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14.08.10 / Besinnung auf deutsche Wurzeln / Museum über deutsche Einwanderer in Washington eröffnet – Offener Umgang mit der Herkunft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-10 vom 14. August 2010

Besinnung auf deutsche Wurzeln
Museum über deutsche Einwanderer in Washington eröffnet – Offener Umgang mit der Herkunft

Die USA besinnen sich aktuell verstärkt auf die Wurzeln ihrer größten Einwanderungsgruppe. 49 Millionen US-Amerikaner haben nach eigenen Angaben deutsche Vorfahren, dies ergab eine Volkszählung im Jahr 2000.

David Hasselhoff, der aus der US-Fernsehserie „Baywatch“ bekannte Schauspieler, sucht derzeit im Hessischen nach seinen deutschen Ahnen. Sein Kollege Leonardo di Caprio ist stolz auf seine deutschen Vorfahren und jubelte auf der Fußball-WM bei mehreren Spielen der deutschen Elf zu. Damit sind sie nicht allein, sondern zwei von vielen US-Amerikanern.

Die ersten Deutschen erreichten 1608 das im Jahr zuvor gegründete Jamestown (Virginia). Einige dieser deutschen Auswanderer sind geradezu Wegbereiter der USA, wie etwa der preußische General Friedrich von Steuben, dessen Denkmal vor dem Weißen Haus steht und dem alljährlich in New York die große Steuben-Parade gewidmet ist. Die beiden Einwanderer-Sprösslinge Dwight D. Eisenhower (der Vorfahre Hans Nikolaus Eisenhauer stammte aus Karlsbrunn im heutigen Saarland) und Herbert Hoover (Vorfahren aus Deutschland [Pfautz, Wehmeyer] und der deutschsprachigen Schweiz [Huber, Burkhart]) wurden US-Präsidenten. Im vergangenen Jahrhundert schrieben die international bekannten Deutschamerikaner Doris Day (Doris Kappelhoff), Wernher von Braun, Elvis Presley und Fred Astaire (Frederik Austerlitz)  Kultur-, Sport- beziehungsweise Wissenschaftsgeschichte. Am vorläufigen Ende der renommierten Einwanderer-Kette stehen Namen wie Sandra Bullock (Mutter Deutsche) oder seit 2008 auch Heidi Klum. Sie alle prägten oder prägen noch heute, jeder auf seine Weise, das öffentliche Leben in den Staaten. Einige von ihnen waren oder sind Ideale und Idole, Protagonisten der amerikanischen Geschichte und des „American way of life“. Von ihnen und von den weniger bekannten deutschen Einwanderern der vergangenen mehr als 400 Jahre erzählt das jüngst eröffnete deutschamerikanische Einwanderungsmuseum in der US-Hauptstadt Washington, das German-American Heritage Museum of the USA. Das Museum, untergebracht in dem 1888 vom deutschstämmigen Kaufmann John Hockemeyer erbauten Stadthaus, liegt mitten im chinesischen Viertel, im historischen Penn-Quarter nicht weit entfernt vom Holocaust-Museum. Doch die Nachbarschaft scheint eher zufällig. Jedenfalls will der Leiter der Einrichtung, Rüdiger Lentz, einen Zusammenhang nicht gelten lassen. In dem Viertel hätten lang vor dem Zuzug der Chinesen rund 4000 Deutsche gelebt, so der ehemalige Journalist der Deutschen Welle. Mit dem Objekt Hockemeyer habe man daher an eine Tradition angeknüpft. Natürlich hätten „Weltkriege und Nazizeit es den Deutschstämmigen schwer gemacht, sich zu ihrer Herkunft zu bekennen“, so Lentz.

Viele Deutsche änderten sogar ihre Namen, um ihren eigenen amerikanischen Traum leben zu können, fürchteten sie doch allein der Herkunft wegen Repressionen. So hießen etwa Elvis Presleys Vorfahren einst Pressler. Zudem ging der nur noch geringe Gebrauch der deutschen Sprache weiter deutlich zurück, abgesehen von einigen Glaubensgemeinden wie den Amish, die noch heute ihren althergebrachten deutschen Dialekt pflegen. Nach einer weit verbreiteten Anekdote soll Deutsch zwar sogar fast offizielle Landessprache in den USA geworden sein. Nach der so genannten Mühlenberg-Legende sei um 1790 im Parlament des Staates Pennsylvania über Deutsch als offizielle Landessprache abgestimmt worden. Der seinerzeitige deutsch-amerikanische Parlamentssprecher Frederick A. Mühlenberg habe aber die entscheidende Stimme für English abgegeben. Nach Auskunft von US-Behörden hat eine solche Abstimmung jedoch nie stattgefunden. Die Mühlenberg-Legende geistere seit rund 170 Jahren durch die Medien und beruhe vermutlich auf einer Abstimmung über eine in deutscher Sprache verfasste Petition an den US-Kongress im Jahre 1794. Die Petition, mit der die Übersetzung der US-Gesetze ins Deutsche angestrebt worden war, wurde im Vorlage-Ausschuss mit 42 zu 41 Stimmen abgelehnt.

Es passt ins Bild, dass es auch nur noch wenige deutschsprachige Printmedien in den USA gibt, so etwa die in Michigan verlegte „Nordamerikanische Wochenpost”. Doch die Zeit für einen offeneren Umgang mit den zuvor verheimlichten deutschen Wurzeln scheint gekommen.

Das nun gegründete Einwanderer-Museum will kein Heimatmuseum sein und landsmannschaftliches Brauchtum dokumentieren, es vermittelt auch nicht die in den Staaten typischen Oktoberfest- oder Nazi-Stereotype, sondern stellt vielmehr aus den einzelnen Einwanderungswellen verschiedene Persönlichkeiten mit ihren Biographien und erbrachten Leistungen umfassend dar.

Die Einrichtung geht auf Initiative deutscher Klubs zurück. Die Intention der Macher geht über die Vermittlung von Einwanderungsgeschichte hinaus und zeigt aktuelle Themen in der Bundesrepublik Deutschland: das Leben im Berliner Kiez, der Bau der Hamburger Elbphilharmonie und deutsche Multikultur. Moderne und Multikulti – ein von Lentz vorgestelltes museales Sekundärziel wirkt angesichts der Gewalteruptionen in den „bunten” Wohngebieten von Hamburg und Berlin etwas zynisch. „Selbstverständlich möchten wir bei Deutschamerikanern die Neugier auf diese Bundesrepublik wecken”, erklärt Museumsleiter Lentz.        Bernd G. Hierholzer

Das German Heritage Museum, 719 6th Street NW, Washington DC, ist donnerstags und freitags von 11 bis 18 Uhr, am Wochenende von 12 bis 17 Uhr geöffnet, Weitere Informationen im Internet unter www.gahfusa.org


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