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14.08.10 / Für Deutschland denken / Weniger Bürokratie und eine bessere Verbreitung der deutschen Sprache würden der Wirtschaft schon helfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-10 vom 14. August 2010

Für Deutschland denken
Weniger Bürokratie und eine bessere Verbreitung der deutschen Sprache würden der Wirtschaft schon helfen

Zuwanderung als weites Feld: Vom klassischen Zuwanderer, der dauerhaft in Deutschland bleiben will, bis zur kurzfristig hier tätigen Fachkraft vermengt die politische Debatte hier alles.

In der Zuwanderungsdebatte zeigte Innenminister Thomas de Maizière vergangene Woche Profil. „Wenn ich mir die hohe Zahl der Schulabbrecher und die geringe Zahl der Hochschulabsolventen unter den Migranten ansehe, dann sage ich, wir sollten uns erst einmal um die kümmern, die bereits da sind“, so der CDU-Politiker. Er erteilte damit den Plänen von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Bildungsministerin Annette Schavan (CDU), weitere Zuwanderer ins Land zu holen, eine klare Absage. De Mazière betonte, dass man doch erst einmal die Deutschen zurückholen solle, die in den letzten Jahren aus den verschiedensten Gründen Deutschland verlassen haben, bevor man völlig Fremde anwirbt.

Die politische Zuwanderungsdebatte verläuft also medienwirksam ideal, um das Sommerloch zu füllen. Allerdings gibt es zwischen dem, was die Mehrheit der Deutschen inzwischen unter Zuwanderung versteht, und dem Bedarf der auf den Export ausgerichteten deutschen Wirtschaft an gut ausgebildeten Fachkräften viele verschiedene Ebenen. Zugewandert sind schließlich nicht nur die unqualifizierten, einstigen anatolischen Bauern, die inzwischen in der dritten Generationen in Deutschland leben, aber nicht integriert sind, sondern es sind auch der für eine gewisse Zeit in einem deutschen Unternehmen hier tätige schwedische Biologe, der chinesische Ingenieur und der US-amerikanische Ökonom. Aber wenn die deutsche Wirtschaft klagt, dass sie Probleme hat, Mitarbeiter ihrer ausländischen Tochterunternehmen nach Deutschland zu versetzen, weil die deutsche Bürokratie lange braucht, um sehr kurz befristete Visa für die Mitarbeiter und ihre Familien ausstellt, dann geht es hier nicht um Zuwanderung im klassischen Sinn, sondern um unnötige Bürokratie.

Fachkräfte aus der EU gelten zudem nicht mehr als Zuwanderer. Wenn die Wirtschaft also Fachkräfte braucht, könnte sie in den anderen EU-Staaten theoretisch relativ leicht Personal rekrutieren. Eine neue Studie vermittelt auch den Eindruck, dass das möglich wäre. „Europas Fachkräfte zieht es nach Deutschland“, titelte die „Welt“ optimistisch. Allerdings sind die veröffentlichten Zahlen der Personalmarktforschungsgesellschaft Trendence, die 220000 Studenten der Ingenieurs- und IT-Wissenschaften aus 24 europäischen Ländern befragte, missverständlich. So wollen natürlich nicht 50 Prozent der schwedischen Ingenieursabsolventen nach Deutschland, sondern nur 50 Prozent der Absolventen, die sich vorstellen können, nach dem Abschluss im Ausland zu arbeiten. Wie viele das aber jeweils anteilig sind, erwähnt die „Welt“ nicht.

Trotzdem ist die Studie interessant, denn sie verdeutlicht, dass Deutschland für Akademiker viele attraktive Arbeitgeber bietet. Zudem sind gerade für Absolventen aus Osteuropa die deutschen Löhne trotz hoher Sozialabgaben und Steuern attraktiv. Die Exportnation lockt junge Qualifizierte mit weltweit bekannten Marken, doch erstaunlicherweise setzen viele Akademiker ihre Idee, in Deutschland zu arbeiten, zu wenig in die Tat um. Das schadet auch Deutschland, denn dieses Land lebt vor allem von den Erfindungen und Innovationen, die sich die klugen Köpfe in diesem Land erdenken. Wem diese klugen Köpfe gehören und vor allem wo sie sich befinden, ist den international tätigen deutschen Unternehmen egal, der deutschen Gesellschaft allerdings nicht, denn die profitiert am meisten von den Dingen, die hier im Land erdacht und so weit wie möglich umgesetzt werden. Und wenn schon im Ausland produziert wird, dann sollen zumindest die Forschungszentren im Land sein.

Innenminister de Mazière weist zwar darauf hin, dass man erst das vorhandene Potenzial im Inland nutzen sollte, aber auch hier tun sich Chancen auf, die über einen deutschen und europäischen Pass hinaus gehen. So gibt es an vielen Hochschulen eine Vielzahl ausländischer Studenten, deren Ausbildung der deutsche Steuerzahler schließlich mitfinanziert. Diese jungen Menschen nach dem Studium zumindest eine Zeit im Land zu beschäftigen, ist für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft reizvoll. Zumal sie auch schon weitestgehend mit der deutschen Kultur und vor allem der Sprache vertraut sind. Denn die mangelnde Verbreitung der deutschen Sprache im Ausland ist ein Grund, warum viele Akademiker trotz attraktiver Arbeitgeber und Arbeitsverhältnisse nicht nach Deutschland kommen. Nicht von ungefähr können die USA, Kanada und Australien sich die besten Fachkräfte aussuchen, schließlich ist Englisch international weit verbreitet. Das kann man von der deutschen Sprache immer weniger sagen, zumal die deutsche Politik sich nur bedingt für die Verbreitung der deutschen Sprache einsetzt. Zwar gilt Deutsch neben Englisch und Französisch offiziell als dritte EU-Arbeitssprache, doch da die deutsche Politik nicht auf die Umsetzung dringt, sind sehr viele Veröffentlichungen nur in Englisch und Französisch verfasst. Das wiederum hat zur Folge, dass das Erlernen der deutschen Sprache schon innerhalb der EU immer weniger Schüler reizt, da der Nutzen nur bedingt erkennbar ist. Die Goethe-Institute bieten zwar wacker in vielen Ländern der Welt Deutschkurse an, doch hiermit werden nur Menschen erreicht, die sich zumeist schon zuvor bewusst für das Erlernen der deutschen Sprache entschieden haben. Zwar ist es offiziell die Aufgabe der steuerfinanzierten „Deutschen Welle“, die deutsche Sprache in die Welt zu bringen, doch inzwischen setzt der Auslandsender vor allem auf die internationale Verbreitung westlicher Werte und auf Werbung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Und um die hierfür wichtige Zielgruppe zu erreichen, entschied man sich 2008, das englischsprachige Angebot zulasten des deutschsprachigen auszuweiten, schließlich sei Englisch internationale Verkehrssprache.

Entscheidungen wie diese haben durchaus eine Lenkungsfunktion bei der Frage, welche und wie viele Menschen als Zuwanderer, zugewanderte Fachkräfte oder Fachkräfte auf Zeit sich für Deutschland als Ziel entscheiden.         R. Bellano


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