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28.08.10 / Spiel mit der Sicherheit / Nur noch 163000 Soldaten? – Die Vorschläge wirken unausgegoren, ja unernst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-10 vom 28. August 2010

Spiel mit der Sicherheit
Nur noch 163000 Soldaten? – Die Vorschläge wirken unausgegoren, ja unernst

Als gigantische Baustelle präsentiert sich derzeit die Militärpolitik der Bundesregierung. Verteidigungsminister zu Guttenberg will den Wehrdienst aussetzen und die Bundeswehr massiv verkleinern, doch vieles scheint unüberlegt.

Vor ein paar Monaten schien es noch ein Versuchsballon zu sein, doch offenbar war es Karl-Theodor zu Guttenberg von Anfang an ernst: Die Wehrpflicht soll „ausgesetzt“ werden und die Truppe radikal schrumpfen: Von aktuell gut 250000 auf nur noch 163000 Soldaten. Ein Schnupper-Wehrdienst soll jährlich noch 7500 Männer und Frauen als Freiwillige anlocken, so die weitere Planung.

Es besagt viel über den Stand der Debatte, dass diese Zahl selbst von SPD-Verteidigungspolitikern als viel zu niedrig eingestuft wird: 7500 Freiwillige pro Jahr seien „bei weitem nicht genug“ rund 25000 müssten es schon sein, meinte etwa der SPD-Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold.

Auch sonst stellen sich viele Fragen. Noch ganze sechs Panzerbataillone und knapp 400 Kampfpanzer zählt die Bundeswehr derzeit. Der primäre Auftrag der Landesverteidigung mag gegenwärtig überholt erscheinen, aber die Sicherheitspolitik hat immer vom schlechtest möglichen Fall auszugehen. Und es war in den 80er Jahren Konsens von Sicherheitspolitik und Friedensforschung, dass eine allzu radikale Abrüstung nicht sinnvoll ist, damit kein Land sich durch eilige Aufrüstung einen gefährlichen Vorsprung verschaffen kann.

Dazu nur ein Beispiel. Vielleicht macht das von Deutschland vor dem Ruin gerettete Griechenland ja einen Fehler mit seiner aktuellen Aufrüstung. Tatsache ist, dass Athen heute über mehr als 1600 schwere Panzer verfügt und sich laufend neue zulegt. Es ist irritierend, dass Deutschland schon gegen einen solchen Staat im theoretischen Fall eines konventionellen Krieges künftig nahezu chancenlos wäre. Ähnliches gilt für Polen, und es gibt ja auch noch Russland.

Auch die Debatte um den Zivildienst, dessen Ende ein „Aussetzen“ der Wehrpflicht natürlich bedeuten würde, treibt bizarre Blüten. Nach dem Willen von Familienministerin Schröder soll der Zivildienst künftig so freiwillig werden wie der Wehrdienst – und ebenfalls offen für Frauen. 35000 junge Menschen sollen dann noch diese Aufgaben wahrnehmen, statt momentan 90000. Ganz offen ist, welche Konditionen den freiwillig Dienenden geboten werden müssten und was der Unterschied zu Diensten wie dem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) noch wäre.

Was heute diskutiert wird, wirkt unausgegoren, ja populistisch und fast unernst. Und noch selten stach das Lavieren der Kanzlerin so sehr ins Auge: Vorgestern bremste sie zu Guttenberg noch, gestern lobte sie, welche „Freiheit“ er sich genomnmen habe, heute stellt sie klar, dass sie sich in Sachen Wehrpflicht noch nicht festgelegt habe. Merkel scheint in dieser Frage nicht zu wissen, was sie will. Politische Führung sieht jedenfalls anders aus.         Konrad Badenheuer


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