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28.08.10 / Kampf gegen den Sklavenhandel / Vergessene humanitäre Leistung: In Ostafrika ging das Deutsche Reich erfolgreich gegen Menschenhändler vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-10 vom 28. August 2010

Kampf gegen den Sklavenhandel
Vergessene humanitäre Leistung: In Ostafrika ging das Deutsche Reich erfolgreich gegen Menschenhändler vor

Es scheint ausgemacht: Wenn die Bundesrepublik dort, was man heute Dritte Welt nennt, militärisch interveniert, nimmt sie internationale Verantwortung wahr und dient humanitären Zielen. Aber wenn das Reich das gleiche tat, war es Imperialismus. Tatsächlich hatte beispielsweise der Kampf gegen den Sklavenhandel in Ostafrika eine triftige humanitäre Legitimation.

Am 28. August 1888 schlossen die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (D.O.A.G.) und der Sultan von Sansibar den sogenannten Zollverwaltungsvertrag, in dem der arabische Herrscher einen zehn Meilen breiten Küstenstreifen an die D.O.A.G. verpachtete. Diese wiederum wurde ermächtigt, „die Einfuhr von Sklaven, Waffen und Munition zu verbieten“. Die arabischen und „arabisierten“ Händler, die bisher von den Geschäften mit Elfenbein und Sklaven gelebt hatten, sahen sich durch die Niederlassung der D.O.A.G. und deren Vertrag mit dem Sultan daher zur „Arbeitslosigkeit“ verdammt und in der weiteren Ausübung ihres altgewohnten und einträglichen Sklavenhandels bedroht. Deshalb setzten sie trotz des Vertrages unbekümmert ihre Machenschaften fort.

Nun hatten sich aber die Europäer seit Mitte des 19. Jahrhunderts der völligen Abschaffung der Sklaverei zumindest in ihren Herrschaftsbereichen, also auch den Kolonialgebieten, verschrieben. Deshalb war es selbstverständlich, dass auch das Deutsche Reich, das jetzt neu in den Kreis der Kolonialmächte eintrat, alles unternahm, um den Menschenhandel zu unterbinden.

Schon 1885 hatten Großbritannien, Portugal und das Deutsche Reich beschlossen, den Sklavenhandel an der ostafrikanischen Küste mit einer Schiffsblockade zu verhindern. Das führte bald zur Gemeinschaftsaktion eines britischen und eines deutschen Kreuzergeschwaders. Der Erfolg war allerdings gering, denn die Kriegsschiffe konnten keine lückenlose Präsenz gewährleisten.

Die Antwort der arabischen Händler auf die Bemühungen der Europäer zur Beendigung des Sklavenhandels ließ nicht lange auf sich warten. Bereits im August 1888 hatte sich die Küstenbevölkerung im Norden des Herrschaftsbereiches der D.O.A.G. gegen diese erhoben und einige von deren Angestellten gefangengenommen. Dem mit den Deutschen verbündeten Sultan war es nur mühsam gelungen, die Lage mit militärischen Mitteln in den Griff zu bekommen. Diese Unruhen eskalierten nach dem Beginn der Schiffsblockade zum Aufstand, an dessen Spitze sich der Halbaraber Buschiri bin Salim (Abushiri ibn Salim al-Harthi) stellte. Der D.O.A.G. standen außer den unzuverlässigen Soldaten des Sultans keine nennenswerten Machtmittel zur Verfügung. Die Rebellen hingegen waren militärisch gerüstet. Sie hatten gemäß den Verträgen mit den Deutschen ihre Waffen behalten dürfen. Da Reichskanzler Otto von Bismarck aber der D.O.A.G. den Schutz des Reiches zugesagt hatte, musste er nun handeln. Der Kampf gegen den Sklavenhandel bot ihm dazu den geeigneten Anlass. Hierbei erhielt er die uneingeschränkte Unterstützung der Mehrheit des Reichstages und insbesondere der seinerzeit stärksten Partei, des Zentrums, deren Führer, Ludwig Windthorst, einen Anti-Sklaverei-Antrag einbrachte, der schließlich vom Parlament verabschiedet wurde. Als Grundlage diente dem Zentrum dabei der Schutz der Missionsgesellschaften, nachdem inzwischen auch Missionare angegriffen und ermordet worden waren, weil sie befreite oder entlaufene Sklaven bei sich untergebracht hatten. Der vom Deutschen Reich in Aussicht genommene Kampf gegen die Sklaverei fand im übrigen Europa große Fürsprache. Selbst der Papst sprach sich für „kraftvolle Maßnahmen“ aus.

Diese sollten dann auch schon bald ergriffen werden. Nachdem der Reichstag die erforderlichen Mittel gebilligt hatte, wurde der Reichskanzler „ermächtigt, für Maßregeln zur Unterdrückung des Sklavenhandels und zum Schutz der deutschen Interessen in Ostafrika über eine Summe von zwei Millionen Mark zu verfügen und die Ausführung der erforderlichen Maßregeln einem Reichskommissar zu übertragen“. Letzterer wurde umgehend in der Person des Hauptmanns Hermann Wissmann ernannt. Durch seine zweimalige Durchquerung Afrikas war er bestens mit den Verhältnissen auf dem Kontinent und den Gepflogenheiten seiner Menschen vertraut und wie kaum ein anderer für die Aufgabe geeignet. Weil nach seinen Erfahrungen nur eine dem tropischen Klima gewachsene Truppe in Betracht kam, wurden vornehmlich Sudanesen, die schon in türkisch-ägyptischen Diensten gekämpft hatten, rekrutiert, außerdem Angehörige des südafrikanischen Kriegervolkes der Zulu, Somalis sowie einheimische ostafrikanische Soldaten, die Askaris. Geführt wurde diese Schutztruppe von einer Handvoll weißer Offiziere und Unteroffiziere, wobei jedoch die Farbigen zuerst ihren eigenen Offizieren und Unteroffizieren untergeordnet waren. Damit zeigte Wissmann ein für damalige Verhältnisse feines Taktgefühl, was ihm hohes Ansehen bescherte.

Am 8. Mai 1889 erstürmte die Truppe das Lager Buschiris, des Anführers des Araberaufstands, der von der D.O.A.G. mehrfach gefordert hatte, entlaufene Sklaven ihren Herren auszuliefern. Buschiri selbst entkam zwar, doch die Masse seiner Anhänger war besiegt. Der Rebellenführer zog sich ins Landesinnere zurück, wo er erneut den Kampf gegen die Deutschen aufnahm. Dabei versuchte er, die Unterstützung schwarzer Häuptlinge zu gewinnen, was ihm aber nur zum Teil gelang, weil er mit großer Härte und Grausamkeit gegen all jene vorging, die sich auf die Seite der Deutschen stellten. Damit verspielte er endgültig sein Ansehen und erreichte genau das Gegenteil: Die Bevölkerung erkannte nach und nach die Herrschaft der Deutschen an und würdigte deren Leistungen im Kampf gegen die Sklaverei. Häuptling Mohammed Choa von Usambara, wohin sich Buschiri geflüchtet hatte, lieferte ihn schließlich im Dezember 1889 gefesselt den Deutschen aus. Zum Tode verurteilt, wurde er am 15. des Monats hingerichtet. Im März 1890 galt der Norden Deutsch-Ostafrikas als befriedet, der Sklavenhandel war unterbunden, und auf Menschenraub stand künftig die Todesstrafe.

Anschließend wandte Wissmann sich dem Süden des Schutzgebiets zu, wo immer noch der Sklavenhandel blühte. Karawanen mit Sklaven auf dem Weg zur Küste wurden abgefangen, unter geringen eigenen Verlusten und mit Unterstützung eingetroffener deutscher Kriegsschiffe, die von See her in das Geschehen eingriffen, wurden die von den Aufständischen besetzten Küstenorte zurückerobert, im Hinterland wurden erste Verträge mit Häuptlingen abgeschlossen. Die Araber erkannten ihre Niederlage an und Ende Mai 1890 war auch die deutsche Herrschaft im Süden wiederhergestellt.    Wolfgang Reith


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