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07.08.10 / Tea Party statt Rave Party

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-10 vom 07. August 2010

Moment mal!
Tea Party statt Rave Party
von Klaus Rainer Röhl

Letztes Wochenende standen sie bei der Trauerfeier für die Opfer der Loveparade noch einmal in ihrer ganzen Hilflosigkeit vor aller Augen: die Vertreter des überfälligen Systems aus linken und halblinken Interessengruppen, Kirche und Kommerz. Da war eine Woche zuvor mehr passiert als ein Unglücksfall, ein Flugzeugunglück, ein Bergrutsch, eine Zug-Katastrophe: Im gleichen Takt die Arme gen Himmel reckend, getrieben vom Rhythmus einer Techno-Musik und übergrellen blauen Lichtblitzen, tanzte die Hauptmasse der rund 300000 jungen Menschen noch weiter, als 21 jungen Menschen die Rippen zerquetscht und sie zertrampelt wurden. Kameras und Handys nahmen alles auf, und kein Sendeleiter schaltete den Horrorfilm aus. Zwei Tage später erklärten angesehene Bürger wie der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses Wolfgang Bosbach (CDU) und der frühere WDR-Intendant Fritz Pleitgen bei „Maybrit Illner“, dass sie – trotz allem Bedauern über das Unglück – sich freuen würden, wie gut die bisherigen Loveparaden mit eben dieser Techno-Musik für die jungen Leute bisher gewesen seien. Höchstens zehn Prozent seien von Drogen zusätzlich angefeuert worden, ein bisschen Alkohol sei natürlich auch dabei im Spiel gewesen, aber sie hätten keine Bedenken, ihre eigenen Kinder dort hinzuschicken. Wie schade, so ein schreckliches Unglück, und man werde schon die Schuldigen finden. Kein Wort gegen das Prinzip der hochgepeitschten Massenveranstaltungen. Gegen den aus rein kommerziellen Gründen und sonst nichts angezettelten Veitstanz. Kein Wort gegen die von allen früheren politischen Motiven (wie dem Kampf gegen den Vietnamkrieg durch „Make love, not war“, daher auch das „love“ in Loveparade) befreite Veranstaltung. Vorbei Woodstock, geblieben ist nur das Waven. Kein Weltuntergang drohend, keine Not, kein Hunger, den man nur in Rausch überwinden könnte wie in den Slums von Mexiko oder Kalkutta, sondern nur Überdruss und Langeweile – vom Veranstalter „Lebenslust“ genannt und ausgebeutet.

Nun standen sie bei der Trauerfeier für die 21 Toten da und es war keine Sternstunde der Politiker, auch nicht die der violett und schwarz gewandeten Kirchenmänner. Keine Apokalypse, keine Forderung, das Ende der gefährlichen Massenansammlungen zu beschließen, sondern ein „Schade um die schöne Party“ geht quer durch alle Parteien und Medien.

Der Kanzlerin, die beim Trauergottesdienst sprechen sollte, blieb am Ende die Sprache weg. Nicht nur aus Betroffenheit. Sie ist, am Beginn ihres Urlaubs, am Ende ihres Lateins.

Kurz zuvor hatten Schüler und Eltern, die lieber Latein an den Schulen gelehrt sehen wollen, statt soziale Experimente mitzumachen, Merkels schwarz-grünen Traum beendet. Ausgerechnet in Hamburg, nach den Leistungen seiner Schüler an einer der letzten Stellen in Deutschland stehend, hatten die dortigen Grünen die CDU erpresst, alle Schüler sechs Jahre lang zum Besuch der Primarschule zu verdonnern, in der die meisten von ihnen grob unterfordert wären, nur damit – verkürzt gesagt – die unbegabteren Schüler angeblich bessere Chancen hätten!

Die CDU der Hansestadt schluckte diese Kröte der GAL um des Machterhalts willen, die Schüler und Eltern aber nicht. Eine Bürgerinitiative „Wir wollen lernen“ sammelte Unterschriften für einen Volksentscheid und siegte. Das gleichmacherische Schulexperiment, das gerade auch in NRW von SPD, Grünen und Linken gestartet werden soll, wurde in Hamburg gekippt. Gegen CDU, Grüne – und SPD.

Warum nicht gleich so, würden wir sagen, warum sollten wir nicht öfter über umstrittene Maßnahmen abstimmen? Wie im Heimatland der Demokratie, der Schweiz, wo man über das Verbot von auswuchernden Gebäuden abstimmen durfte – und gewann. Viele Möglichkeiten ergeben sich noch, wenn sich der Unmut der Deutschen einmal artikulieren wird. Der Unmut ist groß – mit steigender Tendenz. Besonders natürlich unter den Wählern der Union, die bisher sicher sein mochten, dass sich ihre Weltanschauung, eine fröhliche Bejahung des Lebens und der eigenen Nation, nicht nur auf dem Fußballfeld, sondern in der Politik der Union wiedererkennen ließe.

Hamburger Zufall oder Schicksalsmelodie, dass die Kanzlerin mit Ole von Beust nun den letzten profilierten Landesfürsten verloren hat, nachdem sie Christian Wulff kurzerhand ins Schloss Bellevue abgeschoben und Koch sein Amt als Ministerpräsident und CDU-Vize hingeworfen hat. Profilierte und bei den Umfragen angesagte Unionspolitiker gibt es (mit Ausnahme des Freiherrn zu Guttenberg und Ursula von der Leyen) seitdem nicht mehr, die Werte der Kanzlerin selbst sacken massiv ab. Keine Aussichten, mit dieser Politik noch einmal eine Bundestagswahl zu gewinnen. Alles ins Reine, alles ins Allgemeine? Mit Globalisierung und Aufgabe der Souveränität Anhänger unter den Deutschen gewinnen? Noch stammen mehr als 87 Prozent der Bundesbürger aus Deutschland und die lieben ihr Land. Wünschen sich eine Politik für die Deutschen. Wie die Niederländer eine niederländische und die Polen eine polnische Politik wollen. Denen ist das Hemd näher als der Rock. Der Trend geht nach rechts, überall in Europa. Eine weitgehend sozialdemokratisierte CDU werden viele Wähler nicht noch einmal wählen.

Brauchen wir eine konservative Partei wie die CSU? Brauchen wir eine neue konservative Partei auch außerhalb Bayerns? Erinnern wir uns noch: Über zwei Millionen Stammwähler hat die CDU im letzten Wahlkampf verloren, 1,1 Millionen an die FDP, aber 900000 Millionen Stimmen verlor die Union an die „Nichtwähler“. Die 900000 waren Menschen, die gar nicht wählten, weil sie sich in der CDU nicht mehr wiedererkennen konnten, aber auch keiner anderen Partei ihre Stimme geben wollten. Eine neue konservative Partei in Deutschland würden sie wählen. Auf dem Papier ist das schon bewiesen.

Glatte 20 Prozent aller Stimmberechtigten würden eine Partei rechts von der CDU wählen, so eine für den „Focus“ gemachte Umfrage. Um die Sache anschaulich zu machen, brachte „Focus“ gleich eine ganze Fotostrecke mit Bildern von Politikern oder Wissenschaftlern, die sich in einer solchen neuen Partei heimisch fühlen würden und auch genug Ausstrahlung hätten, um die 20 Prozent auch tatsächlich auszuschöpfen. Vom Historiker und Publizisten Arnulf Baring, dem Philosophen Peter Sloterdijk bis zu dem von der Kanzlerin fallengelassenen Steuerrechtler Paul Kirchhof, vom ausgebooteten CDU-Star Friedrich Merz bis zu Thilo Sarrazin – aber auch Joachim Gauck und Wolfgang Clement fand das aufgewachte Magazin erwägenswert. Diese Foto-Galerie muss sicher ergänzt werden, vor allem durch Frauen und Leute unter 40. Einzel-Initiativen im Land und in den unteren Rängen der CDU gibt es viele.

Aber alle dort abgebildeten Prominenten müssten mitmachen und viele andere mehr. Denn einzeln würden sie, wie bisher, einzeln diffamiert und einzeln liquidiert. Wie gehabt. Zusammen aber können sie die Wende herbeiführen, nach dem Vorbild der amerikanischen „Tea Party“-Bewegung, die gegen Obamas Establishment einen zähen und ziemlich erfolgreichen Kleinkrieg führt nach dem Vorbild des Bürgeraufstands vor 230 Jahren, der mit der Bostoner Tea Party den Anstoß zur amerikanischen Unabhängigkeit gab. Eine neue Partei – vielleicht ist das auch ein „Event“, für das sich viele Tausend junge Menschen begeistern könnten wie für die deutsche Fußballmannschaft. Tea Party statt Rave Party.


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