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31.07.10 / In der Freiheit gefangen / Minderwertigkeitskomplex macht Mann zum Mörder

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-10 vom 31. Juli 2010

In der Freiheit gefangen
Minderwertigkeitskomplex macht Mann zum Mörder

Nach den in 18 Sprachen übersetzten Romanen „Schlaflos“ und „Die Liste der Lügen“ präsentiert die gebürtige Britin und studierte Juristin M. J. Hyland nun ihren dritten Roman „Wie ein Mord geschieht“. Ebenso wie bei Hylands vorhergehenden Romanen steht bei „Wie ein Mord geschieht“ ein junger Erwachsener im Mittelpunkt des Geschehens.

Patrick ist ein sehr talentierter Kfz-Mechaniker. Da er klug ist und über eine schnelle Auffassungsgabe verfügt, hätte er auch studieren können. Wäre da nicht noch folgende, sein Wesen und sein Auftreten prägende Charaktereigenschaft. Patrick ist unsicher, dadurch häufig verkrampft im Umgang mit anderen Menschen. Stets befürchtet er, sie könnten sich für etwas Besseres halten.

Als seine Freundin die Beziehung beendet, versucht Patrick, 100 Meilen von seiner Heimat entfernt in einem kleinen Küstenort ein neues Leben zu beginnen. Er bezieht zunächst ein Zimmer in einer netten kleinen Pension, deren junge Wirtin, Bridget, ihm gleich recht gut gefällt. Außer ihm sind noch zwei weitere junge Männer zu Gast in der Pension, Shaun Flindall und Ian Welkin. Von deren locker-lässigen Art und Auftreten eingeschüchtert, bleibt Patrick zunächst auf Distanz. Er fühlt sich zurückgestoßen, obwohl er selbst es ist, der sich ausgrenzt.

Patricks Minderwertigkeitsgefühle steigern sich ab dem ersten Tag in der Pension in schwindelnde Höhen. Der junge Mann vergleicht sich zwanghaft mit den oberflächlichen Lebemännern Shaun und Ian. Er scheint sich nicht entscheiden zu können, ob er ihre Oberflächlichkeit verabscheut, bewundert oder sie insgeheim sogar darum beneidet.

Als sich dann noch der in Aussicht gestellte, vermeintlich sichere Job in einer Autowerkstatt als Teilzeitstelle entpuppt, fixiert Patrick sich noch stärker darauf, bei der Pensionswirtin Bridget zu landen, doch stattdessen erliegt sie Ians Flirtkünsten. Diese Schmach gärt in Patrick.

Als er nachts ein Werkzeug aus seinem heißgeliebten Werkzeugkasten vermisst, stürzt er in blinder Wut in Ians Zimmer und versetzt dem Schlafenden mit einem Schraubenschlüssel einen Schlag an die Schläfe. Dieser erleidet bedingt durch den Schlag und die hohe Blutalkoholkonzentration eine Gehirnblutung und stirbt. Und plötzlich ist genau das in Gefahr, was Patrick bisher in seiner ich-bezogenen durch Komplexe verursachten Verblendung als so selbstverständlich und wertlos erschien: seine Freiheit.

M. J. Hylands „Wie ein Mord geschieht“ ist ein psychologisch äußerst komplexer und anspruchsvoller Roman. Denn erst im Gefängnis, wo an jeder Ecke tatsächlich Bedrohungen und Gefahren lauern, beginnt sich Patrick emotional zu öffnen, andere Dinge und Menschen außer sich selbst wahrzunehmen und seinen bisher starren Blickwinkel auf das Leben zu erweitern.

Erst gegen Ende des Buches wird dem Leser bewusst, dass die Palette an Emotionen und Gefühlen in der zweiten Hälfte des Buches, die nahezu ausschließlich im Gefängnis, in einer Knastzelle spielt, deutlich breiter gefächert ist als zu Beginn des Buches, wo Patrick sich frei bewegen kann. Vanessa Ney

M. J. Hyland: „Wie ein Mord geschieht“, Piper Verlag, München 2010, geb., 390 Seiten, 19,95 Euro


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