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17.07.10 / Schrilles Glaubensbekenntnis / Nina Hagen über ihren Weg zu Jesus – Zeitreise in die DDR der 70er Jahre

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-10 vom 17. Juli 2010

Schrilles Glaubensbekenntnis
Nina Hagen über ihren Weg zu Jesus – Zeitreise in die DDR der 70er Jahre

In den schrillsten Klamotten haben wir sie gesehen, seit Jahren trägt sie die Haare tiefschwarz gefärbt, ihr Gesicht ist immer auffallend grell geschminkt und ihre tiefe Stimme mit dem rollenden „R“ ist ihr Markenzeichen: Die Rede ist von Nina Hagen. In ihrer Autobiographie „Bekenntnisse“ offenbart Hagen dem Leser ihr wahres Ich. So sieht sich die einstige Rebellin gegen die Zensur der DDR seit ihrer Taufe im letzten Jahr auch als gläubige Christin. Wobei sie betont, dass sie das nicht erst seit ihrer Taufe sei, sondern eigentlich schon ihr ganzes Leben lang, nur sei ihr das bis dato nicht bewusst gewesen. Aber dafür scheint es ihr heute umso bewusster zu sein, denn kaum eine Seite vergeht in dieser Autobiographie, auf der die Hagen nicht die Bibel zitiert oder Gott und Jesus preist.

So schön es auch sein mag, dass die 1955 in Ost-Berlin geborene Nina Hagen nach so vielen Jahren der Suche endlich an ihr Ziel gelangt zu sein scheint, ihr über vier Jahrzehnte andauernder geistlicher Werdegang ist leider nicht halb so spannend wie die andere Seite ihres Lebens. So stellt sie anhand mehrerer Anekdoten dar, dass sie sich von nichts und niemandem reinreden ließ, wenn ihr etwas gegen den Strich ging. So geschehen 1975, als sie und ihre Band zu Werbezwecken aufgrund ihres Hits „Du hast den Farbfilm vergessen“ in die Farbfilme produzierende Firma VEB ORWO nach Bitterfeld eingeladen wurden.

„Man sah es den Leuten förmlich an, wie ungesund ihr Arbeitsplatz war. Das Gift der Chemikalien hatte ihre Haut verändert und ihren Augen einen kranken Ausdruck verliehen … Für ganze 500 Mark ruinierten diese Menschen also ihre Gesundheit! … ,Für so’ne Sklaventreiber mach ick keene Reklame! … Dett is Ausbeutung, Herr Parteisekretär!‘, schrie ich quer durch die Halle. ,Schlimmer wie im Kapitalismus!‘ Weg war ich. Ganz starker Abgang!“ Nina Hagens „Bekenntnisse“ sind eine Zeitreise zurück in die 60er und 70er Jahre der DDR, in die Welt von kitschigen, die Wahrheit übertünchenden Schlagertexten, in eine Zeit, in der viele Bürger der DDR versuchten, ihrer Persönlichkeit und Individualität durch Westmode Ausdruck zu verleihen.

Am Ende des Buches sind dem Leser zwei Dinge klar geworden. Erstens Nina Hagen war, ist und wird auch immer eine schrille, abgedrehte Person bleiben, die sich in kein Schema pressen lässt. Und zweitens Nina Hagen hat den Glauben an Jesus Christus gefunden, aber dieses Buch ist kein verzweifelter Missionierungsversuch, um die noch „Ungläubigen“ zum christlichen Glauben zu bekehren, sondern Ausdruck ihrer extrovertierten, mitteilsamen Persönlichkeit. Einer Persönlichkeit, die sich auch schon auf den in der Autobiographie abgedruckten Kinder- und Teenagerfotos erkennen lässt.   Vanessa Ney

Nina Hagen: „Bekenntnisse“ Pattloch Verlag, München 2010, mit zahlreichen Abbildungen, gebunden, 289 Seiten, 18 Euro


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