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14.08.10 / Abzug ohne Strategie / Trittin will Taliban an Macht beteiligen – Doch denen fehlt selbst eine klare Machtstruktur

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-10 vom 14. August 2010

Abzug ohne Strategie
Trittin will Taliban an Macht beteiligen – Doch denen fehlt selbst eine klare Machtstruktur

Der Vorschlag von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin, Talibanführer an der Macht in Afghanistan zu beteiligen, musste kurz nach der Ermordung des internationalen Augenärzte-Teams vor allem makaber wirken. Unter den Ermordeten war auch die Chemnitzerin Daniela Bayer. Sie wurde nur 35 Jahre alt.

Die grausame Tat gibt einen Hinweis auf die Schwierigkeiten, mit denen die „internationale Gemeinschaft“ konfrontiert wäre bei dem Versuch, einen Verhandlungspartner auf Seiten der Taliban zu finden: Offenkundig sind die Grenzen zwischen islamistisch motivierten „Gotteskriegern“ und gewöhnlichen Kriminellen fließend. Das hänge auch damit zusammen, dass sich viele Talibangruppen durch kriminelle Machenschaften finanzierten, so Hans-Georg Ehrhart vom Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) gegenüber der PAZ.

Der immer wieder genannte Anführer Mullah Omar etwa verfüge zwar über eine gewisse Autorität. „Wie weit die jedoch nach unten durchgreift, ist unklar“, so Ehrhart. Omar gebe zwar Befehle an „Feldkommandanten“, die aber verfügten über große Unabhängigkeit.

Insgesamt sei das Taliban-Netzwerk höchst heterogen strukturiert. Verschieden motivierte Loyalitäten und Interessen überlagerten sich, so Sicherheitsexperte Ehrhart. Verwandtschaft oder Stammeszugehörigkeit spielen demnach ebenso eine Rolle wie die islamistische Ideologie, persönliche Verbundenheiten, Machtansprüche oder materielle Interessen.

Hans-Georg Ehrhart sieht die nähere Zukunft der Afghanistan-Operation äußerst skeptisch. „Es wird über Daten für den Abzugstermin debattiert, ohne dass überhaupt eine Strategie für den Abzug erarbeitet worden ist. Stattdessen sieht es so aus, als ob jeder geht, wann er will – wie derzeit die Niederländer und Kanadier.“

„Nach Afghanistan“, so Erhhart, müsse man sich endlich die Frage stellen, unter welchen Umständen militärisches Eingreifen künftig überhaupt sinnvoll sei. „Das ist die Debatte, die wir nach Afghanistan führen müssen“, beharrt der Experte. In das Land am Hindukusch seien die westlichen Staaten bei weitem zu optimistisch hineingegangen. Der Glaube, man könne eine moderne, demokratische Gesellschaft sozusagen von außen bauen, habe sich als fataler Irrtum erwiesen. Hans Heckel


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