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31.07.10 / Wer wo was zu sagen hat... / Nur in wenigen Ländern darf das Volk direkt mitregieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-10 vom 31. Juli 2010

Wer wo was zu sagen hat...
Nur in wenigen Ländern darf das Volk direkt mitregieren

Die Schweiz wird zu Recht als das Musterland der direkten Demokratie gerühmt. Im Schnitt viermal im Jahr gehen die Eidgenossen an die Urnen, um Entscheidungen auf kommunaler, kantonaler oder Bundesebene zu treffen. Die Initiative kann von Parteien, einzelnen Parlamentariern, der Exekutive auf allen Ebenen oder auch von den Bürgern selber ausgehen. Es zählt die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, die Wahlbeteiligung, meist zwischen 30 und 45 Prozent, spielt keine Rolle. Weltweites Aufsehen hatte zuletzt das Referendum erlangt, das den Bau von Minaretten untersagte.

Direkte Demokratie in Reinkultur praktizieren außer den Schweizern nur die Liechtensteiner. Recht fortschrittlich in Sachen Volksentscheid präsentieren sich auch Dänemark, Irland, Italien, Lettland, Litauen, die Slowakei und Slowenien; hier haben die Bürger wenigstens begrenzte Möglichkeiten, den Regierenden auch zwischen den Wahlterminen ihren Willen aufzunötigen. Wichtig: Sie können auch gegen die Staatsorgane ein Referendum erzwingen.

Deutlich vorsichtiger gehen Frankreich, Norwegen, Österreich, Schweden, Spanien und Ungarn zu Werke: In diesen Ländern darf das Volk nur über Fragen abstimmen, die ihm von Regierung oder Parlament gnädigst vorgelegt werden, können aber nicht selber initiativ werden.

Die Bundesrepublik Deutschland befindet sich, was die höchste staatliche Ebene betrifft, eher im Kreise der Ängstlichen: Auch in Belgien, Estland, Finnland, Griechenland, Großbritannien, Island, Luxemburg, Polen und der Tschechischen Republik wird bislang ein Ausbau der direkten Demokratie strikt vermieden.

In Bulgarien, Malta, Portugal und Rumänien beginnt gerade erst ein vorsichtige Debatte über eine eventuelle Beteiligung des Volkes an politischen Entscheidungen. Noch weiter zurück liegen die Türkei und Zypern: Hier ist direkte Demokratie überhaupt kein Thema, wie eine Untersuchung der Bundeszentrale für politische Bildung ergab.

Die nicht nur sprachliche Heimat der Demokratie ist das antike Griechenland. Schon um 600 v. Chr. hatte der Dichter und Staatsmann Solon die Mitspracherechte der Athener Bürger in einer Verfassung verankert und darüber gedichtet: „So viel Teil an der Macht, als genug ist, gab ich dem Volke/nahm an Berechtigung ihm nichts, noch gewährt’ ich zu viel.“ Ein Jahrhundert später wurden mit den Reformen des Kleisthenes die demokratischen Strukturen Athens verfestigt: Die Volksversammlung traf alle wichtigen Grundsatzentscheidungen und wählte die Staatsbeamten. Seine höchste Blüte erlebte das demokratische System des attischen Stadtstaates unter Perikles.

Auch Rom kannte schon früh demokratische Strukturen. 471 v. Chr. wurde das Amt der Volkstribunen eingerichtet. Ab 287 v. Chr. erlangten Beschlüsse der Volksversammlung Gesetzeskraft. Diese Beschlüsse hießen auf Lateinisch plebiscitum – zu Deutsch Plebiszit!   H.J.M.


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