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21.08.10 / Streit um Mendel-Manuskript / Streit um eine kostbare Handschrift von Gregor Mendel – Forderungen aus Wien und Prag

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-10 vom 21. August 2010

Streit um Mendel-Manuskript
Streit um eine kostbare Handschrift von Gregor Mendel – Forderungen aus Wien und Prag

In einem Tresor in Stuttgart befindet sich die Handschrift des Vortrags „Versuche über Pflanzen-Hybriden“ von Gregor Mendel. Die Nachfahren der Geschwister des Vaters der Genetik sehen sich mit Herausgabeforderungen aus Österreich und der Tschechischen Republik konfrontiert.

Für den Linken sind alle gleich, und wenn Menschen ungleich sind, dann führt er es auf eine unterschiedliche Sozialisation zurück. Für den Nicht-Linken hingegen sind die Menschen schon deswegen unterschiedlich, weil sie unterschiedlicher Herkunft sind. Das ist der Grund, warum nicht nur in Hessen und Hamburg der Schulkampf tobt, und das ist auch der Grund, warum Gregor Mendel im Stalinismus in Ungnade gefallen war, denn er erklärte die unterschiedliche Blütenfarbe von Erbsen mit ihrer Abstammung und nicht mit ihren Lebensbedingungen. In der Tschechoslowakei war der Brünner Augustinermönch gleich doppelt verfemt, zum einen wegen seiner Vererbungslehre und zum anderen weil er ein Deutscher war.

Wie die Verwandten Mendels gelangte auch die Handschrift seines Vortrag „Versuche über Pflanzen-Hybriden“, in dem er seine bahnbrechenden genetischen Forschungen veröffentlichte, nach Westdeutschland. Schon seit einiger Zeit erhebt aber der Augusti­ner­orden, dessen Abt des Klosters Brünn die meisten von Mendels Schriften nach dessen Tod 1884 hatte verbrennen lassen, Anspruch auf das Werk. Mendel sei einer der ihren gewesen und deshalb gehöre das Manuskript ihnen, verteidigte der Prior der Augustiner in Wien, Pater Dominic Sadrawetz, den Versuch, das Manuskript mit umstrittenen Methoden nach Österreich zu schleusen. Zwei ihrer Mönche, so lautet der Vorwurf von Nachkommen der Geschwister des Forschers, hätten das Manuskript von seinem bisherigen Aufbewahrungsort Stuttgart nach Wien transportieren wollen. Dabei sollen die Augustiner ihr Ordensmitglied Pater Clemens Richter, einem in der Bundesrepublik lebenden Verwandten Mendels, massiv unter Druck gesetzt, ihm gar mit dem Ausschluss aus dem Orden gedroht haben. Erst in letzter Minute habe das baden-württembergische Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst den Abtransport des Manuskripts (zumindest vorläufig) verhindern können.

Doch außer mit Begehrlichkeiten aus Wien sehen sich die Eigentümer nun auch mit solchen aus Prag konfrontiert. So reklamierte der frühere Justizminister der Tschechischen Republik, Zdenek Koudelka, in der Zeitung „Pravo“ die Handschrift für seinen Staat. Er leugnet nicht Mendels Deutschsprachigkeit, verweist aber darauf, dass er auf dem Territorium der heutigen Tschechischen Republik gelebt und gearbeitet habe. Etwas weniger diplomatisch gesagt: Deutschland solle doch bitteschön die Benesch-Dekrete anwenden.

Nun befindet sich das Objekt der vielfachen Begierde bis auf Weiteres im Tresor eines Stuttgarter Rechtsanwalts, und Baden-Württembergs Regierung prüft, ob es sich bei dem Manuskript um „deutsches Kulturgut“ handelt. Dann wäre die Ausfuhr ohne vorherige Genehmigung nämlich untersagt.      PAZ


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