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07.08.10 / Mülltrennung vor Sicherheit / Bundeswehrsoldaten kritisieren Prioritätensetzung im Verteidigungsministerium

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-10 vom 07. August 2010

Mülltrennung vor Sicherheit
Bundeswehrsoldaten kritisieren Prioritätensetzung im Verteidigungsministerium

Ungewohnt sensibel reagierte der ansonsten wegen seiner realistischen Einschätzungen und offenen Worte bei der Truppe so beliebte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg auf die Kritik an den Ausrüstungsmängeln bei der Bundeswehr. Wenige Tage später allerdings war er wieder ganz der Alte. Bei einem Truppenbesuch in Burg in Sachsen-Anhalt dankte er für die „klaren Worte und Hinweise“, auf die er wegen der „manchmal zu langen Wege“ in seinem Ministerium angewiesen sei. Die Soldaten beklagen, dass bürokratische Hindernisse ihre Sicherheit gefährden würden. Beispielsweise würden dringend benötigte Fahrzeuge nicht eingeführt, weil sie nicht den deutschen Zulassungsnormen entsprächen. Sie hätten aber lieber etwas weniger Stehhöhe in ihrem Fahrzeug und dafür mehr Schutz vor Minen und Sprengkörpern. Dem Logistikregiment in Burg, das für die Instandsetzung von Einsatzfahrzeugen, Nachschub und Materialtransporte zuständig ist, fehlen Lkw, Kranwagen, Tankfahrzeuge und Containerstapler. Seine Soldaten, die demnächst nach Afghanistan gehen, bemängeln, dass sie erst im Einsatzland an dort verwendeten Waffen und Gerät ausgebildet würden. Durch den hohen Material- und Munitionsverbrauch im Einsatz fehle es in der Heimat an Ausbildungsmitteln. Freimütig räumt der Minister dazu ein: „Wir sind unterfinanziert und nicht entsprechend ausgerüstet. Wir müssen besser werden.“ Leere Kassen lassen die Soldaten aber ebenso wenig als Argument für Ausrüstungsmängel gelten wie die nicht einsatztauglichen Vorschriften. Schließlich geht es um ihre Gesundheit und ihr Leben. Doch das Ministerium macht ihnen wenig Hoffnung: „Die Zulassungsnormen sind verbindlich. Eine bundeswehrspezifische Norm unterhalb dieser Vorschriften wird es nicht geben.“ Im Klartext heißt das, Bürokratie hat weiter Vorrang vor Sicherheit. Kein Verständnis haben die Soldaten auch dafür, dass nach Jahren im Einsatz noch immer bei den Unterkünften und der Verpflegung improvisiert wird.

Guttenberg hat noch an einer zweiten Front zu kämpfen. Er soll die Bundeswehr verkleinern, um Geld zu sparen. Bereits beschlossen ist die Verringerung der Personalstärke um 40000 Mann bei einer nur noch sechsmonatigen Grundwehrdienstzeit. Eine weitere Option ist die Schaffung einer Freiwilligenarmee von nur noch 150000 Mann. Diese Lösung erscheint derzeit jedoch wenig wahrscheinlich, denn selbst in der Union verliert Guttenberg zunehmend den Rückhalt für eine Abschaffung der Wehrpflicht. Für die Soldaten ist vor allem wichtig, dass sie bald Planungssicherheit haben und der Umbau der Truppe „sozialverträglich“ erfolgt. Den Soldaten in Burg versprach der Minister eine „zukunfts- und verfassungsfeste Wehrreform“. Dafür sei nicht die Kassenlage, sondern allein die „sicherheits- und verteidigungspolitische Realität“ entscheidend.

Derweil gelten für die Truppe in Afghanistan auch im Einsatz weiter die deutschen Friedensvorschriften. Die Soldaten beklagen, dass „eine saubere Mülltrennung noch immer wichtiger als Sicherheit“ sei. Solange die Wehrbürokraten nicht in der Einsatzwirklichkeit angekommen sind, müssen die Verteidiger am Hindukusch wohl weiter um ihr Leben bangen.       Jan Heitmann


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