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28.08.10 / Lange Geschichte des Leidens

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-10 vom 28. August 2010

Lange Geschichte des Leidens

Pogrome gegen Kurden haben in Vorderasien eine lange Geschichte. Der blutige Konflikt reicht in die Zeit des Osmanischen Reiches (1299–1923) zurück. In manchen türkischen Offiziersfamilien herrscht Stolz darüber, dass sie seit drei Generationen gegen die kriegerischen Kurden kämpfen, die sich immer wieder gegen die Einverleibung in fremde Staaten wehrten. Zeitweise sah es bei den Aufständen sogar nach Erfolgen aus, doch die Wiedererstarkung der Türkei unter Kemal Pascha Atatürk in den 30er Jahren setzte diesen Autonomiebestrebungen ein Ende. Im kemalistischen Weltbild war kein Platz für Kurden, sie wurden einfach als „Bergtürken“ der Titularnation zugeschlagen.

Ein Schlaglicht auf das Denken der türkischen Elite wirft die Äußerung des ehemaligen türkischen Justizministers Mahmut Esat Bozkurts 1930: Nichttürken hätten nur ein einziges Recht im Lande, das Recht, Diener oder Sklaven zu sein. Allein zwischen 1925 und 1938 fanden gegen diese Diskriminierung 20 Kurdenaufstände statt.

Auch die ehemaligen Kolonialherren im Nahen Osten sind an dem Desaster nicht unschuldig. So lehnten die Briten im Ersten Weltkrieg kurdische Autonomiewünsche im Irak ab, da sie die Kontrolle über die Ölfelder dieses Gebietes behalten wollten. Die Franzosen wiederum erhielten nach dem Ersten Weltkrieg die südwestlichen Kurdengebiete, die heute zu Syrien gehören.

Tatsächlich wäre ein unabhängiger Staat Kurdistan der einzige in der gesamten Region, der über ausreichend Wasser und zudem über viel Öl verfügen würde. Und so ist es kein Wunder: Wenn es gegen kurdische Forderungen ging, waren sich Ankara, Teheran, Damaskus und Bagdad fast immer einig. J.F./K.B.

 

Zeitzeugen

Atilla Kiyat – Mit seinem Eingeständnis, dass Morde an Kurden in den 90er Jahren im Auftrag der jeweiligen Regierung geschehen seien, hat der pensionierte türkische Admiral für Aufregung gesorgt. Seine Vorwürfe treffen vor allem die „Partei des Rechten Weges“, die Mutterlandspartei und die Refah Partisi, eine der Milli-Görüs-Bewegung nahestehende Partei, die damals nacheinander die Ministerpräsidenten stellten.

Recep Tayyip Erdogan – Der türkische Ministerpräsident kann für seine in der Bevölkerung als „muslimisch-demokratisch“ wahrgenommene „Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung“ (AKP) die Hände bezüglich Kiyats Vorwürfen in Unschuld waschen, denn in den 90er Jahren war die AKP noch nicht gegründet.

Süleyman Demirel – Die türkische Politik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist eng mit dem Politiker verbunden, der von 1965 an mehrfach Ministerpräsident und einmal Staatspräsident (1993−2000) der Türkei war. Weil er dem Militär nur begrenzt Einfluss gewähren wollte, putschte ihn dieses zweimal aus dem Amt, doch Demirel war nie lange von der Staatsführung fern zu halten.

Tansu Ciller – Nach der Wahl von Demirel zum Staatspräsidenten 1993 wurde die Wirtschaftswissenschaftlerin, die in seiner Regierung zuvor Wirtschaftsministerin gewesen war, seine Nachfolgerin. Wie er gehörte sie der liberal-konservativen und säkularen „Partei des Rechten Weges“, der früheren Gerechtigkeitspartei und heutigen Demokratische Partei an. Nach dem Bruch ihrer Koalition 1996 war sie unter ihrem Nachfolger Außenministerin.

Rupert Polenz – „Besser für beide: Die Türkei gehört in die EU“ lautet der Titel eines im Mai erschienen Buches des CDU-Politikers. Der ehemalige Generalsekretär betont, dass sich die CDU schon unter Helmut Kohl für einen EU-Beitritt ausgesprochen habe, wenn die Türkei die Beitrittskriterien erfülle. Polenz erklärt, in seiner Partei mit seiner Meinung nicht allein zu sein, die meisten CDU-Oberbürgermeister von Großstädten dächten ähnlich, denn ein EU-Beitritt würde auch die Integration erleichtern, so der 64-Jährige.


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