28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
28.08.10 / »Ein wertvolles Erbe« / Die Wiechert-Familie trauert − Zum Tode von Dr. Hans-Martin Pleßke

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-10 vom 28. August 2010

»Ein wertvolles Erbe«
Die Wiechert-Familie trauert − Zum Tode von Dr. Hans-Martin Pleßke

Am 24. August 2010 jährt sich der Todestag des Dichters Ernst Wiechert  zum 60. Mal. Im September will die Internationale Ernst Wiechert-Gesellschaft (IEWG) im Rahmen eines dreitägigen Treffens sein Grab in Stäfa bei Zürich besuchen. Man hoffte bei dieser Gelegenheit auf ein Wiedersehen mit dem früheren Vorsitzenden Dr. Hans-Martin Pleßke, der die IEWG von 1997 bis 2001 geleitet hat. Doch diese Hoffnung wird sich nicht erfüllen. Am 13. August erlag Hans-Martin Pleßke in Leipzig einer Krankheit, die ihn zwar schwächte und einschränkte, aber nicht daran hindern konnte, alles zu ordnen und zu regeln und damit auch der IEWG wertvolles Material zu hinterlassen.

Hans-Martin Pleßke wurde am 23. März 1928 in Strenznaundorf/Mansfelder Seekreis geboren und wollte sich eigentlich der Musik verschreiben. Doch seine persönlichen Lebensumstände führten ihn auf das Gebiet der Literatur. Er wurde Buchhändler und Diplombibliothekar und war von 1949 bis 1993 als Wissenschaftlicher Bibliothekar einer der Leiter der Deutschen Bücherei Leipzig. Seine wissenschaftliche Laufbahn bezog die Musik wieder ein. So promovierte er 1974 an der Universität Leipzig zum Dr. phil. mit einer Arbeit über „Das Leipziger Musikverlagswesen und seine Beziehungen zu einigen namhaften Komponisten“. Für seine Publikationen über Muschler, Wiechert, Goes und Berger erhielt er 1994 den Walter-Bauer-Preis für Literatur der Städte Leuna und Merseburg.

Nach der Wende trat er gleich zusammen mit seiner Frau Rosemarie der IEWG bei und nahm an der ersten wissenschaftlichen Arbeitstagung 1991 teil, um fortan alle weiteren neun Tagungen mit seinen Vorträgen und mit seiner Fachkompetenz zu bereichern. Er hatte außer Essays über Ernst Wiechert bereits die Broschüre „Noch tönt mein Lied“ 1965 im Union Verlag Berlin veröffentlicht. Nun gab er die beiden Bücher der Schriftenreihe der IEWG „Zuspruch und Tröstung“ (1999) und „Von bleibenden Dingen“ (2002) heraus, in denen er auch als Autor vertreten ist. Mit der Landsmannschaft Ostpreußen ergab sich eine besonders fruchtbare Zusammenarbeit, als Pleßke das Arbeitsheft „Der die Herzen bewegt. Ernst Wiechert. Dichter und Zeitzeuge aus Ostpreußen“ verfasste, das 2003 herauskam und so schnell vergriffen war, dass die IEWG eine zweite Auflage drucken ließ.

In seiner vierjährigen Amtszeit führte Pleßke bedeutende Veranstaltungen durch. 1998 fand eine Fahrt nach Masuren zu den Wiechert-Orten statt, organisiert von Rolf Krause. 1999 wurde das zehnjährige Bestehen der Gesellschaft würdig in Berlin begangen, und für das Wiechert-Gedenken anlässlich des 50. Todestages 2000 in Ambach und Wolfratshausen hatte der Vorsitzende ein Jahr gearbeitet. Auch war es der IEWG gelungen, ein Sonderpostwertzeichen der Deutschen Post zu erwirken.

So konnte der Zweite Vorsitzende Klaus-Weigelt 2009 mit Fug und Recht sagen, als Dr. Pleßke mit der Verleihung des Ernst-Wiechert-Preises der Stadtgemeinschaft Königsberg geehrt wurde, dass unter seiner Leitung die IEWG zu einer anerkannten literarischen Gesellschaft geworden sei. Pleßke stellte auch nach seinem Ausscheiden als Erster Vorsitzender der Gesellschaft seinen reichen Wissensschatz als wissenschaftlicher Berater zur Verfügung, ein Wissensschatz, den er in 44 Jahren Amtszeit als Bibliotheksrat erworben hatte.

„So ging es sich also, wenn der Tod einen zwischen den Schultern berührt hatte.“ Mit diesen Worten beginnt Wiecherts letzter Roman „Missa sine nomine“, eines der bedeutendsten Werke über das Vertriebenenschicksal, das er 1949/1950 im Kampf gegen die Krankheit und die Zeit schrieb. Als er am 24. August 1950 starb, hatte er das erste gedruckte Exemplar noch in der Hand halten können.

Hans-Martin Pleßke konnte seine letzte Veröffentlichung im 4. Band der Schriftenreihe der lEWG „Ernst Wiechert im Gespräch“ nicht mehr gedruckt erblicken. Als der Tod ihn zwischen den Schultern berührt hatte, nahm er sein Schicksal mit bewundernswerter Tapferkeit und Gelassenheit auf, als gelte für ihn nun Wiecherts Vers: „Lass dein Herz sich nicht mehr härmen, sieh, dein Acker ist bestellt.“ Bärbel Beutner


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren