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14.08.10 / Purer Populismus / Die SPD streitet über die Rente mit 67 – Steinmeier contra Gabriel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-10 vom 14. August 2010

Purer Populismus
Die SPD streitet über die Rente mit 67 – Steinmeier contra Gabriel

Ziemlich unvermittelt hat die SPD eine Debatte über die Rente mit 67 begonnen. Was zunächst wie ein geschickter Schachzug Sigmar Gabriels aussah, erwies sich schnell als populistischer Rohrkrepierer.

An sich hat die SPD Rückenwind: Die Bundesregierung gibt seit Monaten ein schwaches Bild ab, und aktuelle Umfragen sehen erstmals seit langer Zeit wieder eine rot-grüne Mehrheit im Bund. Und doch ist die Lage der Partei prekär: In wichtigen Fragen fehlt eine klare Gegenposition zur linksliberal agierenden CDU unter Angela Merkel, es fehlen Themen und Personen mit Magnetismus.

Außerdem sitzt der SPD die Linkspartei mit etwa elf Prozent im Nacken. Kommt die Diskussion auf Mindestlöhne, Hartz IV, vor allem aber auf die Rente mit 67, werfen viele Mitglieder und Stammwähler der SPD sehnsuchtsvolle Blicke nach links außen.

Parteichef Sigmar Gabriel weiß das, und vor wenigen Tagen schien es so, als könne er diesen „Pfahl im Fleisch“ der SPD herausoperieren. Doch aus zwei Gründen kann die SPD die Rente mit 67 nicht einfach verwerfen: Zum einen hat sie diese unpopuläre Reform unter Franz Müntefering als Arbeitsminister und Vizekanzler unter bitteren Schmerzen und Verlusten selbst eingeführt. Zum anderen aber erzwingt die einfachste Mathematik diese Reform: Millionen junge Menschen fehlen als künftige Beitragszahler, außerdem wird die Lebenserwartung immer länger. Der aufrichtige Müntefering erklärte bündig, es genügte „Volksschule Sauerland“, um zu verstehen, dass in dieser Lage länger als bisher gearbeitet werden muss.

Was also tun in dieser Lage? Sigmar Gabriel, dem bereits mit der Präsentation von Joachim Gauck bei der Bundespräsidentenwahl ein taktisches Meisterstück gelungen war, schien einen Trick gefunden zu haben. Er sagte nicht direkt Nein zu der im Jahre 2012 langsam beginnenden Verschiebung des Rentenbeginns, sondern knüpfte ihn „nur“ an kaum erfüllbare Bedingungen. „Solange es uns nicht gelingt, tatsächlich den Anteil derjenigen zu erhöhen, die zwischen 60 und 64 Jahren arbeiten, können Sie die Rente mit 67 nicht einführen, weil es de facto nichts anderes ist als eine Rentenkürzung“, polterte er in der ARD.

Das schien raffiniert: Für die Erhöhung der Beschäftigung der Älteren (die übrigens Fortschritte macht) ist die schwarz-gelbe Regierung verantwortlich, und „Rentenkürzung“ ist das Lockwort der Linkspartei in dieser Frage.

Doch umgehend spuckte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier Gabriel in die Suppe. In den 50er Jahren hätten die Menschen im Durchschnitt acht Jahre lang Rente bezogen, heute seien es 18 Jahre, erklärte er bündig − und deswegen müsse man künftig „über das 65. Lebensjahr hinaus“ arbeiten. Da war sie wieder, Münteferings Sauerländer Volksschule, und Gabriels an sich geschickt angelegter Vorstoß stand plötzlich als das da, was er war und ist: purer Populismus (siehe Seite 8). Konrad Badenheuer


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