Fluchtversuch im Westen an und fand im meck­len­burgischen Letzin Aufnahme. Ida Sokolowski verstarb 1977 in Wolde. Frau Wollherr sucht nun nach Verwandten, von denen einige nach der ersten missglückten Flucht in Masuren verblieben, sowie ehemaligen Bekannten und Fluchtgefährten der Familie Sokolowski, um die Lebensgeschichte ihrer Großmutter und die Herkunft der Familie zu erhellen. Über die väterliche Familie Moiszinski, die wahrscheinlich aus Westpreußen stammte, ist nur bekannt, dass Eduard noch neun Brüder – einer soll Opernsänger gewesen sein – und eine Schwester hatte. Vielleicht findet sich dieser oder jener Hinweis, die Enkelin würde sich freuen. (Petra Wollherr, August-Bebel-Straße 4 in 08321 Zschorlau, Telefon 03771/722040.)

Gegenüber solch einer komplizierten Familiengeschichte ist die Suchfrage von Frau Angelika Gennies aus Rostock geradezu ein Leichtgewicht: Gut und verständlich vorgetragen mit klaren Fakten und korrekt formuliertem Suchwunsch. Frau Gennies sucht die Nachfahren der Schwester ihres Schwiegervaters, dessen Schick­sal erst jetzt geklärt werden konnte. Dieser Georg (Jurgis) Gennies, *16. November 1907 in Kuhlen, wurde von seinen Angehörigen schon zu DDR-Zeiten gesucht. Nun nach 65 Jahren erhielt die Familie die Nachricht, dass in einem Kameradengrab ein unbekannter Soldat gefunden wurde. An Hand der Erkennungsmarke konnte man ihn als Georg Gennies identifizieren. Er ist Anfang März 1945 in Polen gefallen. Inzwischen wurde er auf den Soldatenfriedhof in Stettin umgebettet. Frau Gennies schreibt:

„Von Georgs Familie wissen wir so gut wie nichts. Aus den Suchunterlagen wissen wir, dass ihn seine Schwester Anna (Annicke) Luckau geborene Gennies, *1899 in Kuhlen, gesucht hat. Sie verstarb am 15. Juni 1961, leider durfte man uns aus Datenschutzgründen keinen Sterbeort mitteilen! Suchanträge nach ihr und den nächsten Familienangehörigen – sie hatte noch eine Schwester Maria oder Marie – haben nichts gebracht.“

Da bleibt eben nur noch unsere Ostpreußische Familie. Also fragen wir: Wer kannte Anna Luckau geborene Gennies, kann ihren Sterbeort nennen, weiß etwas über ihre Angehörigen, zu denen auch die Schwester Marie geborene Gennies, und deren Nachkommen zählen? Kuhlen liegt im Memelgebiet, 16 Kilometer östlich von Memel an der Minge. Der Ort bestand aus mehreren großen Höfen. Vielleicht erinnern sich noch ehemalige Nachbarn an die Familie Gennies? Wahrscheinlich erhielten die litauischen Vornamen nach der Rückgliederung in das Deutsche Reich 1939 die deutsche Version. „Ich wäre dankbar, wenn dieser weiße Fleck in der Familiengeschichte endlich gelöscht werden könnte“, beendet Frau Angelika Gennies ihre Suchfrage. Helfen wir ihr dabei! (Angelika Gennies, Stephan-Jantzen-Ring 41 in 18106 Rostock, Telefon 0381/1208924.)

Das wär‘s für heute. Eine Fülle von Namen, Daten, vagen Erinnerungen und damit verbundenen Schicksalen. Vielleicht lässt sich einiges klären. Wir hoffen es.

Eure Ruth Geede


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