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21.08.10 / Ein bisschen Boom / Union und FDP können ihr Tief überwinden, doch der weitere Weg ist steinig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-10 vom 21. August 2010

Ein bisschen Boom
Union und FDP können ihr Tief überwinden, doch der weitere Weg ist steinig

Eine überraschend positive Wachstumszahl könnte der Bundesregierung Rückenwind geben. Es ist allerdings eine von ganz wenigen guten Nachrichten in einem weiter schwierigen Umfeld.

Nach ihrer Rückkehr aus fast dreiwöchigem Sommerurlaub hat Bundeskanzlerin Merkel in dieser Woche eine sogenannte „Energiereise“ absolviert, mit Stationen bei Windenergie-Anlagen und der Strombörse in Leipzig. Dass ihr neuer Regierungssprecher Steffen Seibert von einer „Lernreise“ sprach, war bewusste Tiefstapelei. In Sachen Energie ist Merkel schon aus ihrer Zeit als Umweltministerin bestens bewandert. Doch man gibt sich bescheiden, denn die Umfragen sind lausig und die kesse Pressekonferenz der Kanzlerin vor ihrer Abreise in den Urlaub wurde von Medien und Millionen Bürgern – bei allem Respekt für die erwiesene Zähigkeit und das Selbstbewusstsein der Kanzlerin – als nicht ganz passend empfunden.

Nun wird also wieder tiefgestapelt, und die Kanzlerin kann froh sein, mit FDP-Chef Westerwelle wenigstens eine für sie potenziell gefährliche Debatte schnell gestoppt zu haben. Trotz besserer Konjunkturlage soll es vorerst keine Steuersenkung geben. Man hält tapfer an der Haushaltskonsolidierung fest und beschränkt sich bis auf Weiteres auf das löbliche Ziel der Steuervereinfachung. Hier sind offenbar einige sinnvolle Vorarbeiten im Gange, zu denen sogar die SPD nicht von vornherein Nein sagen will.

Die Abwehr neuer Begehrlichkeiten ist keine Selbstverständlichkeit, denn die Konjunkturforscher melden Erstaunliches: Im zweiten Quartal ist die Wirtschaft um real 2,2 Prozent gewachsen – wohlgemerkt nicht im Vergleich zum  zweiten Quartal 2009, sondern tatsächlich in drei Monaten, also gegenüber dem ersten Quartal 2010.

Diese Zahl ist fast sensationell, das stärkste Wachstum seit der Wiedervereinigung. Angesehene Experten wie Wolfgang Franz erwarten nun ein Wachtum von über drei Prozent im Gesamtjahr. Das würde die Haushaltssanierung mächtig voranbringen, zumal auch der Arbeitsmarkt brummt. Auch wenn Deutschland selbst mit vier Prozent Wachstum noch nicht wieder den Stand vor Beginn der Krise erreicht hätte, sind solche Zahlen doch der Stoff, aus dem die Zuversicht besteht.

Das momentane schwarz-gelbe Umfragetief erscheint insofern überwindbar, wobei allerdings der weitere Weg mit Stolpersteinen geradezu übersät ist. Im Streit um die Restlaufzeiten der Atomkraftwerke ist eine Einigung ebenso wenig in Sicht wie bei den Themen Wehrpflicht, Hartz IV oder gar Afghanistan. Viele dieser Themen haben unübersichtliche Frontverläufe, oft geht der Streit mitten durch die Union. Das ist für die Kanzlerin besonders heikel, weil mit drei unbesetzten Stellvertreterposten und dem Streit um den Vorsitz in NRW momentan die Machtbalance in der eigenen Partei völlig in der Schwebe ist. Auf dem Parteitag im November steht ihre eigene Wiederwahl an.             Konrad Badenheuer


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