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21.08.10 / Meister der Rocailledekoration / Hofbildhauer Johann August Nahl d.Ä. war maßgeblich an der Ausschmückung von Schloss Sanssouci beteiligt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-10 vom 21. August 2010

Meister der Rocailledekoration
Hofbildhauer Johann August Nahl d.Ä. war maßgeblich an der Ausschmückung von Schloss Sanssouci beteiligt

Besucher des Schlosses Sanssouci in Potsdam bewundern die prachtvollen Räume und nicht zuletzt auch die kunstvollen Verzierungen. Das Konzertzimmer gilt als eine der schönsten Raumschöpfungen des friderizianischen Rokoko. In strahlendem Gold und Weiß leuchten die Wände. Große Spiegel reflektieren die reiche Dekoration. Kaum einer kennt die Namen der Künstler, die ein solches Meisterwerk vollbracht haben. Einer von ihnen war der Hofbildhauer Johann August Nahl d.Ä., der am

22. August vor 300 Jahren in Berlin geboren wurde. Er stammte aus einer Künstlerfamilie, in der viele Mitglieder als Bildhauer oder Maler tätig waren. Seine erste Ausbildung erhielt er von seinem Vater. Seine Gesellenreise führte Nahl 1728/29 nach Bern, Sigmaringen und Straßburg.

Nachdem er von 1731 bis 1734 in Paris die Arbeiten der dortigen Bildhauer, die zu den ersten in Europa gehörten, kennengelernt hatte, reiste er durch Italien und arbeitete in Ateliers in Rom, Florenz, Genua, Bologna, Venedig und Neapel, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Nahl ließ sich 1736 in Straßburg nieder und wurde dort aufgrund seiner Eheschließung um 1736 mit Anna Maria Gütig, der Tochter des Bürgermeisters, zum Bewohner mit Bürgerrecht.

Friedrich der Große rief nach seiner Thronbesteigung Nahl nach Berlin, wo er 1741 eintraf. Er arbeitete maßgeblich an den verschiedenen Bauten mit, die der König in seinen ersten Regierungsjahren errichten ließ, so den Neuen Flügel des Charlottenburger Schlosses (1740–1746), die Wohnung des Monarchen im Berliner Schloss, die Ost- und die Westwohnung im Stadtschloss Potsdam (1743/1744) sowie das Schloss Sanssouci (1746). Statuen, Reliefs, Vasen, Ornamente sind Nahl zuzuschreiben, auch stattete er ganze Räume aus. In Schloss Sanssouci arbeitete der Bildhauer eng mit dem König zusammen, denn dieser wollte viele Elemente, die ihm in Schloss Rheinsberg gefallen hatten, auch in seiner ganz privaten Sommerresidenz wiederfinden; die berühmte Bibliothek und auch das Konzertzimmer in Sanssouci wurden von Nahl gestaltet. Aus seiner Pariser Zeit kannte Nahl die Rocailledekoration, das geschwungene Hauptmotiv des Rokoko in der ständig variierten Form einer Muschel. Sein Markenzeichen war die Verbindung ornamentaler Formen mit figürlichen Motiven, denen er gern naturalistische Züge gab. Er malte die von ihm gestalteten Räume mit zarten Farben aus und versah sie mit beeindruckendem Silberschmuck. Neben den Aufträgen des Königs für seine persönlichen Bedürfnisse, erhielt Nahl auch repräsentative Aufgaben. So gestaltete er unter anderem die plastischen Dekorationen des Opernhauses unter den Linden.

Im Jahre 1746 (nach anderer Quelle 1747) verließ Nahl heimlich Berlin – angeblich wegen Arbeitsüberlastung, ausstehender Rechnungen und der Einquartierung von Soldaten in seinem Haus und in seiner Werkstatt, worüber damals viele Städter klagten. Über Straßburg reiste er in die Schweiz, wo er bei Bern ein Landgut erwarb. Aufgrund zahlreicher Aufträge konnte er gut von seiner künstlerischen Tätigkeit leben. Im Jahre 1755 folgte er einem Ruf des Landgrafen Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel (1682/1751–1760) und wurde wichtigster Gestalter des Schlosses und der Plastiken im Park Wilhelmsthal. Schloss Wilhelmsthal liegt bei Calden etwa 15 Kilometer nordwestlich von Kassel und ist eines der bedeutendsten Rokokoschlösser im mittleren Deutschland. Landgraf Wil-

helm VIII. ließ es sich als Sommerresidenz in den Jahren 1746 bis 1761 erbauen und Nahl schuf die kostbaren Wandvertäfelungen und zahlreiche Stuckaturen. Doch der Landgraf hatte wenig Freude an seinem Bau, denn er kämpfte im Siebenjährigen Krieg (1756–1763) an der Seite Friedrich des Großen, und dieser konnte nicht verhindern, dass das kleine Territorium häufig von Franzosen geplündert wurde.

Wilhelms Sohn Friedrich II., Landgraf von Hessen-Kassel (1720/60–1785), behielt Nahl in seinen Diensten. Er wurde 1767 Professor am Collegium Carolinum in Kassel und bildete junge Künstler in der Bildhauerei aus. In Kassel ist Nahl dann am 22. Oktober 1781 gestorben. Er hatte gerade das Denkmal des Landgrafen Friedrich II. begonnen, das dann sein Sohn Johann August Nahl d. J. (1752–1825) vollendete.    J. Ziechmann/os


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