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14.08.10 / Noch Hoffnung für die Union? / In einer Umfrage ist die Union unter 30 Prozent gerutscht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-10 vom 14. August 2010

Noch Hoffnung für die Union?
In einer Umfrage ist die Union unter 30 Prozent gerutscht
von Wilhelm v. Gottberg

Politikverdrossenheit und Wahlenthaltung sind in den letzten zehn Jahren zum Problem für die freiheitlich demokratische Grundordnung Deutschlands geworden. Die Politik der Union ist dafür erheblich mitverantwortlich, ebenso wie die Bilanz rot-grüner Politik. Dieser Text beinhaltet ausschließlich Kritik an der Politik der Union, soweit die CDU dafür verantwortlich zeichnet.

Erstmalig seit dem Höhepunkt des CDU-Spendenskandals im Jahr 2000 sind CDU/CSU in der Wählergunst unter 30 Prozent gefallen. Das ergab die jüngste Forsa-Umfrage, die der „Stern“ und RTL in Auftrag gaben. Man hat den Eindruck, dass die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel sowie die Gremien der Union dieses Warnzeichen nicht zum Anlass nehmen, Ursachenforschung für die stetige Minderung in der Wählerzustimmung zu betreiben. Leider hat es die Union schon 2005 und 2009 versäumt, die Gründe für das schlechte Abschneiden bei den Bundestagswahlen zu untersuchen. Bei weniger als 30 Prozent Zustimmung kann die Union nicht mehr für sich in Anspruch nehmen, eine Volkspartei zu sein.

Nichts spricht dafür, dass CDU und CSU in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts ein Wahlergebnis bei Bundestagswahlen von deutlich mehr als 35 Prozent erzielen. Die FDP wird mittelfristig kein zweistelliges Wahlergebnis erzielen können. Zu deutlich haben sich die sogenannten „Liberalen“ als Klientelpartei und Westerwelle als politisches Leichtgewicht erwiesen. Was das über die Möglichkeit einer bürgerlichen Regierungsbildung nach der Bundestagswahl 2013 aussagt, liegt auf der Hand.

Annährend schon 30 Jahre befindet sich die Union auf Bundesebene im Sinkflug. Dieser Prozess ist untrennbar mit Helmut Kohl verbunden. Er versprach bei seinem Regierungsantritt 1982 eine geistig-moralische Wende. Tatsächlich wahrte er beste Kontinuität zur Vorgängerregierung Schmidt/Genscher.

Kohl ließ es zu, dass in den 80er Jahren Personen vom linken Rand der CDU die politischen Themen vorgaben. Geißler, Süssmuth, Blüm, Fink, Lehr, Rühe und andere propagierten die multikulturelle Gesellschaft, redeten von der Partei der Mitte und forderten damit die Profillosigkeit der CDU. Der Auftrag des Grundgesetzes, die Einheit Deutschlands in Freiheit zu vollenden, wurde in einem Programmentwurf 1988 nicht mehr thematisiert. Man wolle keinen Nationalstaat bismarckscher Prägung, und eine mögliche Wiedervereinigung könne nicht durch den Anschluss der DDR an die Bundesrepublik erreicht werden. Süssmuth warb für die Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch und propagiert später die Abtreibungspille. Ein Affront gegen die zahlreichen kirchennahen Wähler der CDU. Noch gab es mit Alfred Dregger, Jürgen Todenhöfer, Bernhard Friedmann, Herbert Czaja und Heinrich Lummer nationalliberale und christliche Patrioten in der Partei, die bemüht waren, das christliche und konservative Profil der Partei zu erhalten. Dennoch: Nur das unverdiente Geschenk der Deutschen Einheit im Zusammenwirken mit der Ablehnung der Wiedervereinigung durch Oskar Lafontaine, Gerhard Schröder und andere SPD-Größen retteten die Union vor der Abwahl bei der Bundestagswahl 1990.

1994 gelang den bürgerlichen Parteien nochmals ein sehr knapper Wahlsieg, wobei der Schwund der CDU zur Sorge Anlass gab. Die Bundesrepublik als Rechtsstaat nahm Schaden und die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes erwies sich als brüchig durch die Weigerung der Union, die Enteignungen in der SBZ/DDR von 1945 bis 1949 rückgängig zu machen. Kohl machte diesbezüglich vor dem Bundesverfassungsgericht eine Falschaussage, und Schäuble spottete über Alteigentümer, die in längst verlorene Pfründe zurückstreben wollten.

Unverantwortlich war in Kohls letzter Wahlperiode von 1994 bis 1998 der weitere Aufwuchs des unfinanzierbaren Sozialstaates durch Frühverrentung Zehntausender Arbeitnehmer. Es trat zu Tage, dass die Rente zukünftig nicht gesichert ist, und das Bundesverfassungsgericht korrigierte drei Mal die Politik der schwarz-gelben Koalition bezüglich der Alimentierung der Mehr-Kinder-Familien.

Zu Beginn der Großen Koalition unter der Führung der Bundeskanzlerin Merkel stand die größte Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik. In jüngster Zeit hat das Verfassungsgericht erneut die Politik der Union beachtlich korrigiert. Das Arbeitszimmer für Freiberufler und Beamte muss steuerlich berücksichtigt werden, die drastisch gekürzte Pendlerpauschale war verfassungswidrig, und die Hartz-IV-Sätze für Kinder müssen neu berechnet werden.

Das derzeitige Erscheinungsbild der CDU wird geprägt durch Profillosigkeit und das Fehlen markanter Führungspersönlichkeiten. Wofür steht die CDU? Wo sind die durchsetzungsfähigen Bundesminister der CDU, die – für alle verständlich – die Defizite in der eigenen Politik artikulieren? Wo sind die Abgeordneten der Union, die nationalliberale und christliche Akzente als unverzichtbar für das politische Tagesgeschäft einfordern? Wo sind die Anwälte in der CDU für die Mehr-Kinder-Familien? Wer mobilisiert den Widerstand in der Partei, wenn die Union möglichst alle Frauen in Berufstätigkeit bringen will und damit den Eltern die frühkindliche Erziehung der Kinder aus der Hand nimmt? Wo sind die Haushälter in der CDU, die den gesamten Haushalt auf Einsparmöglichkeiten durchleuchten und nicht jede Sparrunde mit Gebührenerhöhung und „Einnahmeverbesserungen“ beenden? Der Steuerzahlerbund hat das jüngste Sparpaket der Regierung Merkel/Westerwelle entsprechend kommentiert. Wird es der CDU bundesweit eine Lehre sein, dass ihre katastrophale Schulpolitik in Hamburg durch die eigene Wählerklientel per Volksabstimmung korrigiert werden musste? Quo vadis CDU?

Der Autor ist Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen und seit vielen Jahren auf kommunaler Ebene für die CDU aktiv.


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