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24.07.10 / Im Niemandsland / Der Hammer von Hamburg: Die CDU wurde von ihren eigenen Wähler besiegt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-10 vom 24. Juli 2010

Im Niemandsland
Der Hammer von Hamburg: Die CDU wurde von ihren eigenen Wähler besiegt

Die Entfremdung zwischen Bürgern und Politik hat dramatische Ausmaße angenommen – woran die Bürger nicht unschuldig sind.

Mit dem Hamburger Volksentscheid hat sich etwas offenbart, dessen Sprengkraft weit über das Feld der Schulpolitik hinausreicht. Selbst in Ländern mit langer Tradition in direkter Demokratie hat es Seltenheitswert, dass sich ein Bürgerbündnis durchsetzt gegen die versammelte Front aller Parlamentsparteien. Für gewöhnlich stellt sich eine starke parlamentarische Minderheit an die Spitze der Initiative wie zuletzt die Schweizerische Volkspartei (SVP) beim weltweit registrierten Verbot von Minarett-Bauten.

Anders in Hamburg: Hier waren die Bürger gegen eine Einheitsfront angetreten, die von der CDU bis ins kommunistische Lager reicht. Allein die kleine, chronisch zerstrittene und nicht im Landesparlament vertretene Hamburger FDP hatte sich auf die Seite der Volksinitiative gestellt.

Krasser konnte die Entfremdung der politischen Klasse von weiten Teilen des Volkes kaum ins Licht gestellt werden. Am härtesten trifft es die CDU. Das von Angela Merkel aktiv   vorangetriebene Projekt der nach links geöffneten, „modernen Großstadtpartei“, für das Hamburgs Ole von Beust beispielhaft stand, erscheint plötzlich als Dame ohne Unterleib. Die von Trendforschern und Demoskopen entworfene „neue“ CDU hat die Partei in ein Niemandsland geführt: Die erhofften neuen Wählerschichten scharen sich nun erst recht um die schwarz-grün veredelten Grünalternativen, die alten Stammwähler gehen ihre eigenen Wege. Und das, wie sich zeigt, mit einiger Entschlossenheit.

Doch wäre es zu billig, die Schuld für die Entfremdung von Volk und Volksvertretern allein auf das Konto der Volksvertreter zu buchen. Auch die Hamburger (und mit ihnen alle Deutschen, die sich von „denen da oben“ nicht mehr vertreten fühlen) müssen sich fragen lassen, wie ihnen ihre eigenen Parlamente derart entgleiten konnten.

276000 Stimmen, das entspräche mit gewöhnlicher Wahlbeteiligung bei einer Hamburger Landtagswahl rund 30 Prozent. Der Erfolg der Volksinitiative entlarvt die Behauptung, dass die Bürger gegen ein sogenanntes „Parteienkartell“ sowieso nichts ausrichten könnten, als Ausrede.

Die Bürger müssen sich entscheiden: Wollen sie nur für spezielle Anliegen, wie etwa in der Schulpolitik, punktuell aktiv werden, oder sind sie bereit, den Weg in die demokratische Teilhabe konsequent weiterzugehen. Hamburg hat schon zwei Versuche hinter sich, zuletzt mit der „Schill-Partei“, die als traurige Farce endete.

Die CDU hat den Warnschuss, der von den fast 20 Prozent für Ronald Schill 2001 ausging, offenkundig überhört. Sonst wäre ihr dieses Desaster erspart geblieben. Die engagierten Bürger, die jetzt siegreich aus der Abstimmung gingen, sollten nicht einfach nach Hause gehen. Sie haben ein Vakuum aufgezeigt, das nur sie füllen können. Hans Heckel


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