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14.08.10 / Deutsche Spuren in Gabun / Vor 50 Jahren wurde Gabun unabhängig – Ein Teil des Landes war einst deutsches Schutzgebiet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-10 vom 14. August 2010

Deutsche Spuren in Gabun
Vor 50 Jahren wurde Gabun unabhängig – Ein Teil des Landes war einst deutsches Schutzgebiet

Am 17. August begeht das zentralafrikanische Gabun den 50. Jahrestag seiner Unabhängigkeit – ein Anlass für die Rückbesinnung auf eine vergessene Zeit gemeinsamer deutsch-gabunischer Geschichte.

Die Unkenntnis hierzulande über dieses Regenwaldland mit nur eineinhalb Millionen Einwohnern am Golf von Guinea ist groß. Die Republik Gabun ist für die deutschen Massenmedien uninteressant, denn sie bedient nicht die üblichen Klischees von fliegengeplagten verhungernden Kindern oder marodierenden Milizen. Sie gehört seit ihrer Unabhängigkeit vielmehr zu den stabilsten Ländern Afrikas. Gabun bietet auch keine auf Ströme von Touristen ausgerichteten Safaris an. Es setzt mit seinen 13 Nationalparks stattdessen auf den Schutz der Flora und Fauna sowie auf Individualtourismus. Im Gegensatz zu diesem großen Desinteresse stehen einige Aspekte der Geschichte des Landes, in dem Deutschland bis heute Spuren hinterlassen hat.

Auf eine Bürgerrevolte in den marokkanischen Städten Rabat und Fes im Jahr 1911 reagierte Frankreich entgegen internationaler Vereinbarungen mit militärischer Gewalt. Offiziell zum Schutz seiner Bürger agierend, ging es der Kolonialmacht in Wirklichkeit vor allem um wirtschaftliche und politische Interessen. Das deutsche Kaiserreich kritisierte diesen Rechtsbruch in aller Form. Als Frankreich jedes Verhandlungsangebot ausschlug, drohte Kaiser Wilhelm II. offen mit Kriegsbereitschaft. Der Entsendung des Kanonenbootes „Panther“ stimmte er dennoch nur widerstrebend zu. Der Monarch war unbeherrscht und verfügte nicht über die diplomatische Weitsicht eines Reichskanzlers Bismarck, doch auch er war kein Kriegstreiber. So endete die zweite Marokkokrise dann auch mit der deutschen Anerkennung des französischen Anspruchs auf Marokko.

Als Gegenleistung erhielt man unter anderem einen großen Teil Französisch-Äquatorialguineas, nunmehr als Neukamerun bezeichnet. Dazu gehörten auch große Teile der heutigen gabunischen Nordprovinzen Woleu-Ntem und Ogooué-Ivindo. Der Verwaltungs- und Militärbezirk Wolö-Ntem wurde im Herbst 1912 von der 10. Kompanie der Schutztruppe aus Jaunde übernommen. Genau wie die Franzosen zuvor, konnte man zu keiner Zeit die vollständige militärische Kontrolle erlangen. Insbesondere die Stämme der Fang-Ethnie leisteten zunächst passiven, bisweilen aber auch erheblichen offenen Widerstand. Jahrhundertelang selber Eroberer waren sie anfangs nicht gewillt, sich fremden Gesetzen und Gebräuchen zu unterwerfen. Dank des nachhaltigen Aufbaus von Infrastruktur, landwirtschaftlicher Neuerungen auch zum Wohl der angestammten Bevölkerung, der Einführung eines engagierten Schul- und Ausbildungssystems sowie einer beispiellosen medizinischen Versorgung konnten die Deutschen das Verhältnis jedoch deutlich verbessern. Man hatte in kurzer Zeit erreicht, wozu die französische Kolonialmacht zuvor nicht imstande gewesen war. In der Provinzhauptstadt Oyem zeugen Inschriften auch heute noch von der deutschen Kolonialpräsenz.

Richten wir unser Augenmerk auf eine weitere geschichtsträchtige Gemeinsamkeit zwischen Gabun und Deutschland. Es handelt sich genauer um eine bedeutende und verdiente Persönlichkeit mit Wurzeln im Oberelsass. Und auch wenn er nach 1918 die französische Staatsangehörigkeit annehmen musste, so hatte er doch Erziehung und Studium als Deutscher im deutschen Kaiserreich genossen. Er selber betrachtete sich lediglich als Elsässer und Kosmopolit. Es handelt sich um den Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer.

Eine mehrstündige Autofahrt führt den Interessierten von der Hauptstadt Libreville aus bis nach Lambaréné. Dort hatte sich der Mediziner 1913 seinen Lebenstraum erfüllt, das Urwald­hospital Lambaréné. Er hat dort Tropenkrankheiten erforscht und Tausende von Menschen medizinisch versorgt. Und dort liegt er seit seinem Tod im Jahr 1965 auch begraben.

Wer diesen besonderen Ort heute besucht, kommt nicht umhin, den tiefen Respekt und die Fürsorge zur Kenntnis zu nehmen, mit denen das Andenken an Albert Schweitzer noch immer geehrt wird. Jedes gabunische Schulkind kennt seine Verdienste und weiß um seine deutschen Wurzeln. Und wie steht es um das Wissen hierzulande? Deutsche der jüngeren Generationen jedenfalls wissen so gut wie nichts über diesen Mann und können schon gar keinen Bezug zu Gabun herstellen.     Andreas Reinhardt


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