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31.07.10 / Der Königin Luise schöne Kleider / Eine Ausstellung in Schloss Paretz zeigt ein Modepanorama der Epoche um 1800 – Authentische Exponate

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-10 vom 31. Juli 2010

Der Königin Luise schöne Kleider
Eine Ausstellung in Schloss Paretz zeigt ein Modepanorama der Epoche um 1800 – Authentische Exponate

Eine Ausstellung der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) präsentiert erstmals den erhaltenen Kleiderbestand der Königin Luise. Anlass ist der 200. Todestag der beliebten Monarchin.

Die Ausstellung in den ehemals königlichen Wohnräumen in Schloss Paretz erlangt nicht zuletzt auch durch den Ort Authentizität. Entfaltet wird ein glanzvolles Mode-Spektrum des Zeitalters, in dem sich Klassizismus und Empire ein Stelldichein geben.

Für viele Frauen ist die Beschäftigung mit Fragen der Mode und der Kosmetik heutzutage selbstverständlich. Kaum eine Illustrierte, die sich nicht dieser Themen annimmt. Modells und Popstars werden von jungen Mädchen als Vorbilder genommen. Für die Zeit um 1800 kam der Königin Luise diese Leitbildfunktion zu. Als schöne junge Frau wirkte sie in allen Belangen der Garderobe und der äußeren Erscheinung als Vorbild. Maler haben diese Rolle in zahlreichen Porträts inszeniert und verbreitet. Die Ausstellung dokumentiert die Rolle der populären „Schönheitskönigin“ Luise nicht nur anhand originaler Kleider und Accessoires, sondern auch über zahlreiche neue, für die Schau erstmals ausgewertete Quellen. Handgeschriebene Listen, zu Inventarbüchern gebunden, verzeichnen in preußisch-akribischer Manier sämtliche Kleider, Roben, Pelze, Chemisen und Hüte der Monarchin. So sind das Aussteuer-inventar von 1793, das Nachlass-inventar von 1810, das Schatullbuch der Badereise Luises nach Bad Pyrmont und Rechnungen französischer Luxushändler erhalten. Apropos Rechnungen: Guter Geschmack ist nicht preiswert. Luise verfügte über ein „Nadelgeld“ von 200 Friedrichsdor (1000 Talern) monatlich. Das schien ihr jedoch zu knapp bemessen, so dass sie 1802 ihren Gatten Friedrich Wilhelm um weitere 1000 Taler bat. Zu Luises Ehrenrettung muss allerdings bemerkt werden, dass von diesen 1000 Talern sie nicht nur ihre Garderobe und Kosmetik bezahlen musste, sondern auch Pensionen, Geschenke und Almosen. Und doch lebten Tuch- und Seidenhändler, Hut- und Handschuhmacher nicht schlecht.

Luise war eine begeisterte Leserin der damals einschlägigen Literatur, so gehörte neben der englischen Zeitschrift „Gallery of Fashion“ auch das in Weimar herausgegebene „Journal des Luxus und der Moden“ zu ihrer Lektüre. Dort fand sie ihre Anregungen, die an die Schneider und Tuchmacher weitergegeben wurden. Es gab kaum ein modisches Detail, auf das die Königin nicht Einfluss nahm, sie zeichnete sogar selbst das eine oder andere Muster, nach dem dann gestickt wurde. Dass sie jedoch die Mode des Kinntuchs „erfand“, wird bezweifelt. Sie hatte das Tuch benutzt, um eine Schwellung am Hals zu verdecken. Da Johann Gottfried Schadow die Kronprinzessin aber 1795 mit eben diesem Kopfputz in seinem berühmt gewordenen Doppelstandbild Luise und Friederike dargestellt hatte, ahmte die Damenwelt diese Mode bald nach. Doch schon drei Jahre zuvor war im „Journal des Luxus und der Moden“ von diesem Kinntuch zu lesen.

Luises zeitweilig in Paris lebenden Geschwister Therese und Georg hielten sie ebenfalls in Sachen Mode auf dem Laufenden. Die Einkäufe erledigte die Frau des preußischen Gesandten Lucchesini und durch berittene Eilpost ließ sie diese nach Berlin und später sogar ins königliche Exil nach Königsberg bringen. In Kriegszeiten eine gewiss nicht unerhebliche Belastung. Luise war aber auch in der glücklichen Lage, wunderschöne Kleider und Pelze geschenkt zu erhalten. „Ich packe aus, finde 12 Hüte und Bonnets, einen Karton voll Blumen und einen Karton mit einem Spitzenkleid von ungeheurem Wert, ein schwarzes Spitzenkleid und ein Ballkleid in Stahl gestickt, pompös“, freute sie sich, als sie 1803 eine Sendung aus Paris erhielt. Absenderin war keine andere als Josephine de Beauharnais, Gemahlin des Kaisers Napoleon. Ob sie ahnte, dass sich hinter dem Geschenk die Absicht verbarg, von den militärischen Plänen Frankreichs abzulenken? Als Luise 1807 in Tilsit auf Napoleon trifft und um gnädige Friedensbedingungen für Preußen bittet, hat der Korse nichts anderes im Sinn, als die Monarchin aus dem Konzept zu bringen und sie nach dem Stoff zu fragen, aus dem ihr Kleid geschneidert war.

Auch von der russischen Zarenfamilie erhielt Luise kostbare Kleider geschenkt – weiche Kaschmirschals, edle Brokate und feinste Spitzen, Juwelen und Pelze waren Ausdruck herzlicher Freundschaft. Luise liebte es sonst zu Hause ungezwungen, dazu gehörte ein „Morgenanzug von lila Seide“, eine durchaus angebrachte Bekleidung, wenn Verwandte zugegen waren. Als im Juni 1802 jedoch Zar Alexander I. in Memel, dem damaligen Exil der königlichen Familie, Luise die Aufwartung machen wollte, traf sie es völlig unvorbereitet: „Um 9 Uhr lag ich in Nachtmütze und Schlafrock auf meinem Sofa ausgestreckt. Plötzlich tritt der Kaiser ein, hinter dem König; ich war in äußerster Verlegenheit, aber er ist so nachsichtig, dass er den Mangel an Toilette nicht übel nahm.“

Eben dieser lila Morgenrock ist in Paretz zu sehen, wenn er auch im Lauf der Jahrhunderte an Farbe verloren hat. Dennoch ist es erstaunlich, dass viele der Originalkleider noch so gut erhalten sind. Von dem Seidentuch, dass Luise getragen hat und dass Fried-rich Wilhelm III. nach dem Tod seiner Frau auf den Altar der Paretzer Kirche gelegt hatte, sind nur noch Fragmente erhalten. Erschütternd ist der Anblick des Traurings der Königin, ein schlichter Goldreif, der durch eben diese Schlichtheit rührt.

Es ist diese Faszination des Originals, die von den über 250 Exponaten ausgeht. „Den Gegenständen wohnt der große Zauber von ,Berührungsreliqien‘ inne, der durch keine noch so geglückte Reproduktion zu ersetzen ist“, schreibt Bärbel Hedinger, eine der Kuratorinnen der Ausstellung, im Katalog, der zu einem kurzweiligen Lesebuch über Königin Luise geworden ist.          Silke Osman

Die Ausstellung „Luise. Die Kleider der Königin“, ist in Schloss Paretz vom 31. Juli bis 31. Oktober dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr zu sehen, Eintritt 7/5 Euro. Katalog, hrsg. von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Hirmer Verlag, München 2010, 288 Seiten, gebunden, 34,90 Euro.


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