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21.08.10 / Germanen nix gut / Politische Verkrampfungen behindern die Wissenschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-10 vom 21. August 2010

Germanen nix gut
Politische Verkrampfungen behindern die Wissenschaft

Der Umgang mit dem Kapitel „Germanen“ spiegelt stets auch das Verhältnis zu Deutschland wider. Dies gilt für das In- wie für das Ausland.

So hat ein deutscher Forscher bei seinen britischen Kollegen den Trend ausgemacht, den Einfluss der angelsächsischen Wanderung auf die Geschichte und Entstehung Englands möglichst kleinzureden. Die Angelsachsen, die aus dem heutigen Nordwestdeutschland im 5. Jahrhundert auf die britische Insel gelangt waren, würden von den Briten neuerdings als eher kleine Gruppe von Eroberern dargestellt, deren Eintreffen auf die Zusammensetzung des Volkes eher geringe Auswirkungen gehabt habe.

Viel lieber höben die britischen Forscher den keltischen Kern sowie römische und skandinavische Einflussnahmen hervor. Damit wird die angelsächsische Siedlung auf eine Stufe gestellt mit germanischen Landnahmen in Spanien, Gallien oder Italien.

Nicht erklären können die Vertreter dieser Lehre indes das Phänomen, dass in Britannien seither eine germanische Sprache gesprochen wird, wohingegen die anderen genannten Länder wegen des geringen Umfangs der germanischen Zuwanderung in der lateinischen Sprachfamilie verblieben. Auch der dokumentierbare massive Bevölkerungsverlust, der in Nordwestdeutschland für das 5. Jahrhundert nachweisbar ist, bleibt so unerklärlich. Selbst in Dänemark mieden Forscher den Begriff „germanisch“, so der Forscher – offenbar, weil er ihnen zu sehr nach Deutschland klinge. Adjektive wie „nordisch“ würden für die Bezeichnung der eigenen Vorfahren schon lieber verwendet.

In Deutschland, so konstatiert ein kürzlich emeritierter Frühgeschichtsdozent, habe sich die Lage ein wenig entspannt. Dennoch sei die schwelende Ideologisierung immer noch existent. „Besonders die Mitläufer sind ein Problem. Sie bringen das Mittelmaß der political correctness in die Debatte. Für ernsthafte Wissenschaftler ist das einfach nur lästig. Da hält man sich am besten raus.“ Dies sei schon deshalb angeraten, weil sich die Zuordnung, welcher Stamm ab wann als germanisch zu bezeichnen ist, manchmal äußerst schwierig gestalte.

Die in jüngerer Zeit zu beobachtende Entkrampfung hinsichtlich der Germanen, etwa erkennbar am Umgang mit dem 2000. Jahrestag der Varusschlacht, hat also noch immer ihre Grenzen. Kaum ein populärwissenschaftliches Elaborat zum Thema kommt ohne den scheinbar obligatorischen Distanzierungsbeitrag zur Germanen-Glorifizierung vergangener Epochen, vor allem im NS-Staat, aus.

Der jahrzehntelangen Verteufelung der Germanen stand eine eigenartige Verherrlichung ihrer keltischen Nachbarn gegenüber. Allerdings sehen Forscher auch hier einen Trend zu mehr Nüchternheit einziehen. Dies kommt nicht von ungefähr: Die Schwierigkeiten bei der Zuordnung sind bei den Kelten nicht geringer als bei den Germanen. Auch weisen die Kelten die gleiche Vielgestaltigkeit der Stämme auf, was den Sammelbegriff ebenso problematisch macht.       Hans Heckel


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