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21.08.10 / Zur Langsamkeit gezwungen / Ausbau der Straßenbahn soll zum Verzicht aufs Auto bewegen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-10 vom 21. August 2010

Zur Langsamkeit gezwungen
Ausbau der Straßenbahn soll zum Verzicht aufs Auto bewegen

Noch in diesem Jahr will der Berliner Senat einen neuen Stadtentwicklungsplan für Verkehr verabschieden. Er soll die Absicht zum Ausbau der vier in Berlin vertretenen Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, also von S- und U-Bahn sowie Straßenbahn und Bussen, dokumentieren. Bereits in den 50er Jahren hatte die damals SPD-geführte Landesregierung die strategische Entscheidung getroffen, durch einen großzügigen Ausbau der U-Bahn und den gleichzeitigen Bau eines innerstädtischen Autobahnringes die Straßenbahn überflüssig zu machen. Der durchschnittliche Abstand der U-Bahnhöfe beträgt auch heute noch rund 800 Meter, die Reisegeschwindigkeit eines Zuges liegt bei über 30 Stundenkilometern, während heute eine moderne Straßenbahn unter günstigen Bedingungen gerade einmal 21 Stundenkilometer schafft. Als 1967 in West-Berlin die letzte Straßenbahn stillgelegt wurde, weinte ihr kaum einer eine Träne nach.

Im Ostteil der Stadt – damals „Hauptstadt der DDR“ – lagen die Dinge anders. Gewiss hätten sich Ulbricht und Honecker gern bei der Eröffnung neuer U-Bahnstrecken feiern lassen, jedoch zwang der klamme Haushalt zum Weiterbetrieb der Straßenbahn. Mit der Wiedervereinigung „erbte“ Gesamtberlin die Tram.

Seit 1990 wittern die Gegner des motorisierten Individualverkehrs die Chance, mit der Straßenbahn den Autofahrern das Leben schwer zu machen. Im Wedding wurde vor Jahren eine Straßenbahnlinie vom östlichen Stadtteil kommend nach Westen verlängert. Diese verkehrt nun auf einem extrem breiten Mittelstreifen, wo zuvor Bäume und parkende Autos standen. Die meist wenig betuchten Anwohner der Seestraße (häufig Ausländer) fluchen, weil sie nun für ihren fahrbaren Untersatz kaum noch ein Plätzchen finden.

Bereits vor längerer Zeit wurde an der Technischen Universität Berlin untersucht, ob es möglich ist, Autofahrer freiwillig zum Umstieg auf den öffentlichen Nachverkehr zu bewegen, jedoch sind langsame Straßenbahnen wenig attraktiv. Doch nun soll auf Hauptverkehrsstraßen im Westteil der Stadt durch Straßenbahntrassen auch außerhalb des Berufsverkehrs der Autoverkehr künstlich verlangsamt werden, was Straßenbahnen wiederum bei Autofahrern an Attraktivität gewinnen lassen soll. Liegen die Straßenbahnschienen erst einmal auf den Straßen, wird es schwer sein, sie wieder loszuwerden.           Theo Maass


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